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Besuchermagnet im Essener Süden – Baldeneysee feiert 90. Geburtstag

Die Geschichte des Baldeneysees beginnt mit Abrissarbeiten am Ruhr-Ufer, die auch vor 90 Jahren wenig Begeisterung hervorriefen. Doch dann eroberte der See die Herzen der Essener im Sturm. Heute gibt es fast nur Fans - und manchmal darf man auch wieder baden.

Geplant wurde er als «Flussklärwerk» für die verdreckte Ruhr. Heute ist der Baldeneysee im Essener Süden ein Freizeit-Hotspot für das ganze Ruhrgebiet mit mehreren Millionen Besuchern pro Jahr – und weitgehend sauberem Wasser. Segler und Ruderer, Jogger, Radfahrer und Wanderer, Angler, Vogelschützer, die 2022 gut 70 000 Passagiere der «Weißen Flotte» und Motorradfahrer am ruhrgebietsweiten Szenetreff «Haus Scheppen» – alle kommen am größten der fünf Ruhrstauseen auf ihre Kosten. An Tagen mit günstiger Wetterlage ist sogar Schwimmen wieder möglich.

Diesen Samstag feiern die Stadt Essen und Vereine mit einem ganztägigen Programm und einem abendlichen Feuerwerk den 90. Geburtstag «ihres» Sees, den Essener gern liebevoll «Baldy» nennen.

1931 bis 1933 war der nach einem Essener Ortsteil benannte Ruhrsee entstanden. Das Aufstauen des Flusses sollte vor allem die Qualität des dort gewonnenen Wassers für die schnell wachsende Bevölkerung und Industrie verbessern, weil Dreck und Sedimente bei geringerer Fließgeschwindigkeit nach unten sinken konnten.

Der Bau war ein massiver Eingriff in die ursprüngliche Flusslandschaft: Mehr als 2000 Arbeiter – viele von ihnen Erwerbslose – errichteten weitgehend in harter Handarbeit eine Staumauer, fällten reihenweise Bäume am Ufer und rissen Häuser und Anlagen wie das frühere Werdener Wasserwerk ab. Am Stauwehr entstand ein Wasserkraftwerk, das bis heute in Betrieb ist und 2016 modernisiert wurde.

Für den See mussten Familien umgesiedelt werden. Noch Jahre nach der Fertigstellung seien immer wieder große Holzbalken aus überfluteten Häusern aufgeschwemmt worden, berichten Dorothea Bessen und Horst Bühne in einem Buch über den See.

«Wo ist unser liebliches Ruhrtal geblieben», sollen Kritiker laut einer Chronik des See-Betreibers Ruhrverband geklagt haben. Doch seien bald die Vorteile hervorgetreten. Neben der Verbesserung der Wasserqualität konnten Ausflugslokale direkt am Wasser oder auf den umliegenden Hügeln jetzt mit der Aussicht auf den See werben. In der Wirtschaftswunderzeit mit ihrer Sehnsucht nach mediterraner Lebensart empfanden Essener das Ruhrgewässer als kleine Riviera und ihren See als «Lago die Baldino», wie Bessen schreibt.

In einem Werbefilm aus dem Jahr 1954 präsentierte die Stadt Essen das Restaurant «Baldeneyer Fähre» mit zufriedenen Kaffee-Gästen unter rot gepunkteten Sonnenschirmen. Historische Fotos zeigen ein prallvolles Strandbad Baldeney. 1959 wurden dort knapp 330 000 Badegäste registriert.

Die Zahl ist heute wesentlich geringer. Aber immerhin darf nach einem langjährigen Badeverbot aus hygienischen Gründen seit Mai 2017 an etlichen Tagen im Jahr an einer Stelle im See wieder geschwommen werden.

Die Ruhr zähle heute zu den saubersten Industrieflüssen überhaupt, betont der Ruhrverband. Der Fischbestand im See sei artenreich und gut genährt, sagt der Geschäftsführer der Ruhrfischereigenossenschaft, Stefan Jäger. Probleme für den Bestand gebe es nicht durch Schadstoffe im Wasser, sondern eher durch Kormorane, die sich am See auf etwa 80 Brutpaare vermehrt hätten und den Fischbestand dezimieren würden.

Jogger und Fahrradfahrer nutzen regelmäßig den knapp 14 Kilometer langen Rundweg um den See, auf dem auch Laufwettkämpfe stattfinden. Eine Auswertung von Handydaten habe im Vor-Corona-Jahr 2019 rund 7,9 Millionen Besucher am See ergeben, sagt der Sprecher der Essener Marketing-Gesellschaft Florian Hecker.

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