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Nachwirkungen der Silvesternacht

Schnellere Abschiebungen, mehr Polizei und Überwachung sowie härtere Strafen: Union und SPD machen Druck, dass sich Übergriffe wie in Köln und anderswo nicht wiederholen.

Berlin/Köln/Mainz (dpa) – Die Angriffe auf Frauen in der Silvesternacht zwingen die Politik zu schnellem Handeln. Bereits an diesem Montag wollen CDU und CSU im Bundestag mit dem Koalitionspartner SPD über strengere Vorgaben sprechen. «Wir gehen davon aus, dass wir jetzt wesentlich schneller in der Umsetzung der Pläne vorankommen müssen», sagte Unionsfraktionsvize Thomas Strobl (CDU) am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. «Die Ereignisse von Köln und an anderen Orten in der Silvesternacht zwingen zu einem schnellen Handeln.»

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) spricht am 26.11.2015 im Bundestag in Berlin. Die Angriffe auf Frauen in Köln werden auch das Bundestagsplenum beschäftigen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vom 10.01.2016 soll entweder in einer Aktuellen Stunde oder in einer anderen Plenardebatte über die Konsequenzen aus den Vorgängen in der Silvesternacht diskutiert werden.

Debattiert wird über leichtere Abschiebungen, härtere Strafen sowie mehr Polizei und Überwachung. Kanzlerin Angela Merkel hatte sich am Wochenende für schärfere Asylgesetze ausgesprochen. «Das, was in der Silvesternacht passiert ist, das sind widerwärtige kriminelle Taten, die auch nach entschiedenen Antworten verlangen», sagte die CDU-Chefin nach einer Klausur der Parteispitze am Samstag in Mainz. Sie rechne mit einer raschen Einigung mit der SPD.

Auch SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann plädierte für eine schnelle Verständigung. Er sei «zuversichtlich, dass die Forderungen der SPD nach mehr Personal und mehr Videoüberwachung schnell entschieden werden können». Zudem müsse unvoreingenommen geprüft werden, ob die Rechtslage geändert werden müsse.

Justizminister Heiko Maas (SPD) zeigte sich offen für ein schärferes Vorgehen gegen straffällige Migranten. «Ich werde jetzt gemeinsam mit dem Innenminister noch einmal prüfen, ob unsere Möglichkeiten ausreichen, um Kriminelle zurückzuschicken», sagte er der «Bild am Sonntag». Maas geht davon aus, dass die Angriffe organisiert waren.

Der Innenausschusses im nordrhein-westfälischen Landtag kommt an diesem Montag zu einer Sondersitzung zusammen. Erwartet werden neue Details, NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) steht unter Druck. Am Freitag hatte die Landesregierung Polizeipräsident Wolfgang Albers in den einstweiligen Ruhestand versetzt.

Tags darauf löste die Polizei in Köln eine Demonstration von Rechtsextremisten und Pegida-Anhängern auf, die wegen der Übergriffe in der Silvesternacht auf die Straße gegangen waren. In der Nähe hatten gleichzeitig mehr als 1300 Menschen überwiegend friedlich gegen Rassismus und Sexismus protestiert.

In Köln hatten sich in der Silvesternacht nach Polizeiangaben kleinere Gruppen aus einer Menge von rund 1000 Männern gelöst, die vor allem Frauen umzingelt, begrapscht und bestohlen haben sollen. Zahlreiche Opfer und Zeugen sprachen von Tätern nordafrikanischer oder arabischer Herkunft.

Die Zahl der Strafanzeigen erhöhte sich nach Polizeiangaben vom Samstag auf 379. Die Ermittler konzentrierten sich auf Personen aus nordafrikanischen Ländern. Die Bundespolizei, die auf dem Bahnhofsgelände zuständig ist, hatte bis Freitagnachmittag 32 Tatverdächtige identifiziert. Darunter sind neun algerische, acht marokkanische, fünf iranische, vier syrische, ein irakischer, ein serbischer, ein US-amerikanischer sowie drei deutsche Staatsangehörige. 22 von ihnen seien Asylbewerber. Bis Freitagnachmittag seien 76 Straftaten festgestellt, darunter in sieben Fällen «sexuelle Nötigung».

Nach dem Willen der CDU sollen kriminelle Asylbewerber schneller abgeschoben werden können – schon bei einer Bewährungsstrafe sollen sie ihr Recht auf Asyl verlieren. Gefordert wird, die Polizei zu verstärken und die Videoüberwachung zu verbessern. Mit einem neuen Straftatbestand sollen Polizisten gegen Übergriffe geschützt werden.

Das Bundeskriminalamt (BKA) will systematisch gegen gemeinschaftlich begangene sexuelle Belästigung von Frauen vorgehen. Dazu würden Fakten zu gleich gelagerten Vorfällen aus allen Bundesländern zusammengetragen, teilte das BKA der «Welt am Sonntag» mit.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) warnte davor, die ausländische Herkunft von Straftätern nicht zu benennen. Der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Samstag) sagte er: «Es darf keine Schweigespirale geben, schon gar nicht darf sie von der Polizei ausgehen.» Auch Merkel sagte: «Alles muss auf den Tisch.»

Der Kölner Polizei war vorgeworfen worden, Hinweise auf die Herkunft der Verdächtigen zunächst nicht veröffentlicht zu haben. Hessens Innenministerium wies einen «Bild»-Bericht zurück, dass die Polizei zur Vertuschung von Straftaten bei Flüchtlingen angehalten worden sei. Auch in anderen Bundesländern wurde der Vorwurf zurückgewiesen, es gebe Anweisungen, die Herkunft von Straftätern nicht zu nennen.

Justizminister Maas warnte in der «Bild am Sonntag» davor, aus den Übergriffen Rückschlüsse auf die Gesetzestreue von Migranten zu ziehen. «Aus der Herkunft eines Menschen abzuleiten, dass er eher straffällig wird oder nicht, halte ich für abenteuerlich.»

Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, lehnt schärfere Gesetze ab. Es sei schon viel zu erreichen, wenn geltendes Recht richtig angewendet werde. Grünen-Innenexperte Volker Beck, schrieb bei Twitter: «Manche bei CDU & CSU scheinen Druckerschwärze mit Zauberpulver zu verwechseln.»

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