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Bäderfreuden und Burgenschwemme

Wie es dampft und braust und sprühet Hilfsbedürftge Schar vermehrt sich Aus der unbekannten Gruft! Täglich um den Wunderort, Von geheimem Feuer glühet Und im Stillen heilt und nährt sich Heilsam Wasser, Erd und Luft. Unser Herz an Freundes Wort. Johann Wolfgang von Goethe an Frau von Berg, Karlsbad, 10. Juli 1806

Diesen Mann hat das böhmische Bäderphänomen nicht mehr losgelassen – und wer weiß, vielleicht verdankt Goethe seine faustische Schöpfenskraft und Libido den übel riechenden Schwefelwässerchen, die wir heute wie er mit einem rosenverzierten Schnabeltässchen zu uns nehmen sollen.

Lazn? Kýnžvart/Bad Königswart

Am Fuß der Ruinen von Burg Königswart harrt der kleine Kurort (1 642 EW) mit Barockschloss (vorzügliches Restaurant im Schlosshof ) und Kuranlagen des Wiener Klassizismus vor allem junger Kurgäste mit Atemwegs- und Hauterkrankungen.

Marianské Lazn?/Marienbad
„Man versucht euch zu einem gesunden Menschen zu machen, indem man euch die angenehmen Dinge wegnimmt, die ihr gewöhnt seid“, machte sich Mark Twain bei seinem Aufenthalt 1891 lustig. Marienbad (heute 14 293 EW) freilich beschrieb er als die „modernste Stadt auf dem Kontinent, so schön, wie man es sich nur wünschen kann“.

Villa Basileia: Kleine, etwas verstaubte Sommerresidenz der Gräfin von Schaumburg-Lippe. DZ/F ab 62 Euro, Marianskolazenska 4.
Hotel Heluan: Zimmer mit Kassettentüren, Stuckdecken und Kachelöfen. Kuraufenthalt in den Schlossbädern werden arrangiert. DZ/F ab 85 Euro, Tržišt? 387/41.
Restaurant Bernard: Abends wird das gute Restaurant zum Jazzmekka, Ond?ejska 14.
Musikclub Propaganda: Live- Konzerte am Wochenende in witzigem Ambiente mit Stuckdecke, Jaltská 7. Kur-Info: Lázenská 1, Tel. +420 355 321 176.

Der nostalgische Charme, dem in Alain Resnais Film „Letztes Jahr in Marienbad“ ein Denkmal gesetzt wurde, entfaltet sich vor allem auf der Hlavní t?ída, der Hauptstraße, mit ihren prächtigen Jugendstil-Hotels und Villen, die sich auf beiden Seiten an die Hügel schmiegen.

Heilwasser aus Marienbad

40 Heilquellen entspringen in der Stadt selbst, 100 weitere in der Umgebung, und auch wer den Schwefelgeruch scheut, hat Freude an der Promenade durch die gusseiserne Kurkolonnade (1888-89) mit schöner Kassettendecke und Neo-Art-Deco-Gemälden von Jan Vyle?al, vorbei an der Singenden Fontäne, die nachts schön beleuchtet zu klassischen Klängen sprudelt.

Der Royal Golfclub wurde als einer der ersten Kontinentaleuropas 1905 von König Edvard VII. eröffnet. Gläubige aller Länder bauten Gotteshäuser, so die russisch-orthodoxe Kirche des Hl. Wladimir (1900-02, Ruská ulice 347/9), die anglikanische Christ Church (1878/79) im Stil einer englischen Dorfkirche (Ruská ulice 98), die evangelische Kirche Corporis Christi (1853-57, Mirové nám?stí) und die katholische Dekanatskirche Mariä Himmelfahrt (1844-48)im neubyzantinischen Stil (Goethovo nám?stí).

  • La Provence, Appartements: Für Marienbader Verhältnisse günstige Ferienwohnungen mitten in der Stadt, Hlavní trída 650, Tel. +420 608 161 415.
  • Kurhotel Nové Lázn?: Prachtbau mit entsprechendem DZ-Preis ab 180 Euro. Günstig ist dagegen der Eintritt in den herrlichen Wellnessbereich mit Königskabine Edwards VII., Reitenbergerova 53.
  • Restaurace U zlaté koule: Das Restaurant “Zur Goldenen Kugel” war mehrfach Restaurant des Jahres, Spezialität ist Wild aus dem Kaiserwald. Nehrova 26, Tel. +420 354 624 455.

Die russisch inspirierten Karlsbader Marktbrunnenkolonnaden.

Karlovy Vary/Karlsbad
Die größte Kurstadt (53 708 EW) der Republik boomt. Wenn

Russlands Neureiche die angeblich von Karl IV. entdeckte Quelle für sich in Anspruch nehmen, dann weiß man: Der Zauberberg-Charme von vor der Zeitenwende gehört der Vergangenheit an.

Das Karlsbader Filmfestival konkurriert mit Cannes‘ Goldenen Palmen, und die Bäder buhlen um die Kundschaft der Cotê d”Azur.

Einen ersten Überblick verschafft man sich vom Hirschensprung. Vor diesem Felsen soll Karl IV. das geweihte Tier in die warme Quelle springen sehen – gewissermaßen der Gründungsauftrag Karlsbads im 14. Jh. Ohne große Sprünge erreicht man den Aussichtspunkt mit der Seilbahn neben dem legendären Grand-hotel Pupp.

Ein Marsch vorbei an den wichtigsten Säulengängen, die als überdachte Wandelhallen der Kurgäste dienen, macht nicht gleich gesünder, aber gutgelaunt. Der Spaziergang beginnt bei den Parkkolonnaden (1880/81),

Idyllisches Karlsbad

vorbei am Kurhaus (1863-66), den berühmten und beliebten Mühlkolonnaden (1871/81) im Neorenaissancestil.

Eine Abkühlung von so viel ornamentaler Wut kann man sich gleich gegenüber im Betonbau der Sprudelkolonnade (1975) abholen, in der die heiße Fontäne zu einer Glaskuppel hochschießt.

Unser historischer Begleiter Kilian Ignaz Dientzenhofer hat mit der Kuppelkirche Maria Magdalena eine meisterhafte Visitenkarte hinterlassen. Der Marptlatz/ Tržišt? wartet gegenüber der Marktbrunnenkolonnade mit filigranen Jugendstilfassaden und einer barocken Dreifaltigkeitssäule auf.

Die Szenerie bewacht von hoch oben der einsame Schlossturm. Im Karlovarské muzeum, Nová Louka 23, ist die Geschichte der Region, besonders der Produktion des berühmtem böhmischen Glases, dokumentiert.

Moderne tschechische Kunst stellt die Galerie um?ní, Goetova stezka 6, aus. Jan Bechers berüchtigten Kräuterlikör Becherovka gibt”s an allen Ecken und Enden. Die besten, weil angewärmten Oblaten bekommt man freilich am Stand bei der Sprudelkolonnade. Schließlich offeriert die bekannte Glasfabrik Moser neben einer Ausstellung auch einen Werksverkauf im Vorort Dvory, Kpt. Jaroše 46/19.

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