«Innerhalb von sieben Jahren scheitern 50 Prozent unserer Alltagsfreundschaften», sagt Psychotherapeut Wolfgang Krüger aus Berlin. Für den Buchautor und Freundschaftsexperten sind wir insofern häufig in der Situation, dass wir gern wieder den Kontakt zu früheren Freunden aufgreifen wollen. «Wir werden es nur dann nicht tun, wenn es in einer Herzensfreundschaft zu einem Zerwürfnis kam», sagt der Autor von «Freundschaft beginnen, verbessern, gestalten» im Interview.
Herr Krüger, wie nehme ich Kontakt zu einer alten Freundschaft wieder auf, und wie gehe ich damit um, wenn die Person weniger Interesse zeigt?
Wolfgang Krüger: Das ist ganz einfach. Sie rufen den anderen an oder schreiben eine E-Mail und teilen mit, dass Sie ein Interesse haben, miteinander zu reden oder sich zu treffen. Sinnvoll ist es mitunter, dass Sie zuvor etwas über jene Zeit des anderen erfahren, die inzwischen vergangen ist: Was macht er beruflich, hat er Bücher geschrieben, ein Haus gebaut, ist umgezogen? Das erfährt man heutzutage leicht aus dem Internet.
Es ist selten, dass Menschen bei einer solchen Kontaktanfrage kein Interesse haben. Wenn es aber doch passiert, sollte ich wissen: Das hat nichts mit mir zu tun. Vielleicht hat der andere keine Zeit, ist schlecht gelaunt, hat Eheprobleme oder es gab damals eine Entfremdung, die nicht zu heilen ist.
Sollte ich Konflikte oder Missverständnisse aus der Vergangenheit ansprechen – ohne dabei alte Wunden aufzureißen?
Krüger: Es ist kommt ja immer darauf an, wie es zu dem Kontaktabbruch kam. Meist sind es äußere Ereignisse. Man zieht in eine andere Stadt, heiratet, bekommt Kinder, baut ein Haus und hat wenig Zeit bzw. die Bindung ging verloren. Oder man war krank, befand sich in einer Trennung und hatte keine Kapazitäten für eine Freundschaft. Dann ist es leicht diese Freundschaft wiederzubeleben, weil es äußere Belastungen waren.
Schwierig ist es nur, wenn es eher Konflikte waren, die mit der Persönlichkeit beider zusammenhingen. Hier kann ein Neuanfang nur gelingen, wenn man darüber redet, vor allem, wenn beide sich ändern. Weil dies häufig nicht der Fall ist, scheitern Freundschaften dann auch oft beim zweiten Anlauf.
Wie erkenne ich, ob es sich lohnt, weiter in die Freundschaft zu investieren – oder ob Loslassen gesünder wäre?
Krüger: Das merke ich spätestens nach einigen Monaten. Ich habe selbst vor Jahren einen Feldversuch gemacht und habe alle Freunde und Freundinnen angeschrieben, wo die Beziehung auseinanderging oder im Sande verlief.
Das Ergebnis war interessant: 30 Prozent der Beziehungen existieren heute noch. 30 Prozent gingen auseinander, weil es kein Interesse mehr gab. In 40 Prozent der Fälle gab es Konflikte, die auch diesmal nicht zu klären waren. Insofern ist es wichtig zu wissen, dass etliche Freundschaften auch beim zweiten Anlauf scheitern können, ohne dass dies mit mir zu tun hat.



