Berlin (dpa) – Mit einer Motorsäge zersägt Sezgin Albayrak den rund 150 Kilogramm schweren Eisblock zunächst in handlichere Eisplatten. Diese bearbeitet er weiter mit einer Knochenbandsäge, wie sie auch bei Metzgern zum Einsatz kommt. Schließlich liegen etwa fünf mal fünf Zentimeter große, klare Eiswürfel auf der Arbeitsfläche. Die «Clear Ice Cubes», die hier in der Berliner Eisfabrik gerade produziert werden, entstehen in Handarbeit. Für die Klarheit muss das Wasser im Gefrierprozess immer in Bewegung bleiben, damit keine Luft im Eis eingeschlossen wird und das Eis eintrübt.
Neben Clear Ice produzieren die Gründer der Eisfabrik, Albayrak und Sebastian Ebenberger, auch maschinell Eiswürfel und Crushed Ice. Die Maschinen laufen 24 Stunden am Tag. Alle paar Minuten hört man ein lautes Klacken, dann fallen fertige Würfel aus den Formen in die Auffangbehälter. Ein guter Eiswürfel müsse gleichmäßig und voll sein, sagen sie. Sonst schmilzt er zu schnell. «Du willst eine möglichst kleine Oberfläche im Verhältnis zum Volumen haben», erklärt Ebenberger. Mit ihrem Eis versorgt die Eisfabrik hauptsächlich Bars und Gastronomie, aber auch Events, Festivals und private Kunden.
Markt für Eiswürfel in Deutschland wächst
Vor allem in den USA gibt es schon lange einen großen Markt für Eiswürfel und für ihre zerstampfte Form, das «Crushed Ice». In Europa und insbesondere in Deutschland ist er hingegen erst in den vergangenen Jahren nach und nach entstanden. Inzwischen ist aber auch hier die Nachfrage groß. Das zeigt auch die Entwicklung der Berliner Eisfabrik: Albayrak gründete sie 2014 mit seinem Geschäftspartner Ebenberger. Am Anfang waren sie noch zu zweit, mittlerweile beschäftigen die beiden zwölf Mitarbeiter. Ein großer Teil der Nachfrage kommt aus der Gastronomie. «Die Barkultur hat sich viel verändert und ist viel professioneller geworden. Man achtet mehr auf gute Zutaten, natürlich auch auf gutes Eis», sagt Albayrak.
«Das Eis ist das Gold des Bartenders», betont Maren Meyer, Vorstandsvorsitzende der Deutschen Barkeeper-Union auf die Frage, wie wichtig Eis für einen guten Drink ist. Nicht so gute Eiswürfel «wie zum Beispiel die mit dem Loch, fallen sehr schnell in sich zusammen und dadurch verwässert der Drink.» Aber auch im privaten Umfeld werde immer mehr Eis verwendet. «Früher hatten Supermärkte ab und zu einen Tiefkühler, jetzt beschweren sich die Leute schon, wenn es im Supermarkt kein Eis mehr gibt», sagt Eisfabrik-Mitgründer Ebenberger.
Andere Unternehmen bestätigen die Erfahrungen: «Es gehört überall dazu, wie Salzstangen und Chips zur Party», sagt etwa Eckhard Ahrens, Gesellschafter von ICE-Ecki im niedersächsischen Schwanewede. «Die Leute haben keinen Bock mehr, das selbst zu machen.»
Bei CRIO ice, nach eigenen Angaben Marktführer beim Verkauf von Eiswürfeln an Tankstellen, gehen die Verantwortlichen aktuell von einem jährlichen Wachstum von 10 bis 20 Prozent beim Absatz aus. «Die Nachfrage ist durch die Bank sehr hoch und ich denke, dieses Wachstum ist überall gegeben, nicht nur bei uns», sagt der Geschäftsführer des baden-württembergischen Unternehmens, Carsten Schweitzer.
Produktion im Sommer hoch – aber auch die Kosten
Gerade im Sommer läuft der Betrieb auf Hochtouren. «Das liegt daran, dass Eis im Sommer nicht wie im Winter nur in den Longdrink kommt, sondern auch in Wasser, in Weinschorle, in Kaffee und deshalb ist der Bedarf höher», sagt Albayrak. In den Sommermonaten liegt der Umsatz um mehr als ein Drittel höher als im Winter. Doch auch in der kalten Jahreszeit laufen die Maschinen. «Wir fahren die Produktion im Winter fast genauso wie im Sommer und lagern dann ein», sagt Ebenberger.
Hohe Temperaturen fördern nicht nur die Nachfrage, sie lassen auch die Produktionskosten steigen. «Je heißer es wird, desto schwieriger wird es für die Eismaschinen, die Kühlung zu erbringen», sagt Ahrens von ICE-Ecki. «Je wärmer es draußen wird, desto weniger produzieren die Eismaschinen.»
Preiserhöhungen in der Inflation
Im vergangenen Jahr haben Inflation und teure Energie auch Eiswürfelherstellern zugesetzt. «Wir haben letztes Jahr eine Preiserhöhung machen müssen aufgrund der hohen Energiekosten und der Transportkosten», sagt Ahrens. Die Mehrkosten haben sich «dramatisch verändert», sagt auch Schweitzer von CRIO ice. In seiner Firma gab es im vergangenen Jahr ebenfalls mehrere kleine Preiserhöhungen. Auch in der Berliner Eisfabrik sind die Eiswürfel teurer geworden. Noch 2014 kostete ein Zehn-Kilo-Sack neun Euro, aktuell sind es zwölf Euro.
Bevor die fertigen Eiswürfel in der Eisfabrik aus den Auffangbehältern in der Tüte wandern, lagern sie in einem Kühlraum zwischen. Würde man die Würfel direkt einpacken, würden sie bei erneuter Kühlung durch das Schmelzwasser in der Tüte zusammenkleben, erklärt Albayrak. Erst nach der Zwischenlagerung wird aussortiert, verpackt und ausgeliefert. Am Ende der Produktionskette landen die Würfel in Eiskaffee, Softdrinks oder Cocktails – und bieten im Sommer eine angenehme Abkühlung.