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Entscheidung ohne Alternativen

Warum riskieren Migranten nicht nur bei einer riskanten Überfahrt übers Mittelmeer, sondern auch innerhalb der EU am Eurotunnel ihr Leben?

Calais/London (dpa) – Warum riskieren Migranten am Eurotunnel ihr Leben, um nach Großbritannien einzureisen? «Für die meisten ist Großbritannien nicht das ersehnte Eldorado, sondern eine Entscheidung mangels Alternativen», resümiert die katholische Hilfsorganisation Secours Catholique. Eine Übersicht über die Motive:

ASYLKRISE IN FRANKREICH: Frankreichs Asylsystem wird heftig kritisiert. Bearbeitungszeiten sind lang und es gibt für weniger als die Hälfte der Asylbewerber Platz in Unterkünften. Deshalb sitzen selbst Asylsuchende mit legalen Papieren auf der Straße. Viele stellen dort daher erst gar keinen Asylantrag.

WIRTSCHAFTLICHE LAGE: Die Länder Südeuropas, wo viele Flüchtlinge als erstes ankommen, leiden unter hoher Arbeitslosigkeit. Auch Frankreich meldet immer wieder Höchstwerte. In Großbritannien liegt die Arbeitslosenquote mit 5,4 Prozent nur gut halb so hoch wie auf der anderen Seite des Ärmelkanals. Migranten hoffen, dort leichter Arbeit zu finden. Das es kein Meldegesetz gibt, hoffen viele auch, leichter als anderswo untertauchen und schwarz arbeiten zu können.

ASYLBEDINGUNGEN IN GROSSBRITANNIEN: Im Vereinigten Königreich wurden im vergangenen Jahr 41 Prozent aller Asylanträge genehmigt, ein deutlich höherer Anteil als in Deutschland und Frankreich. Die Bearbeitungszeiten sind kürzer. Allerdings schafften es auch viel weniger Asylsuchende ins Land. Hilfsorganisationen wie das Rote Kreuz betonen, das britische Asylgesetz sei ebenso streng wie anderswo.

SPRACHBARRIERE UND COMMUNITY: Vielen Flüchtlingen fällt es leichter, Englisch zu sprechen, als etwa Französisch zu lernen. Manche hoffen, dass Freunde, Familie oder Landsleute in Großbritannien ihnen helfen. In Ballungszentren wie London oder Birmingham gibt es bereits große afrikanische und arabische Gemeinschaften.

UNWISSEN: Vielen Migranten kennen die Asylregeln in der EU nicht und wissen nicht, wo sie Unterstützung finden können. Viel läuft über Mund-zu-Mund-Propaganda: Bei zahlreichen Flüchtlingen, mit denen der Secours Catholique sprach, waren Empfehlungen anderer Migranten ausschlaggebend für den Wunsch, nach Großbritannien zu gelangen.

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