Santa Barbara (dpa/tmn) – Nach Jahren von Spekulationen und Kunden-Nachfragen ist es so weit: Die Lautsprecher-Firma Sonos ist ins Kopfhörer-Geschäft eingestiegen. Beim Debüt-Modell mit dem Namen Ace will Sonos in einem Markt mit vielen alteingesessenen Rivalen vor allem durch Sound-Qualität und Tragekomfort punkten. Mit einem Preis von 499 Euro setzt die US-Firma dabei gleich am oberen Ende des Marktes an. Und das, obwohl einige Software-Funktionen, von denen Käufer mit Sonos-Lautsprechern profitieren sollen, nicht fertig sind.
Schon wenn man die Sonos-Kopfhörer zum ersten Mal in der Hand hält, ahnt man, dass sie bequem auf dem Kopf sitzen werden: Polster auf den großen Ohrmuscheln, Polster auf dem Bügel. Die Ohrmuscheln sind aus leichtem Kunststoff geformt. Sie lassen sich an ihren Metallstreben drehen und haben etwas Spiel seitwärts – so passt sich der Ace auf natürliche Weise an verschiedene Kopfformen an.
Zusammen mit einem Gewicht von 318 Gramm sorgt das alles dafür, dass man die Kopfhörer lange komfortabel tragen kann. Sonos’ Ace wiegt damit zwar mehr als Konkurrenz-Modelle etwa von Sony oder Bose – aber knapp 70 Gramm weniger als Apples AirPods Max mit ihren Aluminium-Ohrmuscheln. Zwar habe auch Sonos Aluminium als Material erwogen und könnte später noch darauf zurückkommen, wie Chefingenieur Tristan Taylor sagt: «Aluminium ist so ein interessantes Material!» Allerdings habe man sich vorerst angesichts des Gewichts-Unterschieds für Plastik entschieden.
Abschotten oder Mithören: Beides geht – und der Sound leidet nicht
Die Ohrmuscheln allein blenden einiges an Umgebungslärm aus – die aktive Geräuschunterdrückung erledigt den Rest. Sonos platziert jeweils vier Mikrofone auf jeder Kopfseite. Sie nehmen Umgebungsgeräusche auf und ermitteln störende Einflüsse, die dann mit entgegengesetzten Schallwellen neutralisiert werden.
Das funktioniert neben klassischen Anwendungsfällen wie Flugzeug und Zug auch bei Haushaltslärm wie Waschmaschine und Geschirrspüler. Auf die Tonqualität hat die Geräuschunterdrückung keinen hörbaren Einfluss: Die Software gleicht dafür die betroffenen Frequenzen aus. Für Situationen, in denen man auch die Umgebungsgeräusche hören will, gibt es – ähnlich wie etwa bei Apples AirPods – den «Aware»-Modus, der sie teilweise durchlässt.
Rundum-Klang ist da, «wahrer Kinoklang» ist aber erstmal ein Versprechen
Die 40-Millimeter-Treiber für die «Ohrlautsprecher» wurden speziell nach Sonos-Vorgaben entwickelt und von Toningenieuren der Firma eingestellt. Das Ergebnis ist ein satter, ausgeglichener Sound. Die Bässe sind tief, zugleich klingen die hohen Frequenzen klar definiert. Auch bei Streaming-Musik kommen die feinsten Details durch. Insbesondere bei 3D-Audio etwa im Format Dolby Atmos erzeugt der Ace ein Rundum-Klangpanorama. Das gilt auch für Filme und Spiele. Dreht man den Kopf, kann der Sound an den Mittelpunkt – also etwa an das Display – «angeheftet» bleiben
Mit der angekündigten Funktion TrueCinema soll sich der Rundum-Sound beim Fernsehen so natürlich anfühlen als hätte man gar keine Kopfhörer an. Sie soll allerdings erst im weiteren Jahresverlauf verfügbar sein. Sonos lässt schon seit Jahren die Klang-Einstellungen der Lautsprecher an die Besonderheiten des Wohnraums anpassen. TrueCinema soll das Prinzip auf die Kopfhörer ausweiten.
Synergie-Effekte mit anderen Sonos-Geräten sind noch gering
Zunächst profitieren nur Besitzer der Sonos-Soundbar Arc davon, einen Kopfhörer vom selben Anbieter zu haben. Der Ace kann sich mit einem Knopfdruck direkt mit der Soundbar verbinden und den Ton vom TV-Gerät abspielen. Das ist zum Beispiel für Fälle gedacht, wenn es im Haus leise sein soll, etwa wenn Kinder schon im Bett sind. Die 3D-Soundinformationen werden dabei auf der Soundbar entschlüsselt und per WLAN statt Bluetooth übermittelt. Für die günstigeren Soundbar-Modelle wie Beam oder Ray soll die Funktion später folgen.
Bei der Bedienung entschied sich Sonos für Knöpfe statt Touch-Steuerung, mit der manche Konkurrenten experimentieren. An der linken Ohrmuschel ist der Ein- und Ausschalter. Auf der rechten sitzt ein Knopf, mit dem man schnell zwischen Geräuschunterdrückung und «Aware»-Modus springen kann – sowie ein Multifunktions-Button.
Mit einem kurzen Druck darauf kann man die Musikwiedergabe starten oder stoppen, durch Schieben nach oben oder unten stellt man die Lautstärke ein. Die Bedienung leuchtet damit schnell ein – auch wenn sie nicht ganz so intuitiv ist wie bei den AirPods Max mit ihrem Drehregler für die Lautstärke.
Lange Batterielaufzeit, Kunden-Ärger mit der App
Sonos wirbt für die Kopfhörer mit 30 Stunden Musikwiedergabe – und die Batterie hält tatsächlich sehr, sehr lange. Verpasst man deshalb den Moment, sie aufzuladen, sollen drei Minuten an der Steckdose für drei Stunden Laufzeit sorgen.
Sonos brachte für die Kopfhörer eine neue Version seiner App heraus. Die radikale Erneuerung brachte eine deutlich vereinfachte Bedienung mit sich. Aber zugleich gingen gerade bei treuen Nutzern beliebte Funktionen wie der Wecker plötzlich nicht mehr.
Sonos hat versprochen, sie im Laufe des Jahres wiederherzustellen. Für die Ace-Kopfhörer unterdessen ist die App vor allem zum Ändern einzelner Einstellungen nützlich – zur Musikauswahl muss man in die Anwendungen der Streaming-Anbieter gehen. Bei den Sonos-Lautsprechern dagegen kann man die Streaming-Dienste hingegen direkt in die Hersteller-App einbinden.
Fazit: Der Ace ist ein mehr als gelungenes Debüt in einem Markt mit starken Rivalen wie Apple, Bose und Sony. Sonos kann vor allem bei der Soundqualität und Tragekomfort auch in dem Hochpreis-Segment, für das sich die Firma entschieden hat, absolut mithalten. Die App erfordert noch einige Arbeit – aber die Hardware, die Jahre halten kann, stimmt.