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Reminiszenz an Roaring Twenties

Sie war eine Breslauer Prachtsstraße. In der Pi?sudskiego Ulice pulsierte das Leben, vor allem im Musiktheater Capitol, einer Perle der expressionistischen Architektur von 1929. Hier konnten Deutsche und Polen vor dem Krieg die Roaring Twenties feiern. Der Hitler-Wahnsinn und der Zweite Weltkrieg setzte diesem Lebensgefühl und auch dessen Symbol, dem sechsstöckigen Theater-Gebäude, ein Ende.

Ganz besonderer Service: Für deutsche Gäste hat Zbigniew Pasieka, Sprecher der Hotelgruppe in der Pi?sudskiego Ulice, Siegfried Schröpfs Anwaltsthriller “Breslauer Schatten” aufliegen.

Bereits saniert ist das Hotel Europejski, der ehemalige Hohenzollner Hof, in einem prächtigen Gründerzeitgebäude des Baumeisters Pollack von 1867/77. Das gediegene 3-Sterne-Haus mit dem gemütlichen Café im Erdgeschoss liegt keine fünf Gehminuten vom Bahnhof und fünfzehn Minuten von der Innenstadt entfernt. Ul. Pi?sudskiego 88, 50-017 Wroc?aw, Telefon: (0048-71) 77 21 000, E-mail: recepcja@europejskiwroclaw.pl

Teil des Gesamtkunstwerkes Pi?sudskiego Ulice mit ihren großstädtischen Gründerzeit- und Jugendstilfassaden waren die mondänen Hotels zwischen Hauptbahnhof, Capitol und Freiburger Bahnhof. Das polnische Konsortium Dexpol um den Torismusunternehmer Pawel Rojek kaufte nach der Wende fünf der namhaftesten Hotels. „Sie waren alle runtergewohnt“, sagt Sprecher Zbigniew Pasieka. „In der kommunistischen Ära wurde kaum investiert, sie waren alle sanierungsbedürftig.“

Doch der Unternehmer, der nach dem Krieg die staatliche Odra-Turist geleitet hatte, wollte mehr als nur ins postsozialistische Hotelgeschäft einzusteigen. „Wir möchten zusammen mit der Stadtverwaltung einen Beitrag zur Revitalisierung der Pi?sudskiego-Straße leisten“, erklärt Pasieka. „Breslaus wichtigste Straße war in den 1960er und 70er Jahren heruntergewirtschaftet – nach der Wende wurde erst mal die Innenstadt herausgeputzt und seit sieben Jahren begann man, den Glanz dieser Straße wieder aufzupolieren.“

Das neue Capitol und der EM-Bahnhof
Eine erste Etappe ist bereits geschafft:

Das Krakauer Architektenbüro Studio Kozien KKM hatte 2005 den Wettbewerb für die Rekonstruktion des neuen Theatergebäudes gewonnen. Der Entwurf wurde zudem vom Verband der polnischen Architekten ausgezeichnet: „Für seine passgenaue räumliche Lösung in einer sensiblen Lage der Innenstadt und die harmonische Beziehung zu den bestehenden Anlagen mit einer neuen architektonischen Struktur“. Der Hauptbahnhof wurde bereits für die Fußball-EM 2012 mit viel Liebe zum historischen Detail renoviert. Und auch Dexpol hat inzwischen ganze Arbeit geleistet:

  • Bereits saniert ist das Hotel Europejski, der ehemalige Hohenzollner Hof, in einem prächtigen Gründerzeitgebäude des Baumeisters Pollack von 1867/77. Das gediegene 2-Sterne-Haus mit dem gemütlichen Café im Erdgeschoss liegt keine fünf Gehminuten vom Bahnhof und fünfzehn Minuten von der Innenstadt entfernt. Ul. Pi?sudskiego 88, 50-017 Wroc?aw, Telefon: (0048-71) 77 21 000, E-mail: recepcja@europejskiwroclaw.pl
     
  • Ebenfalls wieder voll im Betrieb ist das günstige Hotel Polonia, ehemaliges Hotel Vierjahreszeiten von 1911, ein 2-Sterne-Haus mit 107 Zimmern, ul. Pi?sudskiego 66, 50-020 Wroc?aw, Telefon (0048-71) 343 10 21, E-Mail: recepcja@poloniawroclaw.pl
     
  • Unmittelbar vor dem Abschluss der Sanierungsarbeiten steht das Hotel Piast, das ehemalige Kronprinz Hotel von 1908, ein Hotel-Konzept mit zwei Sternen und 92 Zimmern, das sich auch an ein weniger zahlungskräftiges Publikum richtet. Ul. Pi?sudskiego 98, Telefon (0048-71) 343 00 33, E-Mail: recepcja@piastwroclaw.pl
     
  • Das Grand Hotel, früher Hotel du Nord, soll in fünf Jahren das Paradeobjekt der Gruppe Dexpol sein.

    Flaggschiff des Konsortiums soll das Grand Hotel, das ehemalige Hotel du Nord, werden. In fünf Jahren möchte Dexpol die Hotelanlage gegenüber dem Hauptbahnhof zu einem 4-Sterne-Komplex ausbauen. Eines der elegantesten Hotels der damaligen Volksrepublik Polen war Gastgeber vieler berühmter Persönlichkeiten und Künstler – darunter der beliebte Schauspieler, Kabarettist und Sänger John Kobuszewski, der berühmt-berüchtigte Schauspieler Marian Kociniak und sein Kollege Zbigniew Cybulski, einer der größten und beliebtesten Schauspieler des Nachkriegspolens – herausragend in der Rolle des Maciek Che?micki in Andrzej Wajdas Film „Asche und Diamant“ von 1958. Cybulski geriet am 8. Januar 1967 unter die Räder eines Zuges im Breslauer Bahnhof und erlag noch am selben Tag seinen schwere Verletzungen.
     

„Da war Musik drin“, sagt Sprecher Pasieka augenzwinkernd über die Hotels der Gruppe. „Jan Kiepura, der berühmte Teno, sang einst vom Balkon des Grand Hotels.“ Er zählte mit Richard Tauber und Joseph Schmidt zu den populären „Drei Tenören“ der 1930er-Jahre und war einer der erfolgreichsten Sängerschauspieler des europäischen Films jener Zeit. Die touristische Entwicklung in Breslau sei fulminant. „Ende des 20. Jahrhunderts gab es vielleicht 15 bis 20 Hotels hier“, zählt Pasieka in Gedanken nach. „Allein in den letzten 15 Jahren sind fast 200 Übernachtungsinstitutionen dazu gekommen.“ Grund für die starke Entwicklung: „Das sehr gute Konzept des Stadtpräsidenten Zdrojewski und seines Nachfolgers Dutkiewicz, die die Stadt als ,Meetingplace‘ etablierten.“

Bayerisch-schlesische Connection
Pasieka selbst ist zwar in Trzebnica/Trebnitz, 24 Kilometer nördlich von Breslau, geboren, wo die Klosterkirche mit den Gräbern der Hl. Hedwig von Andechs und ihrem Gemahl Herzog Heinrich I. „dem Bärtigen“ sowie dem Hochmeister des Deutschen Ordens Konrad von Feuchtwangen eine schlesisch-bayerische Partnerschaft besiegelt. Da er aber seit 40 Jahren in der Großstadt an der Oder lebt, fühlt er sich als echter Breslauer mit einem guten Gespür für deutsche Gäste. „Ich bin selbst fast jedes Jahr in Andechs und wir haben viele deutsche Gäste bei uns.“

Die Nostalgie-Besuche der ehemaligen Breslauer Bewohner werden seltener. „Wie freuen uns, wenn sie noch kommen“, sagt Pasieka. „Es kommen aber auch neue Generationen, die das Heimatland der Eltern sehen wollen, und gleichzeitig das kuturelle Angebot und die Erholungsmöglichkeiten schätzen.“ Nach 1989 habe sich die Mentalität der Breslauer stark verändert: „Wir sind sehr offen für andere Nationen“, freut sich der Trebnitzer, „und wir wollen, dass unsere Gäste das städtische Marketing-Konzept des ,Meeting Place“ auch spüren.“ Man sei hier stolz auf die Geschichte, die vor mehr als 1000 Jahren von den polnischen Piasten geprägt gewesen sei. „Aber sie waren eben auch mit deutschen Prinzesinnen veheiratet“, betont er den gemeinsamen Anteil an der Entwicklung. „Dann kamen Herrscher aus Böhmen, die Habsburger, die Preußen – alle trugen einen Mosaikstein zur Entwicklung der Stadt bei.“

Doppelzimmer in Herzrot im Hotel Europejski.

Deutsche im Gäste-Ranking auf Platz 2
Die Deutschen nehmen mit etwa 25 Prozent nach den Polen (45 Prozent) im Gäste-Ranking Platz zwei ein. „Es kommen aber auch Russen und Weißrussen, Besucher aus den baltischen Ländern, Amerikaner, Südamerikaner und Japaner – aber die bevorzugen Hotels mit Badewanne“, lacht Pasieka. „Das werden wir im Grandhotel natürlich berücksichtigen.“ Als Stärke seiner Häuser betrachtet er die individuellen Arrangements, die er den Touristen bieten kann: „Wir können unseren Gästen angefangen bei Stadtbesichtigungen bishin zum kompletten kulturellen Programm etwa mit Besuch der Philharmonie, einer Oder-Schifffahrt oder einem Besuch des Museums für historische Züge jeden Wunsch erfüllen.“

Pasiekas Hotelgruppe arbeitet mit Reisebüros, Busunternehmen und kulturellen Institutionen zusammen und hat deshalb einen direkten Draht zu den vielen Musikfestivals, Kinos und Theatern. „Eintrittskarten können wir immer beschaffen.“ Überhaupt das Kulturangebot: „Inzwischen haben wir in puncto Renomee Warschau, Danzig und Krakau mindestens eingeholt, wenn nicht überholt“, sagt der Lokalpatriot stolz. „Mit dem ,New Horizon ‘ haben wir seit einigen Jahren auch ein international renommiertes Filmfestival.“

Europäische Kulturhauptstadt 2016
Im Frühjahr haben Jazz und Rock den Marktplatz im Griff. Von Mai bis August findet das Orgelfestival statt. Im Sommer lockt die Breslauer Oper mit großen Inszenierungen im Freien. Klassikliebhaber zieht es im Herbst in die Kirchen der Stadt und in die barocke Aula Leopoldina. Jeden September singen die größten Chöre der Welt bei Wratislavia Cantans. Im Oktober veranstaltet die Stadt „Worldmusic-Days“.

Und 2016 trägt Breslau die Krone als Europäische Kulturhauptstadt. „2017 sind wir dann Ausrichter der World Games der nichtolymischen Spotarten“, freut sich Pasieka, „da gibt’s dann so kuriose Dinge wie eine Drachenboot-Regatta zu sehen oder einen Ringo-Wettbewerb, das ist so was wie wie Frisby.“

Eine kleine, aber feine Haute Couture.

Weihnachtsmarkt größer als Dresden
Der sympathische 56-Jährige arbeitet seit 34 Jahren in der Hotelbranche. Der Absolvent der Sporthochschule für Tourismus und Erholung war viele Jahre für die polnische Hotelvereinigung aktiv und wechselte vor sechs Jahren vom Hotel Tumski auf der Dominsel zu Dexpol: „Mein erstes Ziel ist es, die Hotelkette weiter zu entwicklen, mein zweites Ziel, das Stadtviertel zu beleben.“ Die Zusammenarbeit mit dem Büro für die Promotion Breslaus, angesiedelt beim Stadtpräsidenten, sei ausgezeichnet. Und auch mit der Auslastung seiner Häuser – um die 70 Prozent – ist er zufrieden.

„Im Juli und August erreichen wir bis zu 80 Prozent – ansonsten sind, abhängig von Veranstaltungen, die besten Monate Mai, Juni, September und Oktober.“ Natürlich seien auch Silvester, die Adventszeit mit dem wunderschönen Weihnachtsmarkt am Marktplatz gut besuchte Highlights in Breslau: „Unseren Markt gibt es zwar erst seit zwölf Jahren, aber er ist schon jetzt so attraktiv wie der in Dresden – und ich denke, auch größer und mit mehr Kunsthandwerk.“

Angebot für Orgelliebhaber
Und der Tourismusexperte hat auch Tipps für jene parat, die in Breslau schon alles gesehen haben: „Es gibt in einem Umkreis von 50 bis 100 Kilometern jede Menge historische Points of Interest – wie Schweidnitz, ?widnica, mit der Friedenskirche vom Ende des 17. Jahrhunderts in Holz ohne einen einzigen Nagel.“Oder auch Trebnitz/Trzebnica, Waldenburg/Walbrzych und Wohlau/Wo?ów, alles Orte mit fantastischen Kirchenorgeln. „Übrigens: „Für Orgelliebhaber können wir auch selber Veranstaltungen organiseren.“

  • Trebnitz/Trzebnica: 13.000-Einwohner-Städtchen in der Woiwodschaft Niederschlesien im Katzengebirge, etwa 20 Kilometer nördlich von Breslau. Sehenswert: Die Klosterkirche mit den Gräbern der Hl. Hedwig von Andechs und die Säule mit dem böhmischen Landesheiligen Johannes von Nepomuk auf deren Vorplatz.
     
  • Waldenburg/Walbrzych: Großstadt (118.000 EW) in der Woiwodschaft Niederschlesien, 65 Kilometer südwestlich von Breslau, bis Anfang der 1990er Jahre Zentrum des niederschlesischen Steinkohlereviers. Die Stadt ist geradezu umzingelt von Schlössern: Schloss Fürstenstein im Norden, Burg Neuhaus im Süden auf dem Schlossberg, Schloss Alberti mit dem Städtischen Museum und das Renaissance-Schloss im Stadtteil Podgórze/Oberwaldenburg.
     
  • Wohlau/Wo?ów: Das 12.600-Einwohner-Städtchen, 46 Kilometer nordwestlich von Breslau, steht wie der polnische Begriff Wo?owina suggeriert, im Zeichen des Rindes, das es bereits im ältesten Stadtsiegel von 1473 trägt. Schöne barocke Borromeo-Kirche, dem Kardinal Carlo Borromeo (1538-1584) geweiht.

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