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Schräg, schrill und blutig

Nichts für Menschen mit schwachen Nerven: Die Horror Nights im Europa-Park Rust bringen Besucher an ihre Grenzen – Angst und Schrecken in fünf Horror-Häusern und drei Scarezones.

Der Weg ist schmal und finster. Sehr finster. Nur ein paar Lichtblitze anderer Szenarien erhellen kurz die Nacht. Rauch zieht auf. Mich

fröstelt, obwohl ich in meiner Winterjacke warm eingepackt bin. In den Nebelschwaden sind menschliche Umrisse zu erkennen. Menschlich? Wohl eher doch nicht! Sie kommen langsam näher, schlurfend und hinkend. Mist! Das sieht nicht gut aus. Vielleicht war es doch ein Fehler, hierher zu kommen. Die Kreaturen sind fies, sehen aus, als hätten sie mit Freddy Krüger, Jason und Michael Myers eine nicht ganz so fröhliche Party gefeiert. Blut tropft ihnen aus dem Mund, Hirn aus dem Kopf und ihre ekeligen Grunzlaute sind alles andere als ein Ohrenschmaus.

Zombies im Europa-Park Rust. Wer will mit ihnen kuscheln?

Ich spüre mein Herz im Hals pochen. Meine Hände sind nass. Ich bade quasi im Adrenalin. Meine linke Hand sucht nach der Fernbedienung. Wo ist die verdammte Pausen-Taste? Auch die Hand vor Augen bringt jetzt nicht die Wende – der Horror ist echt, real, spürbar, hörbar.

Augen zu und durch
Horror-Filme im Fernsehen schauen macht Spaß. Zumindest kann man abschalten, falls es zu heftig wird. Auf diesem verlassenen, finsteren Weg ist kein Entkommen möglich. Hier gilt die Devise „Augen zu und durch“ – und das wortwörtlich.

Wer sich gerne gruselt, muss die Horror Nights im Europa-Park Rust einfach gesehen haben. Keine Geisterbahn, kein Kino- oder Fernsehfilm können dieses außergewöhnliche Ereignis toppen. Wo tagsüber familienfreundliche Unterhaltung angesagt ist, wird es an den Abenden von Ende September bis Anfang November schräg, schrill – und vor allem blutig. Dann haben „Silver Star“, Arthur und die Minimoys Pause und die Untoten übernehmen das Regiment.

Mittlerweile gibt es den Gruselspaß seit acht Jahren. Und die Zahl der Fans wird immer größer. Über 180 gecastete Akteure erschrecken auf einer Gesamtfläche von 22 000 Quadratmetern die Besucher. In fünf Horrorhäusern und drei Scarezones werden diese vom Zuschauer zum Opfer. „Es ist wie ein Horrorfilm, der real erlebt wird“, erklärt Sebastian Rosenbaum, früher selbst Horror-Nights-Darsteller und seit vergangenem Jahr Projektleiter der Schreckens-Nächte.

Aug in Aug mit dem Monster (rechts).

Herz rutscht in die Hose
Szenenwechsel: Ich laufe durch finstere Katakomben eines grausamen Professors. Spitze Schreie anderer Besucher lassen mich immer wieder besorgt aufhorchen. Ich kann kaum die eigene Hand vor Augen sehen. Das Licht ist auf das Minimalste gedimmt, dichte Rauchschwaden ziehen durch das Haus. Ich betrete das nächste Zimmer: Rechts von mir auf einem großen Bett liegt – in weiße Laken gehüllt – eine bleiche, junge Frau mit wirrem Haar. Sie windet sich wie in Ekstase hin und her.

Die Macher der Horror Nights haben wieder beste Arbeit geleistet, um ihren Fans wahre Salven von Schauern über die Rücken zu jagen – doch, halt!!! Diesmal nicht mit mir. Ich habe mir – nachdem mich ein Werwolf fast zu Tode erschreckt hat, Zombies von oben bis unten beschnüffelt und besabbert haben und ein wildgewordener Metzger quer durch den Europapark gejagt hat, fest vorgenommen, diesmal ruhig zu bleiben. Wäre doch gelacht! Und außerdem: Einer der Klassiker – ein vom Teufel besessenes Mädchen auf einem Bett – kann mich als alten Gruselkenner ja wohl nicht mehr vom Stuhl hauen.

Also: Tief durchatmen, nochmal dran denken, dass das alles nicht echt und einfach nur ein Spaß ist und schnell durch den Raum huschen. Doch es ist wie zu Silvester: Die guten Vorsätze halten nicht lange. Mit einer blitzschnellen Bewegung richtet sich die Besessene aus dem Europa-Park auf, faucht wie eine Wildkatze, greift nach meinem Arm – und mein Herz rutscht mir mit Vollspeed in die Hose – wie der Silver-Star im Sturzflug die Achterbahnschienen hinunter.

65 Liter Filmblut
Sebastian Rosenbaum und sein Team tun alles dafür, um bei ihren Gästen jede Menge Herzklopfen zu verursachen. Sechs Make-up-Artists legen Hand an die 220 Schauspieler und Darsteller und verwandeln sie in Monster, Untote, Zombies und Co, wie es sie in Hollywood nicht spektakulärer geben könnte. Sie verbrauchen in den fünf Halloween-Wochen über 25 Kilogramm Schminke, 65 Liter Filmblut, rund 400 Latex-Teile, 40 Ganzkörperkreatur-Kostüme, ein Kilo Kunsthaar und 10 Liter Spezialkleber.

Man gewöhnt sich an alles. Nach mehreren Stunden des Fürchtens, Erschreckens und Zähnegeklappers habe ich meine anfängliche Anspannung allmählich abgebaut. Einerseits beruhigend, andererseits auch schade, denn gruseln macht einfach Spaß. Nach stundenlangem Tête-à-Tête mit Werwolf, Nightgrabber und seinen anderen bleichen Kumpels ist das Adrenalin verbraucht – und zwar restlos. Man wird cooler, lässt sich nicht mehr so leicht aus der Fassung bringen. Die Zombies und Monster verlieren ihren Schrecken und werden zu Maskottchen wie die Euro-Maus – wenn auch ein bisschen derangierter. Zumindest eins ist dadurch hoffentlich sicher – eine ruhige und alptraumfreie Nacht…

Hier geht es zum Interview mit Sebastian Rosenbaum, dem Mann, der die Untoten am Leben hält.

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