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Wo Libuše nichts gründete

Südlich der Prager Innenstadt erhebt sich steil über dem rechten Ufer der Moldau (Vltava) ein zweiter Burghügel, der mittelalterliche Burgwall Vyšehrad, zu deutsch Hochburg. „Früher dachte man, das letzterer sogar älter sein könnte, aber heute weiß man, dass die Libuše-Legende falsch ist – der Vyšehrad ist um 40 Jahre jünger als der Hradschin und somit nicht Gründungsort der Stadt“, billigt Reiseleiter Ivo Janoušek dem Hradschin den Siegerkranz zu.

Ein Engel streckt am Prager Heldenfriedhof seinen Arm aus.

Diese zweite Prager Burg der Herrscherdynastie der P?emysliden aus dem 10. Jahrhundert wurde bereits in der Romanik und Gotik zu einem beeindruckenden Areal erweitert, später dann zu einer barocken Festung ausgebaut. Dieser Fels an der Moldau, auf dem die Burg thronte, soll nach alter Legende jener Ort gewesen sein, wo die sagenhafte Fürstin Libuše, Stammmutter der Tschechen, in einer Vision die Gründung Prags voraussah und der Stadt eine große Zukunft weissagte – wo immer sie das geträumt haben mag, nach ausgedehnten archäologischen Forschungen steht jedenfalls fest, dass die Burg auf dem Hradschin bereits bestand als hier außer Gräsern noch nichts gewesen war.

Der Vyšehrad wird Regierungssitz
Erst um 1070 verlegte der erste böhmische König, Vratislav II., wegen Machtstreitigkeiten mit seinem Bruder Bischof Jaromír seine Residenz von der Prager Burg auf den Vyšehrad. Er gründete das Vyšehrader Kollegiatkapitel St. Peter und Paul, das sich zu einem bedeutenden Bildungszentrum entwickelte. Es brachte u.a. den Codex Wyssegradensis (1085) hervor, das Krönungsevangeliar Vratislavs II., eine der ältesten romanischen Buchmalereien. Ende des 11. Jahrhundert ließ Vratislav neben Kirche und Stiftsgebäuden einen romanische Palas sowie die St.-Laurentius-Basilika und die St.-Martins-Rotunde errichten.

Heute ist der Višehrad Prags 6. Bezirk: Die Kirche St. Peter und Paul im Hintergrund.

Fürst Sob?slav I. (1123–40) kehrte am Ende seiner Herrschaft auf die Prager Burg zurück. Nach rund 70 Jahren Regierungstätigkeit auf dem Vyšehrad verfiel die Burg zunehmend. Die geistlichen Einrichtungen wie das Kollegiatstift blieben erhalten. Karl IV. ließ die Anlage an die Befestigung der Prager Neustadt anschließen – nicht zuletzt auch als Andenken an seine Mutter, Königin Elisabeth, die 1330 hier verstarb. Den Hauptzugang bildete im Osten das „Spitze Tor“ (Špi

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