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EU-Einigung: Nordseefischer dürfen mehr Kabeljau fangen

Jedes Jahr streiten die EU-Staaten erbittert über Fangmengen in europäischen Meeren. Während Fischer sich über jede Tonne mehr freuen, weisen Umweltschützer auf den desolaten Zustand vieler Bestände hin. Eine Art stand diesmal besonders im deutschen Fokus.

Die deutschen Nordseefischer dürfen im kommenden Jahr mehr Kabeljau, Seelachs und Schellfisch fangen. Die erlaubte Fangmenge für Kabeljau steigt um 60 Prozent auf knapp 2000 Tonnen, für Schellfisch um 25 Prozent auf knapp 1600 Tonnen und für Seelachs um 17 Prozent auf gut 5000 Tonnen, wie das Bundesagrarministerium am Dienstag nach nächtlichen Verhandlungen mit den anderen EU-Staaten mitteilte. Sinken wird dagegen die Fangmenge bei dem für die deutsche Fischerei wichtigen Nordsee-Hering. Noch rund 37 500 Tonnen und damit 9 Prozent weniger als dieses Jahr dürfen 2023 gefangen werden.

Zudem einigten sich die Ministerien auf einen strengen Schutz von Aalen. Das deutsche Agrarministerium sprach von «schwierigen Verhandlungen». Umweltschützern gehen die Ergebnisse nicht weit genug. «Den beschlossenen Fangmengen fehlt ein Puffer, um die Auswirkungen der Klimakrise aufzufangen», bemängelte Stella Nemecky, Fischexpertin der Umwelt- und Artenschutzorganisation WWF.

Die deutlich gesteigerte Fangmenge beim Nordseekabeljau gefährde das Wachstum des Bestands. «Die Nordsee bleibt ein Hochrisikogebiet für Kabeljau», sagte Nemecky. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) bewertete die Verhandlungen grundsätzlich als Verbesserung im Vergleich zu Vorjahren, doch der Fortschritt komme für viele Fischpopulationen zu spät.

Die EU-Staaten legen jedes Jahr die zulässigen Gesamtfangmengen für bestimmte Gewässer fest. Auf dieser Basis entfallen auf die einzelnen Länder durch festgeschriebene Verteilungsschlüssel die jeweiligen nationalen Fangmengen. Grundlage der Verhandlungen ist eine Vorlage der EU-Kommission, die in erster Linie auf wissenschaftlichen Empfehlungen beruht. Vielen Fischbeständen geht es nicht gut, neben der Fischerei machen ihnen Umwelteinflüsse wie der Klimawandel zu schaffen.

Für den vom Aussterben bedrohten Europäischen Aal soll es neue Schutzmaßnahmen geben, wie EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius sagte. Dafür stehe auch Geld aus EU-Töpfen zur Verfügung. Die Kommission hatte eine um drei Monate verlängerte Schonzeit von sechs Monaten vorgeschlagen. Dies habe auch Deutschland unterstützt, teilte das Landwirtschaftsministerium mit. Es sei jedoch gewisser Spielraum bei der Umsetzung vorgesehen. Zudem solle Freizeitfischern verboten werden, den Aal in Küstengewässern zu fangen. BUND und WWF begrüßten dies. Beide Organisationen kritisierten aber vehement, dass eine derart bedrohte Art überhaupt gefangen werden darf.

BUND-Geschäftsführerin Antje von Broock drückte auch etwas Anerkennung für die Arbeit von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) aus. «Nach einem Jahr können wir die ersten Anzeichen eines grünen Wandels in der deutschen Fischereipolitik erkennen», teilte sie mit.

Bilaterale Verhandlungen mit Großbritannien sowie mit Norwegen laufen EU-Angaben zufolge noch. Für gemeinsam bewirtschaftete Bestände wurde sich daher zunächst darauf geeinigt, die bestehenden Fangmengen auf die ersten drei Monate des kommenden Jahres auszuweiten.

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