Athen (dpa) – Mit Spannung wird am Mittwoch die nächste Abstimmung über Reformmaßnahmen im griechischen Parlament erwartet. Der Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras könnte dieses Votum zum Verhängnis werden. Denn bereits vergangene Woche hatte er bei einer Abstimmung über Rentenreformen und Mehrwertsteuererhöhungen mit Schrecken zusehen müssen, wie ihm 39 Abweichler die Zustimmung verweigerten. Trotz stark entschärfter Tagesordnung erhöhten enge Mitarbeiter Tsipras‘ den Druck auf potenzielle Abweichler, den Regierungschef zu unterstützen.
Die Mehrheit der Regierung schrumpfte bei der letzten Abstimmung von 162 auf 123 Abgeordnete im Parlament mit 300 Sitzen. Tsipras agiert praktisch nur noch mit einer Minderheitsregierung, die von der konservativen, sozialistischen und liberalen Opposition geduldet wird.
Um keine weiteren Abweichler auf den Plan zu rufen, änderte die Regierung überraschend die Tagesordnung für die Parlamentsdebatte. So strich sie die ursprünglich vorgesehene Abstimmung über die Abschaffung fast aller Steuervergünstigungen für die griechischen Bauern. Die Maßnahme war höchst umstritten. Abgeordnete aller Parteien aus ländlichen Regionen kündigten an, sie würden diesem Gesetz auf keinen Fall zustimmen. Auch weitere Details der Rentenreform sollen entgegen früheren Planungen nicht bei dieser Sitzung, sondern erst Anfang August behandelt werden, wie es aus Regierungskreisen hieß.
Am Mittwochabend soll nun lediglich über Gesetze zur Modernisierung des Justizsystems und des Bankenwesens abgestimmt werden. Die wichtigste Konsequenz des ersten Gesetzes ist, dass säumige Zahler ihre Wohnungen und Häuser verlieren können, wenn sie weiterhin nicht rechtzeitig ihre Zins- und Tilgungsraten an die Banken zahlen. Mit dem Banken-Modernisierungsgesetz soll einerseits garantiert werden, dass Spareinlagen bis 100 000 Euro gesichert sind. Bei Geldeinlagen über 100 000 Euro sollen sich Sparer zusammen mit den Aktionären an der Rekapitalisierung der Banken beteiligen.
Tsipras-Vertraute arbeiteten am Dienstag mit Hochdruck daran, die Abgeordneten der eigenen Partei Syriza einzuschwören und einige Abweichler umzustimmen. Der Sprecher der Syriza-Parlamentsfraktion, Nikos Filis, drohte im Rundfunk: «Wenn wir am Mittwoch nicht mindestens 120 Stimmen bekommen, werden wir so nicht weiter regieren können.»