Berlin (dpa/tmn) – Keiner da, keiner ruft an – und man ist vielleicht nicht mehr so mobil wie früher: Ältere Menschen entwickeln dann Einsamkeitsgefühle. Die Lebensqualität leidet, und als schmerzhaft empfundenes Alleinsein kann sogar krank machen. Elke Schilling ist Initiatorin von Silbernetz. Der gemeinnützige Verein hilft älteren Menschen mit Einsamkeitsgefühlen. Sie erklärt, wie man gegensteuern kann.
Wieso ist Einsamkeit im Alter ein Problem, und wie äußert sie sich?
Für Ältere hat dieses Problem aufgrund ihrer Lebensumstände besondere Dimensionen, denn genau diese Lebensumstände sind es, die einerseits zur Vereinsamung Älterer führen können, andererseits dann wiederum Wege aus der Einsamkeit erschweren. Das können Verluste und Trauer sein, Armut, Immobilität, Barrieren, Krankheit, Pflege, Informationsarmut, Wohnortwechsel», sagt Schilling – und außerdem auch eine subtile Altersdiskriminierung, «die in unserer Gesellschaft überaus einschränkend das Leben älterer Menschen beeinflusst».
Was können Betroffene tun?
Schilling rät zur Konfrontation und dazu, aktiv zu werden: Wer sich – nicht nur im Alter – einsam fühlt, sollte sich seiner Situation bewusst werden und Einsamkeit nicht als persönliches Schicksal annehmen, sondern als veränderbar angehen. Solange man physisch dazu in der Lage ist: «Hinausgehen und Kontakt suchen», außerdem die Neugierde bewahren und Hilfe und Unterstützung anfragen – «die meisten Menschen helfen gern, wenn es ihnen möglich ist».
Ein weiterer Tipp: Online gehen, die Herausforderung annehmen, sich der Digitalisierung zu öffnen – wenn Sie es bezahlen können und nicht im Funkloch wohnen.
Und womöglich hat man auch eigene Ressourcen. So lohne es sich, zu überlegen, wie man frühere Phasen von Einsamkeit bewältigt hat.
Was sind Gefahren, die Einsamkeit nach sich ziehen kann?
Einsamkeit, auch und vor allem bei älteren Menschen, bedeute eine Steigerung von Krankheitsrisiken wie Demenz, Angsterkrankungen, Depression, so Schilling. Sie spricht von einem «Teufelskreis» der Chronifizierung von Einsamkeit mit zunehmenden Ängsten und Vermeidungsstrategien – Einsamkeit könne auch Lebenszeitverkürzung bedeuten. Daher lohnt es sich, vorzubeugen.
Wie kann man schon vor dem Alter vorsorgen, um nicht einsam zu werden?
«Grob gesprochen, wenn ich beizeiten begriffen habe, dass Einsamkeitsgefühle ein normales Warnsignal unserer Psyche sind, das zum aktiven Handeln auffordert, kann man auch beizeiten üben, Einsamkeit wirksam zu begegnen und zu überwinden», sagt Schilling. So lasse sich auch Resilienz, also Widerstandsfähigkeit entwickeln.
Wie können sich nicht Betroffene im Alltag konkret tun, um mit älteren Menschen in Kontakt zu treten?
Schilling hat konkrete Tipps: Einfach ansprechen – kann ich etwas für Sie tun? Das geht auch mit einem Zettel in den Briefkasten. «Ich bin Ihr(e) Nachbar(in) aus der x. Etage. Das ist meine Rufnummer, kann ich etwas für Sie tun – ich bin gern bereit dazu.»
Oder einfach Gesprächsangebote machen, etwa im Café an den Tisch herantreten und fragen «Darf ich mich dazu setzen?» Schilling: «Miteinander reden – das fehlt so vielen.»
Und schließlich – das geht immer: Auf der Straße, im Supermarkt – ein Lächeln schenken und schauen, was daraus werden kann.
Mit dem «Silbertelefon» unter 0800 4 70 80 90 bietet Silbernetz e.V. bundesweit täglich von 8 bis 22 Uhr anonym, vertraulich und kostenfrei ein dreistufiges Kommunikationsangebot für vereinsamte oder isolierte ältere Menschen an.