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Musik besiegt Angst und Gewalt

Eine junge Geigerin flüchtet aus Syrien nach Deutschland. Die Musik hilft ihr, sich einzugewöhnen und Freunde zu finden. Diese Erfahrung will sie jetzt an Flüchtlingskinder weitergeben.

Lübeck (dpa) – In ihrer Heimat Syrien träumte Sousan Eskandar von einer Karriere als Musikerin. Der Bürgerkrieg in Syrien und ihre Flucht nach Deutschland haben die Pläne der jungen Geigerin durchkreuzt. Doch mit Fleiß und Beharrlichkeit hat sie ins Leben zurückgefunden: Sie unterrichtet Migrantenkinder und gibt Konzerte mit europäischer und orientalischer Musik. Im Sommer geht sie mit anderen syrischen Musikern und Damon Albarn, dem Frontmann der britischen Band Blur, auf Tournee. «Musik ist eine universelle Sprache, die jeder versteht», sagt sie. 

Die Geigerin Sousan Eskandar hält am 16.03.2016 in Lübeck auf dem Marienkirchplatz ihre Geige in den Händen. Die junge Geigerin flüchtete aus Syrien nach Deutschland. Heute unterrichtet sie Migrantenkinder und gibt Konzerte mit europäischer und orientalischer Musik. Im Sommer geht sie mit anderen syrischen Musikern und dem Frontmann der britischen Band Blur auf Tournee.

In Damaskus hat Eskandar Violine studiert. Danach spielte sie im Syrischen Nationalorchester für arabische Musik. Dann kam der Bürgerkrieg. Viele Musiker flüchteten, auch Eskandars Familie wollte Syrien verlassen. «Meine Eltern gingen nach Schweden, wo mein Vater einen Lehrauftrag hatte. Aber da ich bereits volljährig war, erhielt ich kein Visum für Schweden», erzählt die heute 30-Jährige. Als die Tochter des syrische Komponisten Nouri Eskandar Ende 2012 eine Einladung zu einem Musikfestival in Osnabrück erhielt, kehrte sie nicht wieder in ihre Heimat zurück, sondern blieb in Deutschland. 

Seit 2013 lebt sie in Lübeck. Aus dem Fenster ihrer kleinen Wohnung blickt sie über die Dächer der Altstadt auf die Katharinenkirche mit den Barlach-Figuren in der Fassade. «Lübeck ist wunderschön, und die Musikhochschule hat einen sehr guten Ruf», sagt die junge Frau. Später würde sie dort gerne ihr Studium fortsetzen und ihren Masterabschluss machen, sagt sie. 

Bis dahin stürzt sich Eskandar in die Arbeit. An einer Lübecker Sprachenschule besuchte sie zwei Sprachkurse, büffelte bis zu sieben Stunden am Tag Vokabeln und Grammatik. «Deutsch zu lernen ist ziemlich schwer. Aber nichts ist unmöglich, wenn man es wirklich will», sagt sie. Inzwischen gibt sie im Rahmen eines Projektes Kindern mit Migrationshintergrund Musikunterricht. Auch in Lübeck organisiert sie Musikstunden für Flüchtlinge. «Musik ist ein wunderbares Mittel zur Kommunikation und Integration. Davon sollen möglichst viele Kinder profitieren.»

Die Tournee im Sommer wird Eskandar unter anderem nach Dänemark und Großbritannien führen. Dann werden die Mitglieder des Syrischen Nationalorchesters, von denen viele inzwischen im Ausland leben, erstmals seit fünf Jahren wieder gemeinsam auftreten. Am 25. Juni ist in London ein Konzert zum Gedenken an den Ersten Weltkrieg geplant, am 29. Juni werden Albarn und die syrischen Musiker das Roskilde Festival eröffnen. 

Sie freue sich schon sehr auf das Wiedersehen mit den Kollegen und die Auftritte mit dem britischen Rockmusiker, sagt die Geigerin. «Dann können wir zeigen, dass es in Syrien nicht nur Krieg und Terror, sondern auch Kultur gibt.» Für die Zukunft wünscht sich Eskandar, dass die Menschen überall in Frieden leben können und nicht mehr flüchten müssen. «Für mich selbst hoffe ich, dass ich weiter arbeiten kann. Nichts zu tun, würde mich töten.»

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