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Robbens später Geniestreich

Arjen Robben ist für die Borussen so was wie Lord Voldemort, the one who must not be named: Master of Desaster im Finale Dahoam, von den Bayern-Fans oft verpfiffen, ist er nicht tot zu kriegen und entscheidet das German Final durch sein Last-Minute-2:1. Alle Finalniederlagen vergessen, der FC Bayern besiegt in einem hochklassigen und dramatischen Duell Borussia Dortmund und gewinnt zum vierten Mal den glorreichsten europäischen Titel.

UEFA-Boss Michel Platini und Bundeskanzlerin Angela Merkel gratulieren dem großen alten Mann der Champions-League zum zweiten Finalsieg.

Matchwinner Arjen Robben hält den begehrten Pott in den Nachthimmel des Wembley-Stadions.

Da staunten die Favoriten nicht schlecht: Nicht die Mannen in Rot legten los wie die Feuerwehr, sondern die Gelben aus Dortmund brachten die Bayern-Abwehr in der ersten halben Stunde ein ums andere Mal in Verlegenheit: Ein hellwacher Manuel Neuer bewahrte den Vize-Champion der letzten vier Jahre vor dem frühen Rückstand: Jakub ,Kuba” Blaszczykowski zielt knapp drüber, Robert Lewandowski scheitert mit seinem Distanzschuss an Neuer, erneut Blaszczykowski scheitert nach Zuspiel von Marco Reus aus fünf Metern ebenfalls am Bayern-Keeper.

Robbens Sololauf
Bayern wirkt irritiert, lässt sich von den aggressiven Borussen den Rhythmus diktieren. Nach 26 Minuten dann die erste Reaktion: Mario Mandzukic fordert BVB-Schlussmann Roman Weidenfeller mit einem Kopfball zur ersten Parade. Dann kommt der Bayern-Motor endlich ins Laufen: Robben allein vor Roman Weidenfeller, Erinnerungen an das Finale Niederlande gegen Spanien werden wach, als der Holländer ebenfalls die große Chance zur Führung der Oranjes vergab, er versucht den Ball an Weidenfeller vorbei zu schlenzen, der bringt noch die Hand hoch, Ecke.

Trotzdem, BVB-Coach Jürgen Klopp hat sein Team ausgezeichnet eingestellt, sein 4-2-3-1-System mit einem hervorragenden Ilkay Gündogan als zentraler Spielmacher, mit Marco Reus rechts offensiv und Kevin Großkreutz links. Es dauert bis kurz vor der Pause, als der FCB annähernd die Dominanz der vergangenen Saison auf den Platz transformieren konnte.

Kleine Fehler betraft Bayern sofort

Die ersten galligen 30 Minuten haben Kraft gekostet, die Borussen müssen jetzt etwas zurückschalten. In der Abwehrarbeit der Gelben schleichen sich Fehler ein. Es sind kleine Unaufmerksamkeiten, die den BVB auf die Verliererstraße bringen: Franck Ribéry, auf den sich drei Dortmunder fossieren, steckt den Ball im Strafraum auf den einsamen Roben durch, der wurstelt sich schlaksig bis zur Grundlinie vor, schiebt einen quälend langsamen Ball wie in Zeitlupe an Weidenfeller vorbei, Marcel Schmelzer kommt eine Zehenspitze zu spät, Mario Mandzukic muss nur noch einschieben, 1:0.

Fast ein Jane-Austen-Titel: Enttäuschung und Stolz auf Dortmunder Seite.

Aus Gelb-Schwarzer Perspektive muss man nun das Schlimmste befürchten: Zerlegt die Bayerische Walze jetzt den deutschen Vize-Meister wie Barcelona? Doch dem BVB gelingt es nochmal, sich in den gegnerischen Strafraum zu spielen, wo Dante äußerst linkisch ausschlägt wie ein nervöser Gaul und Marco Reus mit Tieftritt zu Boden rammt – da kann der großzügige Schiri Nicola Rizzoli nicht anders, als auf den Elfmeterpunkt zu zeigen. Glück für den Gelb-verwarnten Brasilianer, dass der Italiener Gande vor Recht walten lässt und nicht die eigentlich fällige Gelb-Rote-Karte zückt. Ilkay Gündogan versetzt Manuel Neuer, und zielt ins rechte Eck, 1:1.

Subotic Heldentat

So, jetzt konnten den Roten Schweißperlen auf die Stirne treten. Chelsea lässt grüßen, das mit nur einer Ecke den Ausgleich erzielt, Verlängerung und Elfmeterschießen erzwungen und den überlegenen Gastgebern die eigentlich verdiente Heimfinal-Sause verdorben hatte. Wenn sich die Borussen in die Verlängerung retten können … Aber dann gönnt sich Dortmunds Hintermannschaft mal wieder ein Päuschen, Müller geht rechts, schiebt die Kugel aus spitzem Winkel aufs Tor,  Robben kommt links angeeilt, aber keiner beachtet Neven Subotic, der in letzter Sekunde den Ball von der Linie kratzt.

Kurz darauf verliert Hitzkopf Ribéry, der schon in der ersten Hälfte Glück hatte, dass sein Ellbogencheck gegen  Robert Lewandowski nicht geahndet wurde, wieder einmal die Contenance: Kevin Großkreutz beschwert sich nicht von ungefähr, dass der kleine Franzose schwalbenhaft zu Boden geht, beide geraten sich in die Haare und sehen partnerschaftlich Gelb. Hässlich auf der anderen Seite: Lewandowski tritt den am Boden liegenden Jerome Boateng – kaum versehentlich – in die Hacke.

Cooler Robben
Alles scheint auf die Verlängerung rauszulaufen. Aber wie beim ersten Tor reicht den Bayern eben in den entscheidenden Momenten jede kleine Unkonzentriertheit des Gegners. Ribéry nimmt mit dem Rücken zum Tor das Spielgerät auf, lässt drei Dortmunder staunen, legt mit der Hacke auf Robben ab, der im Slalom bis unmittelbar vor Weidenfeller durchgeht und das Leder cool gegen die Laufrichtung des Keepers zum 2:1 einkullert.

“Scho viele Emotschionen”, zeigt sich Matchwinner Robben gerührt.

“Es war so ein enges Spiel, es war auf Augenhöhe”, zeigt sich Arjen Robben nach der Partie von seiner bescheidenen Seite, “unglaublich, in letzter Minute reagiere ich auf Franck, der legt mir in den Lauf, ich kann ihn reinschieben.” Robben kann es kaum fassen. “Es haben mir viele gesagt: Du schießt dieses Tor …” Selbst Bayern-Sportvorstand Matthias Sammer ist gerührt: “Die Emotionen schießen hoch, man hat Tränen in den Augen, Freude, Erleichterung. Aber ich gratuliere auch dem BVB zu einer großen Saison.”

Kloppo: “Haben Sie überlegene Bayern gesehen?”

Auf Dortmunder Seite ist man trotz aller Enttäuschung stolz auf die gezeigte Leistung: “Mit ist es lieber, dass wir eine starke Leistung gezeigt haben oder haben Sie überlegene Bayern gesehen?”, fragt Jürgen Klopp den Moderator. Auf das Wenn und Ob zwei mögliche Rote Karten das Ergebnis verändert hätten, will er sich nicht einlassen: “Bayern hat verdient 2:1 gewonnen.”

Keeper Roman Weidenfeller krempelt bereits die Ärmel für die nächste Saison hoch: “Wir sind stolz, den Bayern Paroli geboten zu haben.” Die Borussen hätten ein tolles Spiel gezeigt, “aber es sollte nicht sein”. Man habe es leider nicht geschafft, die Partie zu gewinnen. “Das ist für uns sehr traurig, weil wir eine klasse Champions-League-Saison gespielt haben. Wir müssen damit leben und greifen nächstes Jahr neu an.”

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