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Kluge Führerin zu japanischer Gartenkunst mitten in Hamburg

Inmitten der City - nahe des Bahnhofs Dammtor - liegt einer von drei Japanischen Gärten Hamburgs. Frieden, Stille und Harmonie will die Anlage gemäß der Tradition ihren Besuchern vermitteln. Die Hanseatin Sabine Rusch kennt sich bestens darin aus.

Anmutig und faszinierend fremdartig wirkt die kleine Japanische Schwarzkiefer mit ihren wie üppige grüne Kissen aussehenden Nadelpolstern am Ende relativ langer und kahler Äste. «Auch diese Kiefer ist ein Kunstwerk. Sie so zu schneiden ist aufwendig und dauert bis zu 20 Jahren», erklärt Sabine Rusch. Die 75 Jahre alte Gartenbau-Ingenieurin ist hier – gleich neben dem strohgedeckten rustikalen Teehaus inmitten des Japanischen Gartens im Hamburger Park Planten un Blomen nahe dem Dammtor-Bahnhof – in ihrem Element. Bereits seit fünf Jahren führt sie Interessierte durch das botanische Juwel, das Yoshikuni Araki aus Hamburgs Partnerstadt Osaka 1991 angelegt hat.

Die agile Dame, ein Füllhorn pflanzenkundigen Wissens, lernte den international renommierten Landschaftsarchitekten noch persönlich kennen – an ihrem ehemaligen Arbeitsplatz, dem Botanischen Garten der Universität in Klein Flottbek. Denn auch dort hat Araki 1978 einen Japanischen Garten geschaffen – ebenso wie 1988 einen Landschaftsgarten in Planten un Blomen. «Es ist weltweit einmalig, dass man in einer Stadt drei Gärten von Araki findet», sagt Rusch schwärmend im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Und erinnert sich schmunzelnd an dessen Besuche, bei denen er die geschulten Gärtner aufforderte, die Kiefern großzügiger zu schneiden – damit die Geister Platz hätten, hindurchzufliegen.

Denn wie alles im fernen Inselreich hat auch die Kiefer eine symbolische Bedeutung. Sie steht für Stärke und Langlebigkeit – und die Kraft, böse Geister aus der Glaubenswelt des Shintoismus zu verscheuchen. Der Frieden, Stille und Harmonie ausstrahlende Teehaus-Garten, den Rusch zeigt, gilt als der größte seiner Art in Europa – und als die «japanischste» der drei Anlagen Arakis in der Hansestadt. Bis auf einige amerikanische Mammutbäume stammen alle Pflanzen und Kunstwerke aus Asien. Durch das überall den Boden bedeckende Grün hindurch plätschert ein künstlicher, von Feldsteinen umsäumter Flusslauf. Aus dem fischen Gärtner mit Keschern gerade die Algen – und haben damit die nun gemächlich am Ufer ruhenden und watschelnden Enten erst einmal vertrieben.

Das Wasser entspringt einer hier scherzhaft «Fujiyama» genannten Anhöhe, für die sich der Gestalter eine einzigartige Wasserscheide ausgedacht hat. «Rechts geht es in den Pazifik, links in die Japan-See – ganz wie in Arakis Heimat», sagt die Expertin, die mit ihrer Familie vier Jahre lang in Südostasien gelebt hat. Rusch erzählt, dass in der japanischen Gartenkunst, die sich seit dem 6. Jahrhundert mit dem aus China und Korea stammenden Buddhismus entwickelt hat, Berge und Steine sowie Wasser die wesentlichen Elemente seien. Erst dann kämen die Pflanzen. Dabei seien die feinen Schattierungen vieler Grüntöne wichtiger als bunte Blumen. So pflanze man Azaleen nicht wegen ihrer Blüten, sondern weil man sie gern in runde Formen schneide.

Doch auch in Hamburg sorgen Zierkirschen – die Nationalpflanzen – zumeist im Frühjahr für ein zartrosafarbiges Blütenmeer, dessen baldigen Fall nicht nur viele japanische Besucher mit dem beliebten «Hanami» huldigen. Ein Fest, gern mit Picknick, bei dem man der Schönheit und Kürze des Daseins gedenkt. Die kleine Allee aus 24 Zierkirschen in Planten un Blomen ist ein Geschenk des Rotary-Clubs Osaka an die Stadt, in der etwa 1700 Menschen mit nur japanischer Staatsangehörigkeit leben. «Noch wichtiger gilt der Tradition nach aber «Momiji» im Herbst. Weil dann die Laubtöne vor allem des Ahorns – und von denen haben wir jede Menge – für einen letzten Farbenrausch sorgen», fügt Rusch hinzu.

Über all das freut sich auch die Leiterin Stadtgrün beim Hamburger Bezirksamt Mitte, Eva Henze. «Im Japanischen Garten mit Teehaus in Planten un Blomen wird japanische Gartenkunst für alle Gäste des Parks erlebbar – hier können sie die Hektik der Stadt hinter sich lassen und in Ruhe und Besinnlichkeit eintauchen», erklärt Henze der dpa auf Anfrage. Ein besonderes Highlight sei dabei das alljährliche Japan Festival im Frühjahr.

«Es ist eine geborgte Landschaft, in der der Mensch zu seiner inneren Harmonie findet», beschreibt Rusch die Idee hinter einem typischen japanischen Garten. Bei der Betrachtung von dessen naturähnlicher, aber künstlich geschaffener anrührender Schönheit darf jeder seinen eigenen Gedanken nachhängen. Dabei fallen in Hamburg auch mehrere dekorative Steinlaternen ins Auge. «Es heißt, dass sie im 11. Jahrhundert dazu dienten, dass Frauen ihre Liebhaber schon von Weitem kommen sehen konnten«, sagt Rusch, «später in der Edo-Zeit zeigte man mit den edlen Laternen seinen Reichtum. Heute haben sie nur noch Zierfunktion.»

Ein Ort ganz besonderer innerer Einkehr ist das Teehaus, in dem regelmäßig entsprechende Zeremonien abgehalten werden. Natürlich hat auch Sabine Rusch daran bereits teilgenommen. Und was gefällt ihr am meisten an ihrem Tun im Japanischen Garten? «Dass ich in meinem Alter den Menschen etwas vermitteln kann», sagt die 75-Jährige – und freut sich schon auf ihre nächsten Besucher.

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