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Kampf gegen die Flammen auf Rhodos – «Womit haben wir das verdient?»

Sie löschen mit Eimern, Gartenschläuchen, Decken und Reisigbesen, sie karren Wassertanks über die halbe Insel, versorgen gestrandete Touristen, Feuerwehrleute und gerettete Tiere: Die Einwohner von Rhodos sind im Dauereinsatz - und langsam am Limit.

Die Verzweiflung und völlige Erschöpfung steht den Menschen ins Gesicht geschrieben. Feuerwehrleute, Freiwillige und Polizisten stehen am Dienstagmittag fassungslos vor einer neuen Flammenwand, die sich ungebremst dem Badeort Gennadi im Südosten der Insel Rhodos nähert. Ein Feuerwehrmann fordert: «Wir brauchen dringend Hilfe, sonst brennt der Süden der Insel bis morgen komplett ab.»

Das Dorf Gennadi war bereits Anfang der Woche evakuiert worden, nun geht mit einem durchdringenden Alarm-Signal noch mal eine Warn-SMS an die Menschen raus, falls Dorfbewohner seither in ihre Häuser zurückgekehrt sind. Die umliegenden Straßen hat die Polizei weiträumig abgesperrt, durch kommt hier niemand mehr. Der Brandherd ist weithin zu sehen – in Form einer gewaltigen schwarzen Rauchsäule, die in den strahlend blauen Sommerhimmel ragt.

Seit vergangener Woche gibt es für die Menschen keine Pause bei der Brandbekämpfung. Bereits in der Nacht zum Dienstag loderte es wieder, diesmal nahe der Ortschaft Vati. Bald standen mehrere Hektar Wald in Flammen, der Wind verbreitete die Feuer binnen Minuten über die Hügel. Strom gab es seit 23 Uhr nicht mehr, vermutlich waren wieder Strommasten abgebrannt. Viele Ortschaften in der Umgebung lagen im Dunkeln, auch in der Stadt Lindos brannte kein Licht.

Die freiwilligen Helfer machen trotzdem weiter, seit vergangener Woche Tag und Nacht. Manche Unternehmen auf der Insel haben ihren Mitarbeitern frei gegeben, damit sie helfen können. Junge Leute arbeiten tagsüber und gehen abends löschen, Rentnerinnen bekochen die Helfer. In Lindos, Pefkos und anderen Orten haben Freiwillige Sammelstellen für Getränke und Nahrungsmittel für die Brandbekämpfer eingerichtet. Über soziale Netzwerke können sich die Feuerwehrleute melden und angeben, wo sie derzeit löschen und Bedarf haben. Dann fahren die Freiwilligen los und bringen ihren Kollegen Wasser und Lebensmittel für die kräftezehrende Löscharbeit.

Viele Insulaner fungieren außerdem als Wachposten, um neue Brandherde rechtzeitig zu entdecken. Auf Quads und Motorrädern patrouillieren sie im Halbstundentakt durch gefährdete Gebiete, um neue Flammen entweder sofort selbst zu löschen oder die Feuerwehr zu rufen.

Überhaupt greifen viele Menschen selbst ein, holen Wasser aus dem Pool, bewaffnen sich mit Feuerlöschern und Gartenschläuchen. Was verzweifelt klingt, hat durchaus Wirkung: Wo die Feuerwehr nicht sein kann, können die Menschen durch Bewässern etwa von Gärten, Mauern und Wiesen immer noch einiges retten, es sei denn, Feuer und Wind sind schon zu stark und der Brandherd zu groß.

Dass der private Einsatz risikoreich ist, wissen alle. Selbst die Profis sind bei der Arbeit stark gefährdet – am Dienstag stürzte bei den Löscharbeiten gegen einen Brand auf der nördlicher gelegenen Insel Euböa ein Löschflugzeug ab. Ob die Piloten sich retten konnten, war zunächst unklar.

Wer nicht gerade privat löscht, ist an anderen Stellen im Einsatz. Den ganzen Tag hält zum Beispiel Maria vor ihrer Strandbar an der Südostküste die Stellung. Sie ist todmüde und wendet sich vom Wind ab, der einmal mehr eine große Asche- und Staubwolke vor sich her Richtung Meer treibt. Der Wind hört nicht auf, er zehrt an den Nerven der ohnehin schon völlig ausgelaugten Menschen.

Am Montag hatte ein erster Brand Marias Haus im Strandort Gennadi beschädigt, das neue Feuer am Dienstag droht ihr Zuhause nun ganz zu zerstören. Die Beach Bar weiter nördlich konnten sie vorerst mit vereinten Kräften und dem Einsatz von Gartenschläuchen retten, als das Feuer kam. Rechts und links daneben ist alles bis hinunter zum Meer abgebrannt.

Sie habe keinen Strom und könne keinen Kaffee anbieten, sagt die junge Frau, reicht aber eine Wasserflasche. Geld will sie dafür nicht. Wasser und Lebensmittel sind im Südosten der Insel momentan für alle da. Auch Maria bringt vorbeifahrenden Helfern Wasser und Snacks. Jeder steuert bei, was er kann. «Schauen Sie, alles leer gekauft», sagt die Kassiererin eines kleinen Supermarktes an der Küstenstraße. «Alles, was verpackt und kalorienreich ist, hilft, zum Beispiel Schoko-Croissants, Chips, Kekse, aber auch Bananen – und natürlich Wasser, Wasser, Wasser.»

Allerdings wächst mit jedem Tag, den es weiter brennt, die Verzweiflung – bei allen Bewohnern der Insel. «Womit haben wir das verdient? Hat das denn nie ein Ende? Es ist schlimm, schlimm, schlimm!», ruft Gastronomin Evcharis. Obwohl sie weit entfernt vom Feuer in ihrer Taverne in Rhodos-Stadt ausländischen Gästen Zaziki, Tomatensalat und Lammrippchen serviert, kann sie an nichts anderes denken, sagt sie.

Es gibt für die Menschen kaum noch ein anderes Thema. Höchst emotional wird es insbesondere dann, wenn über die Ursachen der Brände diskutiert wird. Geschichten über Festnahmen mutmaßlicher Brandstifter kursieren ebenso wie Berichte über Camping-Gaskartuschen, die Feuerwehrleute gefunden haben sollen. Verifizieren lässt sich das vorerst nicht. Das griechische Ministerium für Bürgerschutz hat Ermittlungen einleiten lassen.

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