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Nordseefischer sorgt neuer EU-Plan – «Wenn das durchgeht, ist es aus»

Wirtschaftlich liegen hinter den Fischern an der deutschen Nordseeküste schwierige Zeiten. Nun lösen neue Pläne der EU-Kommission scharfe Kritik bei den verbliebenen Betrieben aus. Vor allem die traditionelle Krabbenfischerei fürchtet um ihre Existenz.

Schwindende Fanggebiete durch den Bau von Windparks und die Verklappung von Baggergut aus Flüssen sehen die Fischer an der Nordseeküste seit Jahren mit Sorge – neue Pläne der EU-Kommission für eine nachhaltigere Fischerei lassen sie nun endgültig um ihre Existenz bangen. «Wenn das durchgeht, ist es aus», sagte der Vorsitzende des Landesfischereiverbandes Weser-Ems, Dirk Sander, am Freitag beim Fischereitag des Verbandes der Kleinen Hochsee- und Küstenfischer im ostfriesischen Neuharlingersiel (Landkreis Wittmund). Aus Sicht der Fischer kommen die Pläne der EU-Kommission einem Berufsverbot gleich. Der EU-Plan war eines der Themen des Fischereitages:

Verbot von Grundschleppnetzen

Für eine nachhaltigere Fischerei soll nach einem kürzlich vorgestellten Plan der EU-Kommission die Fischerei mit Grundschleppnetzen – also Netzen, die den Meeresgrund berühren – in bestimmten Schutzgebieten bis spätestens 2030 unzulässig werden. Sie stehen in der Kritik, weil der Meeresboden durch das Fanggerät erheblich beschädigt werden kann. Für die noch 54 verbliebenen Krabbenfischer an der niedersächsischen Küste gebe es aber keine Alternative, machte Sander deutlich. «Du kannst keine Krabbe im Wattenmeer und wo auch immer mit Netzen fischen, die nicht am Grund sind. Angeln kann man sie auch nicht».

Der Aktionsplan, der im Raum stehe, sei tatsächlich eine «sehr große Herausforderung» für die norddeutsche Fischerei insgesamt, sagte auch der Fischereireferent im Agrarministerium in Hannover, Stephan Wessels. Allein im niedersächsischen Küstenmeer bis zur Zwölf-Meilen-Zone sei etwa die Hälfte der Fläche als Natura-2000-Schutzgebiet ausgewiesen und wäre dann für die Fischer tabu. «Wenn dort ein Verbot von mobilen, grundberührenden Fanggeräten umgesetzt würde, würde das natürlich weit über die Fischerei hinaus sehr schwerwiegende sozioökonomische Auswirkungen nach sich ziehen.»

Niedersachsen habe deswegen zusammen mit Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern Initiativen in Richtung Bundesregierung und EU gestartet, um die Folgen des Aktionsplanes abzumildern und mitzugestalten. «Eine niedersächsische Küste ohne Muscheln, ohne Fische, ohne Krabben ist für uns nicht vorstellbar», sagte Wessels.

«Wir haben das erst nicht für möglich gehalten», erklärte der Generalsekretär des Deutschen Fischerei-Verbandes, Peter Breckling. Er kritisierte, dass es keine Folgenabschätzung gebe. Absehbar sei aber, dass bei einem Verbot die Selbstversorgungsquote mit Fisch von rund 40 Prozent in der EU weiter sinken und sich die Importabhängigkeit erhöhen würde. In Deutschland wären seinen Angaben zufolge die ganze Küste von der niederländischen bis zur dänischen Grenze und große Teile der Ostsee betroffen.

Ausgangslage

Für die Krabbenfischer an der niedersächsischen Küste war 2022 nach drei schwierigen Jahren Zeit zum Luftholen. Zwar blieb die Fangmenge von rund 2700 Tonnen nahezu unverändert. Der Durchschnittspreis von 6,05 Euro pro Kilo Krabben fiel aber höher aus. Zuvor lag er bei 4,30 Euro. Schwierig hatten es erneut die vier Betriebe der Muschelfischerei. Die Menge angelandeter Miesmuschlen ging im Vergleich zu 2021 um 9 Prozent zurück und lag zuletzt bei rund 1000 Tonnen.

Preissteigerungen

Nach schwierigen Corona-Jahren trafen die Fischer 2022 die etwa doppelt so hohen Treibstoffpreise infolge des Krieges in der Ukraine. Auch Netze, Taue und Leinen verteuerten sich laut Sander um mindestens 30 Prozent. Weil sich Fangfahrten nicht rentierten, blieben einige Fischer laut Fischereiverband in den Häfen – auch wenn es staatliche Beihilfen gab. Fangquoten seien dadurch nur teilweise ausgereizt worden, und Verbraucherpreise hätten angezogen. Da die Kosten weiter hoch sind, wird Fisch für die Verbraucher laut Verband kaum wieder so günstig wie vor der Pandemie.

Energiewende

Den Bau von Kabeltrassen und Windparks in der Nordsee sehen die Fischer seit Jahren kritisch. «In unserer Nordsee, vor unsere Haustür, entsteht so langsam ein riesiger Industriepark», klagte Sander. Da die Fischerei innerhalb von Windparks nicht erlaubt ist, sehen die Betriebe auch an dieser Stelle Fanggebiete schwinden. Die Fischer fordern eine Überprüfung dieses Verbots.

LNG-Terminal

Folgen fürchten die Fischer auch durch schwimmende LNG-Terminals an den Küsten. Bei dem Importterminal für Flüssigerdgas in Wilhelmshaven etwa sehen sie die genehmigte Einleitung chlorhaltiger Abwässer kritisch – das Terminalschiff liegt in unmittelbarer Nähe zu Muschelbänken und Fanggründen für Krabben. Auch die Ausbaggerung von Schlick für das Terminal sei für die wasserfiltrierenden Muscheln nicht förderlich, sagte Manuela Melle, Geschäftsführerin der Niedersächsischen Muschelfischer. Die Folge sei, dass Fanggebiete weniger und instabiler würden. «Wie das mit der Muschelfischerei weitergeht, ich weiß es nicht.»

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