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Le Croisic: Wie St. Tropez ohne Touristen

Alles ist relativ, sagt Einstein (so ähnlich) – und dass sich in Le Croisic keine Touristen verirren würden, ist natürlich eine glatte Lüge. Aber so können wir uns die Côte d’Azûr vor der feindlichen Übernahme durch die internationalen Tourismusströme vorstellen. Unten am Hafen haben sich vor vielen Kneipen etwas angegraute Boy-Groups versammelt, die mit französischen Shanties und urkomischen Pantomimen um die Gunst des amüsierten Publikums buhlen.

Die bewanderte Seemänner haben viel zu erzählen.

Vor der Bilderbuchkulisse ein paar Straßen weiter seeeinwärts marschiert eine handzahme Möwe vor einem Restaurant, legt den Kopf schief und überlegt, wie sie an die besten Bissen gelangen könnte. Vor der Bilderbuchkulisse von in der Sonne strahlenden weißen Häusern mit blauen Fensterläden und windschiefen Fachwerkhäuschen spielt ein Leiermann seine Melodien und ein Großvater lässt sich die altertümliche Technik erklären.

Die Maison Guillaume André, ein großes Fachwerkhaus von 1558, steht seit 1908 durch die Anlage des kleinen Platzes Saint-Yves allein. Die Familie André war eine einflussreiche Familie im Ort, die mehrere Bürgermeister stellte. 1871 hat der Pariser Maler Charles Jacques das Haus gekauft und hier eine Reihe bekannter Künstler empfangen. „Souvenirs d`Antan“ gibt es heute in „La Maison neuve de L`isle”: zu kaufen, einem stattlichen Stadthaus mit schönem Barockportal, das vermutlich Philippe Gontier 1680 gebaut hat. Das Alte Presbyterium mit kuriosem Turm steht neben der Kirche. Dieses Pfarrhaus wurde an der Wende zwischen dem 15. und 16. Jahrhundert erbaut.

Le Croisic: die kleine Hafenstadt am Meer.

Die rechteckige Form des granitenen Baukörpers der spätgotischen Hauptkirche Notre Dame de Pitié vom Ende des 15. Jahrhunderts wird vom Turm aufgenommen, der in vier Ecktürmchen auf der Galerie und einem kleinen Kuppeldach ausläuft. Der Innenraum ist in die kräftigen Primärfarbtöne der großen Fenstermosaike des 19. Jahrhunderts mit Heiligenmotiven (Heiliger Felix, Bischof von Nantes im 6. Jahrhundert; Petrus; Christopherus) getaucht. Das moderne Chorfenster stammt von 1967. Bemerkenswert gut gearbeitet sind die Holzstatuen aus dem 17. und 18. Jahrhundert, „Unsere liebe Frau der Winde“ und ein „Ecce Homo“ im Chor sowie der „Heilige Jakobus der Ältere“ als Pilger und der „Hl. Julian von Brioude“ – ein römischer Soldat aus dem Ort in der Nähe der Loirequellen, von wo sich die Missionierung der Region ausgebreitet hat, der wegen seines Glaubens gefoltert wurde. Auch die von einem Engel, der die Trompete bläst, gekrönte Kanzel eines örtlichen Kunsttischlers ist ein oh là là wert.

Das Hôtel de Ville oder auch Hôtel d`Aiguillon nach einem ehemaligen Bewohner, ein Stadtpalast mit korinthischen Doppelsäulen vor dem Hauptportal, hat Jean Le Fauhé zwischen 1669 und 1672 errichtet. Am Hafen kann man sich schließlich noch bei der Bronze-Statue des Pierre Bouguer über französische Expeditionsgeschichte kundig machten: Der Mathematiker, Astronom und Professor der Hydrographie, gebürtig in Croisic am 10. Februar 1698, war Erfinder des Heliometers und Mitglied einer Expedition zum Äquator.

Resto-Tipp

La Bouillabaisse Bretonne

Wie der Name andeutet, hat sich dieses gemütliche Hafenrestaurant auf Seemannskost aus heimischen Gefilden spezialisiert – oder zumindest auf bretonische Art zubereitet: Die namensgebende Fischsuppe etwa wird mit fünf verschiedenen Fischsorten gereicht. Aufgrund der etwas unkonventionellen Öffnungszeiten (Wintersaison ist geschlossen, ansonsten etwa die halbe Woche) besser vorher anrufen:

+33 (0)2 40 23 06 74. 12, quai de la Petite Chambre, 44490 Le Croisic.

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