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Kritik an WM-Botschafter: «Menschenbild aus einem anderen Jahrtausend»

Die abwertenden Aussagen eines katarischen WM-Botschafters über Homosexuelle werden in Deutschland einheitlich abgelehnt. Doch wie mit dem schwierigen Gastgeber umgehen?

Die Empörung über die homophoben Äußerungen des katarischen WM-Botschafters Khalid Salman ist in Deutschland einhellig. Doch anderthalb Wochen vor Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft in dem Emirat wird immer deutlicher, wie schwierig der Umgang mit dem umstrittenen Gastgeber ist. So verurteilte das Auswärtige Amt am Mittwoch durch seine Sprecherin Andrea Sasse die Aussagen Salmans, eine Warnung für LGBTIQ-Personen für Reisen in das Emirat plant das Außenministerium aber derzeit nicht. 

In der ZDF-Dokumentation «Geheimsache Katar» hatte der frühere katarische Nationalspieler Salman Schwulsein als «geistigen Schaden» bezeichnet. «Es handelt sich aus unserer Sicht um einen unglaublich homophoben Ausfall», sagte Sasse in der Bundespressekonferenz.

Die Regierung Katars habe zugesichert, dass alle Fans bei der am 20. November beginnenden WM willkommen seien. «Darauf verlassen wir uns», meinte die Sprecherin. Generell werde vor Reisen nach Katar nicht gewarnt. Bundesjustizminister Marco Buschmann hatte zuvor die Einhaltung der Sicherheitsgarantien für Fans in Katar angemahnt. Diese seien «wichtig und unerlässlich», sagte der FDP-Politiker dem ZDF. Die in diesem Zusammenhang angeführte englische Abkürzung steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transmenschen, intergeschlechtliche sowie queere Menschen. Ein oft verwendetes zusätzliches Sternchen ist Platzhalter für weitere Identitäten und Geschlechter.

Die Nationalspieler Manuel Neuer und Leon Goretzka fanden deutliche Worte. «Das passt keineswegs in unser Weltbild, was wir haben», sagte der Torwart des FC Bayern in München bei der Übergabe der neuen Vereinsdienstwagen. «Das ist inakzeptabel und sehr traurig, so was zu hören.»

Goretzka hatte bereits nach dem 6:1-Sieg gegen Werder Bremen am Dienstagabend die Äußerungen scharf kritisiert. «Das ist schon sehr beklemmend, muss man sagen. Das ist einfach ein Menschenbild aus einem anderen Jahrtausend», sagte der 27-Jährige. «Das ist nicht das, wofür wir stehen wollen und was wir vorleben. Es ist absolut inakzeptabel, so eine Aussage zu treffen.»

Nationaltorwart Neuer soll nach jetzigem Stand bei der WM in Katar eine «One Love»-Kapitänsbinde tragen. «Wir hoffen natürlich, dass wir durch die One-Love-Binde viel Power platzieren können mit anderen Nationen zusammen», sagte der 36-Jährige. Der DFB hatte Ende September die gemeinsame Aktion mit anderen Topnationen angekündigt. Auf der mehrfarbigen Kapitänsbinde steht «One Love». Kritik war an der Farbgebung aufgekommen, weil diese nicht die Regenbogenflagge darstellt. Eine solche Kapitänsbinde hatte Neuer während der EM 2021 getragen.

Der ehemalige Profi Thomas Hitzlsperger hatte sich in einem Interview der «Zeit» mit der komplizierten Ausgangslage für die Nationalspieler auseinandergesetzt. Für die ARD-Reportage «Katar – warum nur?» hatte der 40-Jährige unter anderen mit Neuer und Mittelfeldspieler Ilkay Gündogan über die WM und Katar gesprochen.

«Das sind hochanständige Jungs, im privaten Gespräch offen und zugänglich. Sobald die Kamera läuft, lassen sie Vorsicht walten, zum Beispiel mit Statements wie: ‘Ja, wir sind für die Einhaltung der Menschenrechte‘», sagte Hitzlsperger. «Die Diskussionen rund um diese WM strengen sie sichtlich an, daher bleiben am Ende oftmals nur Allgemeinsätze.» 

Ein eindringliches Zeichen wäre es laut ARD-Experte Hitzlsperger, wenn ein Spieler bei der WM sein Coming-out verkünden würde. «Ich fände es toll, wenn es einer machen würde», sagte er der «Zeit». «Ich würde es aber nicht fordern.» Eine WM sei für solch einen Schritt womöglich nicht der beste Moment. «Die Spieler fahren dorthin, um Topleistung zu bringen. Ein Coming-out wäre, ich weiß das ja, eine maximale Ablenkung. Da sucht man sich vielleicht einen anderen Zeitpunkt aus.»

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