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Pfiffiger Peer, liebe Kanzlerin

Nichts Neues im Kanzlerduell: Angela Merkel im dunklen Blazer und mit schwarz-rot-goldener Kette lächelt süßlich, ein aufgeräumter Kandidat grinst süffissant oder staunt mit offenem Mund. Beide geben brav die Wahlprogramme wieder und überraschen wenig, allenfalls bei Randfragen wie Pensionen und Pkw-Maut. Und die Moderatoren konkurrieren mit schriller Stimme oder strengem Blick um Fragezeit.

Das Kanzlerduell zwischen Angela Merkel und Peer Steinbrück.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der SPD-Spitzenkandidat Peer Steinbrück sind am 1. September 2013 auf TV-Bildschirmen in Osnabrück (Niedersachsen) zu sehen. Es ist das einzige TV-Duell zwischen der Bundeskanzlerin und ihrem Herausforderer im Vorfeld der Bundestagswahl 2013.

Passend dazu: Stoiber-Berater Michael Spreng gibt den Hauptinterpreten der Show-Veranstaltung, assistiert von einem Pro- und Contra-Team von Zeit und BILD. Und voilà, die erste Hochrechnung zur ersten Halbzeit spiegelt das Bild wieder, dass die Fernsehvolkmehrheit bereits vorher von den Kandidaten hatte: Merkel staatstragend und sympathisch, Steinbrück pfiffiger als gedacht, aber halt weniger glaubwürdig.

„Sekt oder Selters“
Aber was nützt Peer Steinbrück die inhaltlich präzise Darlegung von 8,50 Euro Mindestlohn, Ablehnung der Pkw-Maut, definitive Verweigerung eines Militärschlags in Syrien, wenn dann Stefan Raab penetrant darauf rumreiten kann, dass er aller Wahrscheinlichkeit nach als Kandidat ohne Kleider, also ohne Regierungsmehrheit dasteht und deshalb doch bitte als Vize-Kanzler für eine Große Koalition zur Verfügung stehen sollte. Ein schmallippiges „Sekt oder Selters“ ist da wenig überzeugend, wenn auch nachvollziehbar – schließlich kann der Kandidat nicht nach Umfragen seine Position wechseln.

Die stärksten Momente hatte die Kanzlerin dementsprechend bei den Schwachpunkten Steinbrücks: „Über eine Rot-Rot-Grüne-Regierung wird ohne Sie entschieden“, kanzelt sie den Kontrahenten als Verlierer ab und versucht gleichzeitig „rote Socken“-Panik zu verbreiten. Aus Steinbrücks relativ allgemeiner Zusage, Pensionen und Renten in der Entwicklung nicht zu entkoppeln, macht Merkel eine beabsichtigte Kürzung für kleine Beamten. Und auf die missverständliche Ironie des Ex-Finanzministers zur originellen Frage, ob Politiker genug verdienen, „Sie meinen doch nicht ernsthaft, dass ich mich dazu noch jemals äußere“, kontert sie ausnahmsweise knapp und präzise: „Ja. Damit ich zu wichtigeren Themen komme.“

Volksparteien können sich nicht diametral unterscheiden
Bei den politischen Kernfragen stellen wir fest, was wir bereits wissen: Wie auch sollen sich zwei Volksparteien bei europa- und außenpolitischen Fragen diametral unterscheiden? Natürlich vertreten die beiden ehemals gemeinsamen Manager der Euro-Krise rhetorisch unterschiedliche Positionen im Graustufenbereich. Selbstverständlich werden sich weder der Sozialdemokrat noch die bedächtige Pfarrerstochter mit Lust an einem Militärschlag gegen Syrien beteiligen.

Gäste schauen sich am 1. September 2013 im Fernsehstudio in Berlin-Adlershof auf einem Monitor das einzige TV-Duell vor der Bundestagswahl zwischen Bundeskanzlerin Merkel (CDU) und dem SPD-Spitzenkandidaten Steinbrück mit den Moderatoren Anne Will (ARD), Maybrit Illner (ZDF), Peter Kloeppel.

Und natürlich vertritt Steinbrück eifrig das Sozialkonzept seiner Partei, das unteren Einkommensgruppen, Rentnern und alleinerziehenden Müttern Entlastung verspricht. Die Amtsinhaberin beteuert, dass sie genau das auch erreichen möchte, aber eben mit dem Mittel einer starken Wirtschaft, d.h. ohne steuerliche Grausamkeiten.

Wahlomat der Kanzlerin
Was bleibt? Ein vermeintlich messbares Umfrageergebnis, das bestätigt, was die Mehrheit bereits vorher meinen wollte: 40 Prozent der Befragten sahen Merkel als Sieger, Steinbrück 33 Prozent. Keinen vorne sahen 27 Prozent. Merkel gewann demnach das Glaubwürdigkeitsduell mit 40:31, die Sympathie-Schlacht mit 43:26, und beim Sachverstand hat sie mit 35:31 die Nase vorne.

Nur bei der sozialen Gerechtigkeit setzt sich der Sozi klar mit 51:29 durch. Dass die beiden kongenialen „Spinner-Doktoren“, Andrea Nahles und Hermann Gröhe jeweils ihren Chef als Sieger sahen, muss man nicht weiter kommentieren.

Aufschlussreich ist aber, dass die Kanzlerin mit dem komfortablen Vorsprung von 63:32 in den Ring stieg, der Vorsprung nachher auf 57:39 geschmolzen ist – sicher kein Erdrutsch, aber immerhin etwas Bewegung. Womöglich ausreichend, um ein Patt bei der Wahl in den Bereich des Möglichen zu rücken. Schließlich hat selbst Merkel auf Raabs einzig pfiffige Frage, ob denn bei einem Wahlomat-Test der Kanzlerin CDU oder doch eher SPD rauskäme, sybillinisch geantwortet: „Ich glaube schon ganz gut CDU.“ Wenn das kein Plädoyer für eine Große Koalition ist!

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