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Warum fehlendes Finanzwissen verheerend sein kann

Ob Versicherungen, Altersvorsorge oder Immobilienfinanzierung: Viele Menschen haben keine Ahnung von Geld. Das ist fatal. Wer daran etwas ändern möchte, sollte vor allem einen Ratschlag beherzigen.

Geld haben und keines verlieren, das möchten fast alle. Aber sich mit Geld beschäftigen? Das tun eher wenige. Deshalb gibt es beim Wissen über Finanzen große Lücken.

Zwar hält die große Mehrheit (88 Prozent) gute Kenntnisse in diesem Bereich für sehr wichtig, zeigt eine repräsentative Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der MLP School of Financial Education. Doch das Interesse am Thema ist bei fast der Hälfte (46 Prozent) weniger groß. Bei rund jedem Siebten (14 Prozent) ist es kaum oder überhaupt nicht vorhanden. Und das merkt man.

Mangelhaftes Finanzwissen sei weit verbreitet, kommentiert die MLP Finanzberatung die Ergebnisse. Das betreffe vor allem die Themen Rente, Inflation, Erbschaft und Immobilienfinanzierung.

Zwei Beispiele: Jeder Dritte überschätzt sein Rentenniveau. Und jeder Vierte glaubt fälschlicherweise, dass mit einer sicheren Geldanlage auf dem Tagesgeldkonto mehr Rendite möglich ist als an der Börse.

Lücken in der Schule, Tücken in der Sprache

Dabei haben Alter, Geschlecht und Bildungsgrad keinen großen Einfluss auf den Wissensstand. Wie sind diese Defizite zu erklären? Das Thema persönliche Finanzen wird in der Schule normalerweise nicht behandelt. Später fällt es vielen dann schwer, hineinzufinden.

Susanne Meunier von der Stiftung Warentest sieht hier einen Grund in der komplizierten Sprache der Versicherungs- oder Finanzbranche. «Man versteht oft erst gar nicht, worum es geht», sagt die Finanzexpertin. «Da ist es naheliegend, dass man sich abwendet.»

Hinzu kommen bequeme psychologische Denkfehler, die zur Untätigkeit verleiten, gerade bei der Altersvorsorge. In «Das einzige Buch, das du über Finanzen lesen solltest» zählen Thomas Kehl und Mona Linke von «Finanzfluss» gängige Fehlannahmen auf. Drei Beispiele:

  • «Die Politik wird schon für mich sorgen»: Der Staat kümmert sich in vielen Belangen um seine Bürger. Doch bei der Altersvorsorge hat er mit schlecht verzinsten Produkten wie der Riester-Rente bewiesen, dass man sich in Sachen Geld nicht auf ihn verlassen sollte.
  • «Was alle machen, wird schon richtig sein»: Jeder Dritte nutzt noch immer ein Sparbuch für die eigene Geldanlage. Doch nur weil viele sich dazu entscheiden, ist das noch keine gute Wahl. Es gibt kaum Zinsen, die Inflation frisst das Ersparte auf.
  • «Geld hat die Welt zu einem schlechteren Ort gemacht»: Das Streben nach Besitz und Vermögen gilt vielen als unschicklich oder sogar moralisch verwerflich. Deshalb wird es gemieden.

Warum man sich um seine Finanzen kümmern sollte

Die Konsequenzen fehlenden Finanzwissens können fatal sein. Ohne eine Privathaftpflichtversicherung etwa ist man im Ernstfall ruiniert. Auch eine fehlende Auslandsreisekrankenversicherung kann einen bei einer Erkrankung im Urlaub richtig teuer zu stehen kommen.

Wahrscheinlicher aber ist, dass man einfach Geld liegen lässt. Ein Beispiel ist die Steuererklärung: «Viele machen sie nicht, weil sie nicht müssen», sagt Susanne Meunier. «Dabei würden sie Geld zurückbekommen.» Im Jahr 2018 gab es im Schnitt 1072 Euro vom Finanzamt zurück.

Noch drastischer sieht es langfristig aus, bei der privaten Vorsorge fürs Alter. Hier kann man richtig viel Geld auf der Strecke lassen, wenn man sich schlechte Produkte andrehen lässt. «Wer unwissend ist, läuft Gefahr, sich etwas aufschwatzen zu lassen», sagt Meunier.

Dabei seien die Themen Geldanlage und Altersvorsorge eigentlich relativ unkompliziert, sagt die Expertin. Ein Tagesgeldkonto für den Notgroschen und ein ETF-Sparplan seien schnell eingerichtet. «Wichtig ist, dass man überhaupt anfängt, und zwar möglichst früh.» Denn dann macht sich der Zinseszinseffekt umso stärker bemerkbar.

«Es geht um die eigene Absicherung, um die eigene Zukunft – das Thema Finanzen ist ganz wichtig», fasst Meunier zusammen.

Cui bono: Wer wird von wem bezahlt?

Bei der Suche nach geeigneten Informationsquellen zu Finanzthemen ist vor allem eine Frage wichtig: Wie unabhängig ist die Beratung?

Anlageberater, die für den Verkauf bestimmter Produkte eine Provision kassieren, unterliegen einem Interessenkonflikt, heißt es im «Handbuch Geldanlage» der Stiftung Warentest. «Wenn jemand von Provisionen lebt, ist es naheliegend, dass er nicht das günstigste oder beste Produkt verkauft», sagt Susanne Meunier.

Der Auftraggeber der Allensbach-Umfrage, der so nachdrücklich das fehlende Finanzwissen in der Bevölkerung beklagt, ist womöglich selbst nicht der beste Ratgeber. Die MLP Finanzberatung arbeitet nämlich ebenfalls auf Basis von Provisionsvergütungen. Das kritisiert etwa auch der unabhängige Verein Finanzwende.

So nennt die MLP die private Rentenversicherung «sogar in Zeiten niedriger Zinsen eine sinnvolle Form der Altersvorsorge», wie es auf der Website heißt. Die Verbraucherzentrale Hamburg dagegen hält dieses Produkt für nicht empfehlenswert. Bemängelt werden hohe Kosten, schmale Renditen und völlig intransparente Verträge.

Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, sich wirklich unabhängig über das Thema Finanzen zu informieren. Susanne Meunier von der Stiftung Warentest empfiehlt folgende Anlaufstellen:

  • Verbraucherzentralen bieten Beratung an, die zwar etwas kostet, aber unabhängig von den Interessen der Finanzindustrie ist.
  • Die Deutsche Rentenversicherung bietet Video-Beratung zu den Themen Rente und private Altersvorsorge.
  • Unabhängige Versicherungsberater arbeiten auf Honorarbasis.
  • Nach Arbeitszeit bezahlte Honorarberater helfen auch bei der Geldanlage.

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