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«Verbindung fällt aus» – Mutmaßlicher Anschlag sorgt für Zugausfälle

In der Nacht zu Freitag brennen mehrere Kabelschächte an Bahnstrecken in Hamburg. Die Folgen für Zugpassagiere sind gravierend. Könnten Zäune an allen Bahnstrecken helfen?

Ein mutmaßlicher Brandanschlag in Hamburg hat den Fernverkehr der Deutschen Bahn zwischen Hamburg und Berlin schwer beeinträchtigt. Ausgerechnet kurz vor dem Wochenende, wenn viele Pendler unterwegs sind, fielen zwischen den beiden Millionenstädten mehr als ein Dutzend Züge aus. Das ganz große Chaos an den Hauptbahnhöfen in Hamburg und Berlin blieb allerdings aus. Die schlechte Nachricht für alle Reisenden: Eine Wiederaufnahme des regulären Verkehrs zwischen Hamburg und Berlin ist voraussichtlich erst im Laufe des Samstagmorgens möglich.

In der Nacht zu Freitag wurden der Polizei zufolge an drei Stellen im Hamburger Stadtgebiet Kabelschächte an Bahnstrecken in Brand gesetzt. «Das LKA 73 geht von vorsätzlichen Brandlegungen aus und hat die Ermittlungen aufgenommen», hieß es. Die Ermittler gehen von einem politischen Motiv aus. Auf der linken Plattform Indymedia tauchte ein Bekennerschreiben auf. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) forderte ein konsequentes Durchgreifen des Rechtsstaats. «Solche Anschläge sind eine Form von Terrorismus», sagte Wissing.

Ausfälle im Nah- und Fernverkehr

Bereits bis zum frühen Nachmittag fielen der Deutschen Bahn zufolge 30 Züge komplett oder teilweise aus. Viele weitere sammelten auf ihrem Weg reichlich Verspätung. Die Fernverkehrszüge wurden teilweise über Uelzen umgeleitet. Alternativ mussten die Fahrgäste Verbindungen mit Umstieg in Hannover nehmen. Auch Nahverkehrsverbindungen sowie der Fernverkehr zwischen Hamburg und Rostock waren von den Anschlagsfolgen betroffen.

Fahrgäste beklagen schlechte Information

An den Hauptbahnhöfen in Hamburg und Berlin war die Stimmung durchwachsen. Viele Reisende harrten dort aus und warteten auf jene Züge, die trotz aller Probleme noch fahren konnten. «Natürlich bin ich genervt, aber es nützt ja nichts, mir den Tag mit schlechter Laune zu verderben. Die Bahn kann ja nichts dafür, das macht es einfacher», sagte etwa ein 33-Jähriger in Berlin. Viele beklagten, dass die Organisation und Information vonseiten der DB nicht gut war.

Andere Reisende wiederum wichen auf andere Reisemöglichkeiten aus. «Wir sehen zwischen Hamburg und Berlin eine erhöhte Nachfrage nach Flixbus-Tickets», sagte ein Flix-Sprecher der dpa. Auch die Autovermietungen berichteten von größerer Nachfrage.

Fahrgäste können andere Züge nutzen

Bei größeren Verspätungen oder Zugausfällen haben Bahnreisende bestimmte Rechte. Sie können etwa ihre Fahrkarte zu einem anderen Zeitpunkt und auch über eine andere Streckenführung zum Ziel nutzen oder sich den Ticketpreis erstatten lassen. Auch auf Mahlzeiten und Erfrischungen können sie je nach Wartezeit pochen. Darauf wies die Bahn auch bei X, früher Twitter, die Fahrgäste hin: Zugbindungen seien teils aufgehoben, einige Tickets auch am Samstag noch gültig.

Eher mau sind nach Einschätzung von Juristen im aktuellen Fall die Aussichten auf zusätzliche Entschädigungen, die einem sonst oft bei Verspätungen ab mehr als einer Stunde zustehen. Der Hintergrund dafür: Der mutmaßliche Brandanschlag ist ein Eingriff Dritter und damit außerhalb des Einflussbereichs der DB. Der bundeseigene Konzern verurteilte den Brandanschlag «auf das Schärfste».

Forderung nach mehr Zäunen an Bahnstrecken

Angriffe auf die Bahn-Infrastruktur gibt es immer wieder. Besonders folgenreich waren zwei Angriffe am 8. Oktober 2022, bei denen in Herne in Nordrhein-Westfalen sowie in Berlin unverzichtbare Kabel für den Zugfunk beschädigt wurden. Über Stunden stand daraufhin der Schienenverkehr in weiten Teilen Norddeutschlands still. Aufsehen erregte damals, dass zwei kritische Punkte im Bahnnetz gleichzeitig betroffen waren. Bundesverkehrsminister Wissing und die Bahn sprachen von Sabotage. Ob es tatsächlich ein politisches Motiv gab, war zuletzt aber noch offen.

Der Bahn-Experte Markus Hecht sprach sich dafür aus, mehr Bahnstrecken einzuzäunen. In anderen Ländern würde das auch so gemacht, sagte er der dpa. «Das würde die Betriebsstabilität schon erhöhen.» Die Bahn wies die Forderung zurück, das Einzäunen des gesamten Streckennetzes mit rund 34 000 Kilometern Länge sei nahezu unmöglich. Hecht kritisierte auch, dass es bei den Signalkabeln an den meisten Stellen keine Redundanzen gebe – wenn ein Kabel beschädigt wird, gibt es also kein zweites, über das der Betrieb weitergeführt werden kann. Insgesamt könne er nicht erkennen, dass sich bei diesen Sicherheitsfragen in den vergangenen Jahren bei der Bahn etwas verändert habe.

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