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Weiter in der Opposition

Die Grünen rechnen nach dem Scheitern der Jamaika-Gespräche mit vier weiteren Jahren in der Opposition und gehen auf Konfrontationskurs vor allem zur FDP. Zugleich hielten sie sich auf ihrem Parteitag am Samstag in Berlin aber die Möglichkeit einer schwarz-grünen Minderheitsregierung offen. Einen Antrag, der die Beteiligung an einer unionsgeführten Regierung ohne eigene Mehrheit ausgeschlossen hätte, lehnte die große Mehrheit der 800 Delegierten ab. Kritik an den Kompromissen bei den Sondierungen mit Union und FDP gab es nur vereinzelt.

Es hätte ein Parteitag des Aufbruchs werden sollen. Auf nach Jamaika. Aber daraus wurde nichts. Für die Grünen ist das schwer zu verdauen. Jetzt müssen sie wohl wieder vier Jahre warten.

Berlin (dpa) – Parteichef Cem Özdemir betonte, bei einer neuerlichen großen Koalition von Union und SPD müssten die Grünen für Klimaschutz, Menschlichkeit, Europa und Weltoffenheit einstehen. Im Parlament drohe ein Überbietungswettbewerb des Populismus von links und rechts. «Da wird es ganz zentral auf uns ankommen», rief er den Delegierten zu. Für die Grünen müsse gelten: «Erst das Land, dann die Partei», betonte Özdemir, dessen politische Zukunft ungewiss ist.

Das Jamaika-Verhandlungsteam der Grünen mit l-r dem Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter, dem Bundesgeschäftsführer Michael Kellner, dem Vorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen, Cem Özdemir, Schleswig-Holstein Umweltminister Robert Habeck, Agnieszka Brugger, der Parteivorsitzenden Simone Peter, Annalena Baerbock, der Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt, Jürgen Trittin, Britta Haßelmann, Katja Dörner, Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Reinhard Bütikofer und Die Bundestagsvizepräsidentin und Grünen-Politikerin Claudia Roth stehen am 25.11.2017 in Berlin

Der Parteitag sollte eigentlich darüber entscheiden, ob die Grünen auf Basis der Sondierungsergebnisse mit Union und FDP Koalitionsverhandlungen aufnehmen – nach dem Abbruch der Gespräche hatte sich das erledigt. Für das Scheitern machten Özdemir und andere Spitzen-Grüne vor allem die FDP verantwortlich. Deren Ausstieg aus den Gesprächen sei nicht inhaltlich, sondern taktisch begründet gewesen.

«Christian Lindner ging es um Christian Lindner», sagte Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt über den FDP-Chef. Ex-Umweltminister Jürgen Trittin nannte die FDP eine «rechte bürgerliche Protestpartei». Auch andere Grüne warnten vor einem Rechtsruck der FDP.

FDP-Vize Wolfgang Kubicki wies die Grünen-Angriffe scharf zurück. «Bei aller verständlichen Frustration über das Zerplatzen von persönlichen Karriereträumen gibt es für die verbalen Entgleisungen keine Entschuldigung», sagte Kubicki der Deutschen Presse-Agentur.

Im Fall einer neuen großen Koalition beanspruchte Trittin für seine Partei eine Führungsrolle auf der Oppositionsbank. «Dann sind wir nicht Regierung im Wartestand. Wir beanspruchen die politische Oppositionsführerschaft in diesem Lande.» Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte: «Wir sind die letzte handlungsfähige progressive linke Partei, die es in diesem Land gibt.» Die Grünen müssten bei den nächsten Wahlen «so stark sein, dass niemand mehr an uns vorbeikommt».

Özdemir forderte seine Partei auf, bei enttäuschten Wählern für die Grünen zu werben: «Lasst uns zugehen auf diejenigen, die sagen, ihr habt uns beeindruckt bei diesen Sondierungen», sagte er. «Es wäre schade, wenn wir diese Chance nicht nutzen.» Dem Teil der FDP, der weltoffen und pro-europäisch sei, würde er gern «ein Angebot machen». Auch Winfried Kretschmann, Grünen-Ministerpräsident aus Baden-Württemberg, forderte eine «Gesprächsoffensive» in Richtung FDP. Die Liberalen dürften nicht wie die österreichische FPÖ den Weg nach rechts gehen.

Die Sprecherin der Grünen Jugend, die die Jamaika-Verhandlungen von Anfang an kritisch gesehen hatte, forderte eine Rückkehr zu den Grundpositionen der Partei. Kompromisse aus den Sondierungen dürften nicht zu Leitlinien für den künftigen politischen Kurs werden. «Ab jetzt muss wieder zu 100 Prozent Grün gelten», sagte Ricarda Lang.

Der schleswig-holsteinische Umweltminister Robert Habeck warb dafür, die Debatte über die künftige Parteiführung nicht jetzt zu führen. Personalfragen und mögliche Satzungsänderungen sollten im Januar entschieden werden, sagte Habeck, der als Parteichef und damit als Nachfolger von Ödemir im Gespräch ist. Nach der bisher geltenden Satzung könnte Habeck als Landesminister nicht Bundesvorsitzender werden. Voraussichtlich Ende Januar kommen die Grünen zu einem neuen Bundesparteitag zusammen.

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