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Alter Elbtunnel: Ein Ingenieur im Einsatz für einen Schatz

Bereits bei seiner Einweihung 1911 galt er als Sensation: der St. Pauli-Elbtunnel im Hamburger Hafen. Werftarbeiter pendelten früher täglich durch ihn hindurch. Heute wird die Touristenattraktion aufwendig saniert – unter Leitung des Bauingenieurs Martin Bornhöft.

Rund 18 Meter tief unter der Elbe liegt ein Skelett im Hamburger Hafen – gleich rechts neben den weltberühmten St. Pauli-Landungsbrücken. Derzeit sind tatsächlich all seine 1684 Rippen sichtbar. Trotz langen Lagerns im feuchten Erdreich befinden sie sich in erstaunlich gutem Zustand. Allerdings wirken etliche der 270 000 Nieten und Schrauben spröde. Und zahlreiche Bleifugen dieser Stahlelemente, sogenannte Tübbings, sind undicht. «Diese Teile werden ausgetauscht, damit keine Wassermassen eindringen und Menschen gefährden können», sagt Martin Bornhöft. Der Bauingenieur in Schutzkleidung leitet das 2019 gestartete Sanierungsprojekt für seinen Arbeitgeber, die Hamburg Port Authority (HPA).

Denn der Korpus, um den es hier geht, ist die 426 Meter lange Weströhre des St. Pauli Elbtunnels, der heute meist Alter Elbtunnel genannt wird. Er galt bereits bei seiner finalen Inbetriebnahme am 30. November 1911 als sensationelles Glanzstück deutscher Ingenieurskunst. Später wurden hier sogar Filme wie Wim Wenders‘ «Der amerikanische Freund» (1977) gedreht. Der Röhrentunnel reicht bis zur gegenüber liegenden Insel Steinwerder.

Mit Minibaggern und Fräsen haben bis zu 30 Bauarbeiter in Schutzanzügen und mit Atemschutzgeräten auf dem Rücken das Gerippe – die tragende Außenhaut – des Tunnels erst von Beton, Asphalt sowie weiterem Fahrbahnmaterial befreit. «Das Ganze findet in zwei Schritten statt – damit der Tunnel nicht zu leicht wird», sagt der 45-jährige Bornhöft mit Begeisterung am Rande der ohrenbetäubend lautstarken Arbeiten. «Den oberen Querschnitt, also das Deckengewölbe, haben wir bereits saniert. Jetzt sind wir am unteren Teil dran.»

Die Grundinstandsetzung des Alten Elbtunnels hat bereits 1994 begonnen. Mit dem Ziel, das einzigartige Erscheinungsbild der denkmalgeschützten, reich mit Jugendstilelementen verzierten Anlage wiederherzustellen – und gleichzeitig moderne Technik einzubauen. Abgeschlossen ist die Erneuerung der Oströhre. Im Jahr 2026 soll das Gesamtprojekt fertig sein. Das Budget für die Weströhre beträgt etwa 75,8 Millionen Euro. Die Gesamtkosten für die Sanierung beider Tunnelröhren liegen bei 131 Millionen Euro.

Beträge, die Bornhöft – nach eigener Aussage Hamburger von Geburt und Überzeugung – gelassen nimmt: «Man kann natürlich immer über Kosten und Geld reden – und sich fragen, muss das sein? Aber wenn man so ein mehr als 100 Jahre altes Bauwerk hat, ist das eine ganz große Herzensangelegenheit der HPA, es für die nächsten 100 Jahre zu erhalten», sagt der Technikexperte und Vater.

Er rechnet vor: «Die Gelder stammen überwiegend aus dem Haushalt der Freien und Hansestadt. Die Sanierung der Weströhre unterstützt der Bund mit circa 21,3 Millionen Euro.» Alle Aufgaben werden, oft sogar in mühsamer Handarbeit, durch die Firmen HC Hagemann (Hamburg) und Ed. Züblin (Stuttgart) sowie spezialisierte Nachunternehmer ausgeführt. Für die Bauüberwachung sorgen Bornhöfts Kollegen von der HPA. «Etwas Wasser dringt übrigens immer ein – das ist normal. Den wird man nie ganz dicht kriegen», ergänzt er, «wenn man die Röhre jetzt nicht instand setzen würde, dränge jedoch zunehmend Wasser ein.»

Das Sanierungsprojekt schätzt nicht zuletzt auch Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD). «Der Alte Elbtunnel gehört zu Hamburg wie Michel und Elbphilharmonie – und ist das wohl bedeutendste technische Denkmal in der Stadt», erklärt Brosda der dpa.

Durch die sanierte Oströhre flanieren und radeln jeden Tag Menschenmassen – die meisten wohl Touristen. Der Zugang ist kostenlos und über zwei große Originalaufzüge der Firma Siemens von 1911 im markanten kuppelgeschmückten Eingangspavillon möglich. Viele von ihnen dürften sich dabei auch an den kunstvoll gestalteten, zartblau und grün getönten Keramikfliesen an den hell schimmernden Wänden erfreuen – sie zeigen Fische, Krebse und anderes maritime Getier. Wurden bei der Sanierung der Oströhre noch viele der Fliesen nach altem Muster neu gebrannt, versuchen die Experten heute, so viele kostbare Originale wie möglich zu erhalten.

Zehntausende Werftarbeiter pendelten zu Beginn des 20. Jahrhunderts täglich von St. Pauli zu Werften wie Blohm & Voss nach Steinwerder. Warum allerdings die Mittelfahrbahn, über die sie gingen, nur 1,92 Meter Breite misst, weiß Bornhöft genau. «Es mussten Pferdefuhrwerke hindurchpassen. Und die Röhren deshalb auch gerade so hoch sein, dass ein Kutscher über sich mit der Peitsche knallen konnte», sagtt er lächelnd.

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