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Nato-Russland-Rat in Brüssel

«Gefahr aus dem Osten» oder «Dämonisierung Russlands»? Beim Nato-Russland-Rat prallen konträre Sichtweisen aufeinander. Der Westen und Moskau überbieten sich mit Rüstungsplänen und Rhetorik. Kann das wichtige Forum für Dialog neues Vertrauen schaffen?

Brüssel/Moskau (dpa) – Die Aufrüstungsbeschlüsse des Nato-Gipfels in Warschau vergiften das ohnehin schon zerrüttete Verhältnis des Westens zu Russland. Immerhin: Im Nato-Russland-Rat sprechen zumindest die Diplomaten miteinander. Fragen und Antworten zum Treffen an diesem Mittwoch im Überblick:

Die Flagge der Nato

Wie war die Stimmung beim Treffen?

Aus Teilnehmerkreisen hieß es, die Atmosphäre sei gut gewesen – vielleicht sogar besser als bei dem Treffen im April. Beide Seiten hätten ohne große Emotionen ihre Positionen vorgetragen. Der russische Nato-Botschafter Alexander Gruschko sprach von einem offenen und ehrlichen Austausch.

Wer kam in Brüssel zusammen?

Das Treffen des Nato-Russland-Rats fand auf Botschafterebene statt. Gespräche auf höherer Ebene gab es seit dem Ausbruch der Ukraine-Krise nicht mehr – obwohl ursprünglich vereinbart worden war, dass die Außen- und Verteidigungsminister zweimal im Jahr zusammenkommen sollen.

Worüber wurde geredet? 

Der deutsche Generalleutnant Horst-Heinrich Brauß erläuterte der russischen Delegation in seiner Funktion als Beigeordneter Nato-Generalsekretär die Gipfel-Beschlüsse – insbesondere die Aufrüstung in Osteuropa. Aus russischer Sicht sorgt vor allem die geplante Verlegung Tausender Nato-Soldaten nach Polen, Litauen, Lettland und Estland für großen Unmut. Vor allem Litauen, Lettland, Estland und Polen fühlen sich bedroht, seit sich der große Nachbar 2014 die ukrainische Schwarzmeerhalbinsel Krim einverleibte.

Das war alles?

Am Rande ging es auch um Themen wie den Anti-Terror-Kampf in Afghanistan und die Sicherheit im Luftraum. In den vergangenen Monaten hat es mehrere Vorfälle gegeben, in denen sich Kampfjets beider Seiten gefährlich nahe kamen. Zudem ging es um die Ukraine-Krise. Die Nato fordert, dass Russland sich stärker für Frieden zwischen ukrainischen Regierungstruppen und prorussischen Aufständischen im Donbass einsetzt.

Brachte das Treffen konkrete Ergebnisse?

Nein. Damit hatte aber auch niemand wirklich gerechnet. Die Teilnehmer deuteten aber an, dass es nach der Sommerpause Fortschritte beim Thema Risikoreduzierung geben könnte. So schlug Russland beispielsweise vor, bei Flügen von Luftstreitkräften über der Ostsee den Einsatz von sogenannten Transpondern festzuschreiben. Diese Geräte übermitteln als automatischer Signalgeber wichtige Angaben zu einem Flugzeug, wie etwa die Kennung oder den Typ. Russland soll zudem Interesse daran haben, künftig wieder mehr mit der Nato auf militärischer Ebene zu kommunizieren.

Was macht die Gespräche so kompliziert?

Die Fronten zwischen der Nato und Moskau sind seit 2014 verhärtet. Der Westen sieht in Russlands Einverleibung der ukrainischen Halbinsel Krim einen Völkerrechtsbruch und kritisiert die Unterstützung Moskaus für prorussische Separatisten in der Ostukraine. Russland sieht die Nato seit der Osterweiterung in den 1990er und 2000er Jahren auf Expansionskurs. Zudem wertet Moskau Rüstungspläne der Nato als Gefahr, vor allem den US-Raketenschild.

Wie reagiert Russland auf die Nato-Aufrüstung? 

Russland kündigte nach Teilnehmerangaben im Nato-Russland-Rat an, drei Brigaden an der Westgrenze so aufzustocken, dass aus ihnen Divisionen werden. Damit würden die Verbände vermutlich rund 30 000 Mann stark sein. Sie sollen aber mindestens 300 Kilometer von den Grenzen von Nato-Staaten entfernt stationiert sein. Keine neuen Angaben gab es zur Ostsee-Enklave Kaliningrad. In der Vergangenheit hatte Russland angedroht, dass dauerhaft atomwaffenfähige Raketen in der Ostsee-Enklave Kaliningrad stationiert werden könnten.

Wie geht es jetzt weiter?

Wenn es keine weiteren Zwischenfälle gibt, dürfte es nach der Sommerpause bereits das nächste Treffen des Nato-Russland-Rats geben. Dann könnte zum Beispiel über die Vorschläge zur Sicherheit bei Manövern gesprochen werden. Noch unklar ist, ob auch Treffen des Nato-Russland-Rats auf militärischer Ebene oder auf Ministerebene denkbar sind. Dem müssten alle Nato-Staaten einstimmig zustimmen. Bündnisstaaten wie Polen und Litauen hatten sich lange vehement gesträubt, sich überhaupt wieder mit Russland an einen Tisch zu setzen.

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