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Vom Nachtclub zur E-Sport-Schaltzentrale

Hunderttausende sehen über Twitch die E-Sport-Übertragungen, für die Spiele-Entwickler Riot Games einen neuen Regie-Standort schafft. Ausgerechnet im kleinen Irland, weit entfernt von großen Turnieren.

Egal ob das LEC-Studio in Berlin, der LoL Park im koreanischen Seoul oder Hallen in der ganzen Welt: E-Sport-Fans kennen die Orte, in denen Riot Games die eigenen Turniere in den Disziplinen «League of Legends» oder «Valorant» austrägt. Weniger bekannt ist jedoch ein Gebäude im Norden der irischen Hauptstadt Dublin, in dem sich das Unternehmen Mitte 2022 niedergelassen hat.

Hinter einer unscheinbaren Fassade verbirgt sich der Dreh- und Angelpunkt der internationalen E-Sport-Übertragungen. Einen verlassenen Nachtclub im Vorort Swords hat Riot in sechs Monaten in «Project Stryker» umgebaut. Geblieben ist eine gigantische Discokugel über der ehemaligen Tanzfläche. Statt Partygängern sitzt hier heute Fachpersonal, dass sich darum kümmert, wie die weltweit veranstalteten professionellen Videospiele-Wettbewerbe auf den eigenen Bildschirmen aussehen. Über Online-Streamingplattformen wie Twitch oder Youtube schalten regelmäßig Hunderttausende Fans die Live-Streams ein, die hier in Dublin choreografiert werden.

Nach Riots Angaben kostete das Projekt rund 15 Millionen Euro. Auf knapp 4500 Quadratmetern ist von Regie und Ton bis hin zu Observern – also den Menschen, die den Bildausschnitt im Spiel kontrollieren – beinahe die ganze Produktion unter einem Dach vereint.

Wo sich Spieler und Publikum eigentlich befinden, spielt dabei keine Rolle mehr. Selbst aus dem knapp 9000 Kilometer entfernten São Paulo, wo vor kurzem das Valorant-Turnier «Lock//In» stattfand, wurden alle Signale einzeln zur Produktion nach Dublin übertragen.

«Oft ist die Remote-Produktion negativ konnotiert – dass es eine große Verzögerung gebe und man vor Ort sein müsse. Aber für die Regie macht das keinen Unterschied», sagt Alex Rybalko, der den Standort als Engineer-in-Charge leitet.

Selbst bei großen Distanzen zwischen Veranstaltungsort und Produktion hält sich die Verzögerung des Streams in Grenzen. Kameras und Netzwerkausrüstung werden von Irland aus an den Veranstaltungsort verschickt. Über Riots eigenes Netzwerk, das auch die Server der eigenen Spiele trägt, benötigen die Signale nur Sekundenbruchteile.

Mit der Produktion aus der Ferne wolle Riot die Arbeitsabläufe einfacher machen. Statt Techniker um die zu Welt schicken, können sie wie gewohnt zur Arbeit pendeln. Viel ändere sich sonst nicht.

Weit entfernte Großveranstaltungen wie die Fußball-WM in Katar haben auch die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ARD und ZDF bereits aus der Distanz produziert. Mit den komplett neuen, fest verankerten Standorten rund um die Welt will Riot künftig für alle Turniere auf dieses Konzept setzen. In Zukunft soll auch Cloudtechnik immer mehr zur Produktion beisteuern, so haben einige derzeit noch ungenutzte Regieräume sogar nicht einmal komplexe Schaltpulte.

Das nicht unbedingt für E-Sport bekannte Irland sei für Riot eine logische Wahl gewesen. Eine Beratungsfirma habe anhand von Kriterien wie Infrastruktur, wirtschaftlicher Bedingungen oder der Anzahl an Fachkräften eine Auswahl erstellt. «Für die europäische Zeitzone stand Dublin immer an der Spitze», sagt Allyson Gormley, General Manager des Projekts.

So seien dank der vielen Technologieunternehmen vor Ort die globalen Netzverbindungen in Dublin besonders stark. Auch Riots europäischer Hauptsitz in Irland habe in der Corona-Pandemie geholfen. «Wir hatten in Amsterdam oder Madrid keinen Sitz. In Dublin konnte ich dagegen selbst während der Pandemie passende Orte besichtigen», sagt Gormley.

Obwohl sich am Regiebetrieb abgesehen vom Standort nur wenig ändert, ist Riot betont stolz auf das eigene Großprojekt. Ein Spruch an der Wand des Foyers spricht von «The Future of Sport», wobei der Buchstabe E vor dem Sport mit Absicht fehlt. «Es ist nicht nur die Zukunft des E-Sports, sondern etwas, auf das die ganze Industrie schauen wird. Es ist so neu und innovativ», sagt Rybalko.

Wie bereits das Lock//In-Turnier wird auch die europäische Valorant-Liga in Irland produziert. Auf dem Berliner Messegelände befinden sich neben Spielern und Kommentatoren nur noch Kameras, die ihre Streaming-Signale auf direktem Weg Richtung Irland einspeisen. Ein weiteres «Projekt Stryker» für Turniere in Nord- und Südamerika entsteht außerdem im US-amerikanischen Seattle.

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