EuropaPolitik

Die Schlagbäume schließen sich

Tausende Flüchtlinge kommen weiter in Griechenland an. Noch ist die Balkanroute offen. Aber selbst wenn dort die Schlagbäume niedergehen sollten, wäre nichts gewonnen, warnen Experten. Ganz im Gegenteil.

Athen/Wien (dpa) – Nach einem starken Anstieg der Flüchtlingszahlen in Griechenland und immer schärferen Grenzkontrollen auf dem Balkan und in Österreich steigt der Druck auf Athen. Mazedonien schloss nach griechischen Angaben immer mal wieder vorübergehend die Grenze. Und Serbien ließ seit Samstagabend keine afghanischen Flüchtlinge mehr aus Mazedonien passieren, berichteten griechische Medien. Bis Sonntag sei die Zahl der an der mazedonisch-serbischen Grenze wartenden Afghanen deshalb auf 700 gestiegen. Am Dienstag wollen die Innen- und Außenminister der Westbalkanstaaten und Österreichs in Wien über die Lage beraten.

Ein Baby schläft auf dem Tisch einer Autobahnraststätte, mit anderen Flüchtlingen auf dem Weg von Athen nach Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze, am 23. Januar 2016.

Auf den griechischen Inseln wurden bis Sonntag mehr als 2000 Menschen mit Fähren zum Festland gebracht. Wegen starker Stürme im Mittelmeer wurde der Fährverkehr aber vorübergehend eingestellt. So lag im Hafen der Insel Chios eine Fähre mit 1770 Flüchtlingen an Bord, die auf die Weiterfahrt wartete. Vergangenen Woche war die Zahl der Flüchtlinge, die von der türkischen Küste nach Griechenland übersetzen, stark angestiegen. Innerhalb von nur drei Tagen zählte das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) mehr als 11 000 ankommende Menschen, während der Jahresdurchschnitt derzeit bei rund 1700 täglich liegt.

In Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze warteten nach Medienberichten am Sonntag rund 1000 Flüchtlinge auf die Weiterreise. 3000 Menschen harrten in der griechischen Stadt Kirkis südlich von Mazedonien aus.

Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann reagierte unterdessen kühl auf deutsche Kritik an den neuen Flüchtlingsquoten des Alpenlandes. «Die Kritik aus Berlin ist Ausdruck der innerdeutschen Diskussion» zwischen CDU und CSU, sowie innerhalb der CDU, sagte der Sozialdemokrat der «Kleinen Zeitung» (Sonntag). Er hielt an den täglichen Obergrenzen von 80 Asylanträgen und 3200 Durchreisenden nach Deutschland fest und kritisierte, dass das Abschlussdokument des EU-Gipfels Widersprüchliches zur Praxis des «Durchwinkens» enthalte. «Einerseits heißt es darin, dass wir das «Durchwinken» beenden sollen. Andererseits sollen wir die Flüchtlinge durchlassen, wenn Deutschland diese akzeptiert», sagte Faymann.

Am Freitag hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) Österreich und anderen EU-Staaten mit Konsequenzen gedroht, falls sie das Asylproblem auf Kosten Deutschlands lösen wollten. Am Wochenende legte Unions-Fraktionschef Volker Kauder nach. Das Quotensystem sei kein freundlicher Akt, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Die internationalen Schlepperbanden werden sich nach Einschätzung europäischer Behörden andere Wege Richtung Norden suchen, sollten die Grenzkontrollen auf dem Balkan noch weiter verschärft werden. Der Migrationsdruck werde wegen des Krieges in Syrien und der anhaltend schlechten Lage in vielen Flüchtlingslagern sowie wegen vielfältiger Konflikte in Afrika hoch bleiben, schrieb die «Welt am Sonntag».

Eine verschärfte Überwachung der Flüchtlingsroute über die Ägäis, an der seit Freitag auch Nato-Schiffe beteiligt sind, könnte die Menschen auf andere Flüchtlingsrouten ausweichen lassen, berichtete das Blatt weiter. Nachrichtendienste verschiedener Länder hätten beobachtet, dass in libyschen Küstenorten bereits zwischen 150 000 und 200 000 Flüchtlinge auf besseres Wetter warteten, um die Fahrt übers Mittelmeer zu wagen. Andere Flüchtlingsrouten könnten künftig über das Schwarze Meer, Georgien und Russland sowie von Albanien aus übers Meer nach Italien verlaufen.

Die slowenisch-österreichische Grenze passierten bis Sonntagnachmittag etwa 800 Flüchtlinge. Weit unter dem Tageslimit von 80 baten nur 18 von ihnen in Österreich um Asyl, teilte die Polizei mit. Die anderen wollten weiter nach Deutschland. Am Vortag waren nach Inkrafttreten der umstrittenen Quotenregelung in Österreich die ersten 396 Flüchtlinge per Bahn zum Grenzübergang Spielfeld gekommen. Davon suchten nach Polizeiangaben aber nur ein Dutzend Schutz in Österreich.

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"