Mainz (dpa) –
Kunstschuss
Die Stimmung war bierselig. Kein Wunder, aufgrund der Meisterfeier des FC Bayern fand das Torwandschießen am 7. Mai 1994 in einer Münchner Bierburg statt. Und so kam die Idee auf, Trainer Franz Beckenbauer könnte sich den Ball doch auf ein Weißbierglas legen. «Und wir wollen jetzt zeigen, wie das geht», sagte der «Kaiser» gewohnt selbstbewusst. Er zupfte sich die dunkle Anzughose kurz zurecht und traf nach einem Schritt Anlauf den Ball mit der Innenseite. Das Glas wurde zwar festgehalten, trotzdem ergoss sich Schaum auf dem Boden. Und der Ball hoppelte tatsächlich ins untere Loch. Der jubelnde Lothar Matthäus konnte es nicht fassen. 17 Jahre später versuchte sich Thomas Müller an dem Kunstschuss, doch er scheiterte knapp. «Es war halt doch der Kaiser», sagte der Bayern-Star hinterher.
Streitgespräch
Der öffentlich ausgetragene Zoff der Kölner Christoph Daum und Udo Lattek mit den Münchnern Jupp Heynckes und Uli Hoeneß im Mai 1989 war kalkuliert, wie Moderator Bernd Heller später zugab. Es sei ein «Novum im TV» gewesen, «dass sich Gäste so gefetzt haben». Dafür gab es Kritik, aber auch Applaus. Vor allem Hoeneß und Daum kabbelten sich, «die waren ja kurz davor, handgreiflich zu werden», erinnerte sich Heller. Daum hatte die Stimmung zwischen den beiden Titel-Rivalen mit pikanten Aussagen über den Bayern-Trainer («Eine Wetterkarte zu lesen ist interessanter als ein Gespräch mit Heynckes») angeheizt, was Hoeneß überhaupt nicht gefiel. Und das ließ er den jungen FC-Coach in der Sendung auch spüren. Doch auch Daum keilte gegen Hoeneß aus: «Um das Maß an Selbstüberschätzung zu erreichen wie du, muss ich 100 Jahre alt werden.» Eine ins Studio eingeladene Hellseherin, die den Meistertitel der Bayern vorhersagte, rundete das bizarre Schauspiel ab.
Rekord
Die Erwartungen waren hoch, als Günter Netzer im Mai 1974 zum Torwandschießen antrat. Er galt schließlich als Kunstschütze und Edeltechniker, der zudem als Profi des Weltclubs Real Madrid viel Selbstbewusstsein mitbrachte. Doch Netzer murmelte vor seinem ersten Versuch: «Ich werde wohl sowieso nicht treffen.» Das tat er dann doch – und wie! Drei Bälle im unteren Loch versenkt, zwei im oberen. Mit einer bemerkenswerten Lässigkeit, die durch seine Schlaghose und Lederjacke unterstrichen wurde. Aber beim letzten Schuss zögerte Netzer kurz, der Versuch missglückte knapp. Dennoch gelangen ihm als Erstem fünf Treffer beim legendären Torwandschießen. Eine perfekte Ausbeute gelang in 60 Jahren keinem Gast. Die Weltstars Pelé, Marco van Basten und Eusébio lieferten gar eine Nullrunde ab.
Nicht-Interview
Einen Tag nach seiner Niederlage gegen den Argentinier Oscar Bonavena hatte es Halbschwergewichts-Boxer Norbert Grupe beim Sportstudio-Besuch buchstäblich die Stimme verschlagen. Auf die Einstiegsfrage des Moderators Rainer Günzler, wie er sich nach den fünf Niederschlägen fühle, antwortete der Boxer mit einer Gegenfrage: «Die waren gestern Abend, ne?» Dann verriet Grupe noch, dass es ihm heute gut gehe – und dann sagte er gar nichts mehr. Auf Fragen reagierte der spätere Schauspieler mit eisigem Schweigen, süffisantem Lächeln oder herausfordernden Blicken. «Ich bedanke mich für dieses Gespräch, es war reizend» – so verabschiedete der souveräne Günzler seinen schweigsamen Talkgast.
Affen-Theater
Cheetah war offenbar gelangweilt. Auf dem Schoß von Schwimm-Olympiasieger und Tarzan-Darsteller Johnny Weissmüller saß der Schimpanse kaum eine Sekunde still, und als ZDF-Moderator Dieter Kürten auch noch Weißmüllers Biografie hervorkramte, wurde es ihm zu bunt. Er streckte seinen langen rechten Arm aus und riss Weissmüllers Frau die blonde Perücke vom Kopf. Der verdutzte Kürten stieß ein lautes «Ups» aus und konnte sich das Lachen nicht verkneifen. Auch Maria Baumann bewies Humor und brach in grelles Lachen aus. Auch Weissmüller hatte seinen Spaß. Er stand auf, zeigte auf seine Haare und sagte ins Publikum: «Meine sind noch okay.»
Versprecher
Carmen Thomas merkte es sofort. Dass sie den Ruhrpott-Club «Schalke 05» nannte, brachte sie so sehr aus dem Konzept, dass sie gleich auch den Namen des internationalen Gegners vergaß und ihn vom Kärtchen ablesen musste. Noch in der Sendung bat die erste Moderatorin des «Aktuellen Sportstudios» um Entschuldigung – mit einem kleinen Seitenhieb: «Die ganzen ernsthaften Fußballfans können jetzt wieder aus ihrer Ohnmacht erwachen.» Bei einem Mann hätte sich die Aufregung wohl auch schnell gelegt. Nicht aber bei Thomas, die in der bis dahin klassischen Männerdomäne Sportjournalismus einen steinigen Weg gehen musste. Ihre Nachfolgerinnen wie Dunja Hayali oder Katrin Müller-Hohenstein sind ihr dafür dankbar.