Ratgeber

So wenig Zeit bleibt, um aus untergehendem Auto zu kommen

München (dpa/tmn) –

Die Autofahrt entlang eines sich durch die Landschaft schlängelnden Flusses oder auf einer Straße ganz nah am Seeufer – traumhaft! Doch sie kann Umständen schnell zum Horror werden, wenn das Auto bei einem Unfall oder anderem Manöver ins Wasser gerät.

Dann bleibt nur ganz, ganz wenig Zeit, um sich aus dem Fahrzeug zu befreien. Das zumindest ist das Ergebnis eines ADAC-Versuchs. Der Autoclub versenkte mehrfach zwei Testautos auf einem Bundeswehrgelände in einem mehrere Meter tiefen Durchfahrtbecken für Panzer. Der elektrische Citroën ë-C4 ging in etwa drei Minuten unter, bei dem Seat Exeo dauerte es nur rund eine Minute länger.

Wie kommt man schnell aus dem sinkenden Auto?

Doch wie befreit man sich am besten aus sinkenden Autos? Das wollte der ADAC wissen, weswegen ein speziell ausgebildeter Taucher an Bord blieb und im Sinken verschieden Methoden ausprobierte.

Aber nur eine Möglichkeit ist dem Ergebnis nach sinnvoll: Ruhe bewahren, aber so schnell wie möglich – gleich nachdem das Auto auf dem Wasser aufgekommen ist – das jeweils nächstgelegene Seitenfenster öffnen, sich aus dem Gurt befreien (dazu am besten auch einen Gurtschneider an Bord haben) und auf diesem Weg herausklettern.

Eine Horrorvorstellung: Ein elektrischer Fensterheber könnte aufgrund von Wassereinbruch defekt geworden sein. Bei modernen Autos seien die Steuerungssysteme aber zumindest so wasserdicht, dass sie die Funktion eine Zeit lang gewährleisten.

Beim E-Auto im Test zeigten nach dem ersten Tauchgang weder das Hochvoltsystem Auffälligkeiten noch die Bordelektrik. Bei älteren Autos aber könnte ein Kurzschluss zwar schneller kommen, aber das Wasser muss diese Teile auch erst einmal erreichen – und es gilt ja: so schnell wie möglich raus.

Fenster geht nicht mehr auf – Einschlagen ist einzige Chance

Gehen die Seitenscheiben aber nicht auf, muss man versuchen, diese einzuschlagen. Der ADAC rät daher, grundsätzlich einen Nothammer in Kombination mit einem Gurtschneider im Auto griffbereit zu haben. Ist der nicht da, können Alternativen helfen – etwa die Metall-Steckverbindungen einer herausgezogenen Kopfstütze oder ein anderer schwerer oder spitzer Gegenstand im Auto.

Wichtig: Am besten damit in eine Ecke der Scheibe schlagen. Vereinfacht ausgedrückt, ist sie dort nicht mehr so gut in der Lage, die auf sie wirkenden Kräfte auszugleichen, wie etwa beim Schlagen in die Mitte – und geht schneller kaputt. Das hat auch im Test gut funktioniert.

Doch: Das Einschlagen der Seitenscheiben ist im Test nur gelungen, wenn das Auto keine Doppelverglasung hatte. Dann hilft als einzige Alternative bei verschlossenen Fenstern: Der Weg nach hinten durch eine Heckscheibe, die ist in der Regel einfach verglast.

Aber das ist schwierig und sollte ebenfalls schnell gehen: Denn das Auto versinkt mit dem Motor vorn weiter – steil – nach unten. Man klettert immer weniger nach hinten, dafür immer mehr nach oben. Und Gepäck und andere Gegenstände können den Weg zusätzlich versperren.

Nicht versuchen, die Frontscheibe einzuschlagen

Und auch noch wichtig: Nicht versuchen, die Frontscheibe einzuschlagen: «Das ist insofern nicht empfehlenswert, da Frontscheiben in der Regel immer aus Verbundglas gefertigt und entsprechend kaum zerschlagbar sind», erläutert ADAC-Sprecher Fabian Faehrmann. «Noch dazu würde bei einem Zertrümmern der Scheibe schlagartig viel Wasser ins Fahrzeuginnere geraten und das Auto noch schneller sinken.»

Bekannt aus Film und Fernsehen – funktioniert’s in der Realität?

Oft sieht man es in Filmen oder bekommt den Tipp: über die Türen aus dem Auto zu kommen. Das ist aber nicht ratsam. Denn auch im ADAC-Versuch waren diese beim versinkenden Auto erst gar nicht aufzubekommen. Und als der Innenraum unter Wasser war und ein Druckausgleich stattgefunden hatte, war es dem Taucher im Neoprenanzug und mit Atemluft nur unter «größter Kraftanstrengung» möglich, die Türen aufzubekommen.

Zu dem Zeitpunkt war der Taucher aber auch schon 1,5 Minuten unter Wasser gewesen. Für normal Verunfallte – dazu noch unter Stress oder gar verletzt – sieht der ADAC dabei kaum Überlebenschancen.

Seitenfenster aus Verbundglasscheiben oder mit Doppelverglasung haben laut ADAC das Kürzel «XI» aufgedruckt. Weitere Hinweise auf die Bauformen finden sich zudem in der Rettungskarte des jeweiligen Autos, die es auf den Seiten der Autohersteller, denen von Prüfgesellschaften oder auch online beim ADAC gibt.

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