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Nantes, alte Hauptstadt der Bretagne

Und dann ist da Nantes - die Gierige, die sich alles einverleibt in ihren großen Bauch, einem Bauch so groß wie der des Elefanten bei den alten Ateliers et Chantiers im ehemaligen Hafen, wo es nach Schienen und Eisen riecht, aus denen die Dickhäuter-Maschine stampft und zischt, wenn der Elfenbeinkranführer den Rüssel dreht. Nantes, die alles transformiert, die Quays in einen fantastischen Vergnügungspark mit einem Karussell, auf dem Jules-Verne-Kreaturen schnauben, blecken und flattern. Nantes, die Unersättliche, die ihre Paläste auf den Knochen ihrer Sklaven errichtete. Nantes, die Prächtige, mit einem Schloss der Herzöge der Bretagne, das so provozierend protzt, dass die französischen Könige vor Neid erblassen mussten. Nantes, die Dreckige, mit ihren jungen Wilden aus allen Kolonien, die in den Gossen lümmeln und den Bourgeois eine Nase drehen. Nantes, die Grausame, die während der Revolution Hunderte auf eigens konstruierten Schiffen, deren Bäuche sich öffneten, in die Mitte des Stroms beförderte und dort qualvoll ersaufen ließ. Und dann ist da Nantes, die Moderne, architektonisch revolutioniert von Napoleon Bonaparte und seinen Nachfolgern, erst mit klassizistischen Säulen, dann mit gläsernen Hochhäusern.

Und dann ist da Nantes – die Gierige, die sich alles einverleibt in ihren großen Bauch, einem Bauch so groß wie der des Elefanten bei den alten Ateliers et Chantiers im ehemaligen Hafen, wo es nach Schienen und Eisen riecht, aus denen die Dickhäuter-Maschine stampft und zischt, wenn der Elfenbeinkranführer den Rüssel dreht.

Nantes, die alles transformiert, die Quays in einen fantastischen Vergnügungspark mit einem Karussell, auf dem Jules-Verne-Kreaturen schnauben, blecken und flattern. Nantes, die Unersättliche, die ihre Paläste auf den Knochen ihrer Sklaven errichtete. Nantes, die Prächtige, mit einem Schloss der Herzöge der Bretagne, das so provozierend protzt, dass die französischen Könige vor Neid erblassen mussten. Nantes, die Dreckige, mit ihren jungen Wilden aus allen Kolonien, die in den Gossen lümmeln und den Bourgeois eine Nase drehen. Nantes, die Grausame, die während der Revolution Hunderte auf eigens konstruierten Schiffen, deren Bäuche sich öffneten, in die Mitte des Stroms beförderte und dort qualvoll ersaufen ließ. Und dann ist da Nantes, die Moderne, architektonisch revolutioniert von Napoleon Bonaparte und seinen Nachfolgern, erst mit klassizistischen Säulen, dann mit gläsernen Hochhäusern.

Die doppelte Hauptstadt Nantes (550.000 Einwohner im Großraum) mit dem Schloss als historischen Sitz der Herzöge der Bretagne ist heute Verwaltungssitz des Pay de Loire – gespeist wurde der Reichtum vom wichtigsten, schlössergespickten Strom Frankreichs, der Loire, dem landwirtschaftlichen Umland sowie vom düsteren Kapitel der Geschichte, vom Sklavenhandel, am deutlichsten sichtbar auf der ehemaligen Insel Île Feydeau –in den 1930er Jahren wurde die Loire hier zugeschüttet -, wo die auf Blut, Schweiß und Tränen der Sklaven erbauten Protzvillen aus dem 18. Jahrhundert heute eine gute Miene zum bösen Treiben vom einst machen.

Mit der Gnade der späten Geburt gesegnet kann man sich heute über den reichen Ornat aus Masken, Muscheln, Faunen und Pflanzendekor rings um die schmiedeeisernen Balkone in den Allées Dugay-Trouin, Brancas, der Rue Kervégan sowie der Place de la Petite Hollande freuen.

Für Eilige: Nantes

Einwohner: 283.000 (Großraum 544.000)
Tourist-Info: 3, Cours Olivier-de-Clisson,
www.nantes-tourisme.com
Wochenmarkt: Place du Commerce, Freitag-Sonntag
Festivals: La Folle Journée (Klassische Musik, Januar), Karneval (Februar), Barockmusik (Mai), Festival des Trois Continents (Filme, November/Dezember)

Ein wenig Mittelalter

Keimzelle der Stadt ist das einst mittelalterliche Viertel rund um die Place du Bouffay, das fast vollständig dem Modernisierungswahn des klassizistischen Architekten Jean-Baptiste Ceineray und seiner Auftraggeber zum Opfer fiel. In der Rue de la Bâclerie, wo früher mit Stoffballen gehandelt wurde, stehen noch Fachwerkhäuser aus dem 15. Jahrhundert. Der Platz selbst, der sich einst dem mittelalterlichen Gassengewirr der Rue de la Juiverie, Rue des Halles und dem Place du Pilori (Prangerplatz) öffnete, tangiert heute die vierspurige Rennstrecke des Cours Franklin Roosevelt, an dem einen Häuserblock weiter auch die ehemalige Börse von 1792 an der Place de Commerce die wirtschaftliche Bedeutung dieses Handelsplatzes dokumentiert.

Große Augen macht der unvorbereitete Gast dann an der Place Neptune: Gegenüber türmt sich unvermittelt im Verkehrslärm des Cours John F. Kennedy ein prachtvolles, weißes Wasserschloss in den hoffentlich strahlend blauen Himmel. Das Château der Herzöge der Bretagne ist eine steingewordene Provokation der Könige Frankreichs: Würde dieser von hohen Mauern, Wehrtürmen und einem bulligen Eingangstor und Wassergraben geschützte Loire-Palast die realen Machtverhältnisse widerspiegeln, hätte von hier aus auch ganz Frankreich regiert werden können. Kein Wunder, dass sich in dieser im 13. Jahrhundert gegründeten und in der Renaissance zu einer Residenz ausgebauten Festung auch das Schicksal der Bretagne entschied.

Machtdemonstration an der Loire

Die Hochzeit zwischen Herzog François II. und Marguerite de Foix fand hier 1474 statt -– noch einmal erreichte die Bretagne im Vertrag von Chateaubriant, unterzeichnet 1487 mit Frankreich, die Versicherung der eigenen Unabhängigkeit. Aber die Franzosen gaben ihren Machtanspruch nicht auf. In der Schlacht von Saint-Aubin-du-Cormier am 28. Juli unterlag die Bretagne, am 10. August musste François II. im Vertrag von Verger seine Niederlage eingestehen. Er war demnach nur noch Vasall vom König von Frankreich. Der gedemütigte Herzog starb kurz danach bei einem Sturz vom Pferd. Die Verheiratung der Tochter Anne von Bretagne mit Kaiser Maximilian konnte am Niedergang der bretonischen Sache nichts mehr ändern – Charles VIII., zwingt die bretonische Prinzessin mit Maximilian zu brechen und ihn 1491 zu heiraten. Als Charles VIII. 1498 stirbt, steht schon der nächste königliche Bewerber vor der Tür – gedrängt vom bretonischen Adel willigt Anne 1499 in eine Hochzeit mit Louis XII. ein.

Ihr restliches Leben –- sie stirbt erschöpft mit 36 Jahren und besteht auf eine Beerdigung in der Kathedrale von Nantes –- versucht sie vergeblich, ein Stück Unabhängigkeit für die Bretagne durch die Verheiratung ihrer Tochter Claude mit dem künftigen Kaiser Karl V. zu erhalten – festgelegt im Vertrag von Blois 1504. Louis XII. besteht vertragswidrig auf einer Verbindung Claudes mit Francois d” Angoulême, dem künftigen Francois I., der 1532 in diesem Château die endgültige Einverleibung der Bretagne erklären sollte. Viele wichtige geschichtliche Ereignisse wurden auch in der Folge von hier aus beeinflusst – so beriet hier Henry IV. 1598 das Edikt von Nantes, das nach dem blutigen Religionskrieg mit den Hugenotten den Protestantismus in Frankreich tolerierte.

Picknick vorm Schloss


Der schmale Rasenstreifen vor dem Wassergraben ist an Feiertagen ein beliebtes Picknickplätzchen der Einheimischen, denen sich Touristen wegen der atemberaubenden Kulisse gerne anschließen. Einige Nachwuchsartisten üben ihre wenig schwindelerregende Kunst, erstmal zwei Bälle sicher zu jonglieren. Kinder jauchzen vor Vergnügen beim Füttern der Enten, Karpfen und Schildkröten, die den geschützten Lebensraum vor den Schlossmauern erobert haben. Natürlich treffen sich hier regelmäßig Mittelalter-Epigonen, die in ihren bunten Zelten vor Lagerfeuern das vermeintlich romantische Lagerleben nachempfinden – oder Turniere mit aufgemotzten Schlachtrössern veranstalten.

Über eine kleine Holzbrücke gelangt man vom Burgraben in den Schlosshof, in dem zuerst der große Herzogspalast aus dem 17. Jahrhundert mit der großen Doppeltreppe vor dem Portal alle Blicke auf sich zieht. Links daneben trägt die Grand Logis die Wappen von Louis XII. und Anne de Bretagne – die großartigen Fenstergiebel erinnern an die flämische Hochgotik in Brügge. In diesem Gebäude befindet sich auch der Eingang zum sehenswerten Museum.

Rechts vom Herzogspalast lohnt der polygone alte Bergfried, der Vieux Dijon aus dem 14. Jahrhundert noch von Jean IV. errichtet, einen Blick. Der Pferdehufturm, Tour du Fer-à-Cheval, gegenüber ist ein schönes Beispiel für die Wehrarchitektur des 15. Jahrhunderts. Daneben befindet sich die Rüstkammer aus dem 17. Und 18. Jahrhundert, gefolgt von der Terrasse der zweistöckigen Tour de la Rivière und dem Kleinen Gouverneurspalais mit seinen hübschen Renaissance-Gaubenfenstern, den François I. im 16. Jahrhundert als Königsgemächer hat anlegen lassen (4, place Marc-Elder, Tel. +33 (0)2-51 17 49 00.)

Zurück zur Natur, vorwärts zur Avantgarde

Zurück zur Natur lautete Jean Jacques Rousseaus Parole, die man in Nantes zehn Gehminuten weiter auf der Cours John F. Kennedy Richtung Bahnhof in vollen Zügen genießen kann: Der Jardin des Plantes, Zugänge am Boulevard Stalingrad und Boulevard Sophie-Trébuchet, ist nach dem gleichnamigen in Paris der zweitgrößte Botanische Garten Frankreichs – seit seiner Eröffnung im 19. Jahrhundert hat sich die Zahl der Pflanzenart inzwischen auf 12.000 hochgerankt.

Auf dem Rückweg Richtung Innenstadt sollten Sie das Musée des Beaux-Arts in der Rue Georges-Clemenceau 10 keinesfalls links liegen lassen. Der lichte, um einen großen Hof angelegte Bau Jossos, Architekt aus Nantes, aus dem 19. Jahrhundert beherbergt im Erdgeschoss moderne und zeitgenössische Kunst von Monet über die Fauves bis zu Manessier, Soulage und Bazaine. Im ersten Stock findet die gesamte europäische Kunstgeschichte des 13. bis zum 19. Jahrhundert Platz. Zu den Highlights zählen die „Thronende Maria“ des Meisters aus Bigallo (13. Jahrhundert), Rubens „Judas Makkabäus betet für die Toten“ (1635), Georges de la Tours „Drehorgelspieler“ (17. Jahrhundert), Ingres „Madame de Senonnes“ (1814), Delacroix‘ „Caïd“ oder Courbets „Les Cribleues de Blé“.

Am Ende der Rue Georges-Clemenceau schraubt sich die imposante Kathedrale St-Pierre-et-St-Paul mit ihren überbordend ornamentierten Portalen in die Höhe. Das Mammutprojekt wurde 1434 in Angriff genommen, die Fertigstellung der Basilika mit dem 37 Meter hohen Hauptschiff zog sich bis ins 19. Jahrhundert hin. Zu den wertvollsten Kunstwerken im Inneren gehört das Renaissancegrabmal aus schwarz-weißem Marmor für François II. und seine Frau Marguerite de Foix. Reste eines ursprünglich hier befindlichen römischen Baus sind in der Krypta noch erhalten. Nach der Place St. Pierre kreuzen wir die Rue de Strasbourg und laufen tout droit auf die Place Royale zu, von deren großen Figurenbrunnen in der Mitte aus man in die sternförmig in diese Schnittstelle zwischen mittelalterlichem und klassizistischem Nantes mündenden Boulevards blicken kann.

Die Rue Crebillon führt zu einem der Eingänge der klassizistischen Passage Pommeray, die nach ihrem Bauherrn, dem Notar Louis Pommeray (1806-50) benannt ist. Regisseur Jaques Demy nutzte den pompösen Charme der reich dekorierten Treppenaufgänge mit ihren Statuetten als Leuchtenhalter als Film Kulisse in „Lola“ und „Chambre en Ville“. Die Architekten Jean-Baptiste Buron und Hippolyte Durand-Gasselin planten die Vergnügungsmeile für die Hautevolee Nantes‘ nach dem Vorbild der Pariser Passagen. Die Bildhauer Jean Debay und Guillaume Grootaërs schufen die Skulpturen und Dekorationen rund um die zahlreichen Restaurants und Cafés, die sich bei der Eröffnung 1843 hier ansiedelten. Heute leidet die Mall des 19. Jahrhunderts unter der Krise des Einzelhandels des 21. Jahrhunderts – ein Schuhdiscounter will so gar nicht zu den edlen, Messing beschlagenen Auslagen passen.

Klassizistisches Theater mit Jugendstil-Brasserie

Die Rue Crebillon mündet in südwestlicher Richtung auf die Place Graslin mit dem noch unter Louis XVI. im vorrevolutionärem Jahr 1788 fertiggestellten frühklassizistischen Theater: Kolossal dominiert die Tempelfront mit den acht überdimensionierten korinthischen Säulen die Nordseite des überschaubaren Platzes. Gegenüber bildet die elegante Jugendstil-Brasserie La Cigale mit Freisitzen einen lässigen Kontrapunkt. Wer sich die gehobenen Preise nicht leisten möchte, sollte zumindest einen unaufschiebbaren Toilettengang vorschieben, um das Innendekor von Émile Libaudière mit Schnitzwerk in dunklem Holz zu sehen, das einen schönen Kontrast zu den hellen Keramikfliesen, schmiedeisernen Ornamenten, bunten Mosaiken und weißem Stuck bildet.

Gigantische Kreaturen bevölkern die Werft

Wie sich die vitale Großstadt Nantes immer wieder neu erfindet, dafür sind die Ateliers et Chantiers auf der Île de Nantes gegenüber dem Quai de la Fosse –- zu erreichen über den Pont Anne de Bretagne – ein faszinierendes Beispiel. In der 1987 geschlossenen Werft siedelten die Stadtplaner eines der größten Kunstprojekte Europas an, das die Begeisterung für giganteske Technik mit der Fantasie des berühmtesten Sohn der Stadt, Jules Verne (dessen Museum befindet sich übrigens gegenüber auf dem anderen Loire-Ufer in der 3, rue de l’Hermitage) verbindet: Etwa, wenn ein zwölf Meter hoher Maschinenelefant mit 94 Passagieren an Bord durch eine der Hallen stampft. Oder Kinder im Karussell davor den wohl kuriosesten Schöpfungen, die je einen Jahrmarkt bevölkerten, groteskes Leben einhauchen: zischende Dampfmaschinen, Tiefseetaucher, fliegende Fische oder Reptilienskelette, die mit ihren großen Mäulern schnappen, Zungen blecken und Augen rollen, wenn die Chauffeure ihre Hebel bedienen. „”Wenn du Objekt in Bewegung konstruierst”, erläutert François Delarozière, Mitschöpfer des Maschinen-Projektes und Absolvent der Kunsthochschule Marseille, „”schaffst du eine lebendige architektonische Struktur“.” Und Pierre Orefice, künstlerischer Direktor der Manaus Association ergänzt: „”Bewegung verkörpert Leben.“” Nantes ist so lebendig, wie eine Stadt nur sein kann.

Resto-Tipp: La Cigale

Die Haute volée des Art Déco vertrieb sich in dieser üppig ausgestatteten Brasserie bei Austern, Lachscarpaccio und Champagner die Zeit – auch wenn die Schriftsteller und Künstler rar geworden sind, die Speisekarte hat sich kaum verändert, man muss heute eben mit der Bourgeoisie vorlieb nehmen.
4, place Graslin, Telefon +33 (0)2 51 84 94 94.

Übernachten: Hotel Amiral

Passend zum Ambiente von La Cigale und nur ein paar Schritte entfernt wartet dieses Hotel im Stadtzentrum mit bezaubernden Jugendstil-Mosaiken und Bleiglasfenstern auf. Die durchweg großzügigen 49 Zimmer sind mit Möbeln und Accessoires des 17. und 18. Jahrhunderts ausgestattet. Doppelzimmer zurzeit der Recherche (2010) um die 60 Euro.
26, rue Scibe, 44000 Nantes, Telefon +33 (0)2 40 69 20 21

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