DeutschlandSport

Da fehlen auch Sinkie die Worte

Der Jahn verliert auch gegen die harmlose 19-Tor-Truppe aus Köln mit 0:1 und richtet sich für lange Zeit ganz hinten ein. Eine verheerende Bilanz: 12 Punkte nach 19 Spielen aus der Hinrunde. Das ist, man kann es nicht anders sagen, das Ergebnis der völlig missglückten Planungen nach einer zuvor durchschnittlichen Drittligasaison. Zur Erinnerung: Auch in der Zweitliga-Abstiegssaison hatte der Jahn nach der Hinrunde 12 Punkte auf dem Konto – nach 17 Spieltagen.

Fortuna Köln marschiert mit breiter Brust Richtung Mittelfeld.
Christian Brand muss bei der zweiten Niederlage hilflos zuschauen.

Nasskaltes Ende-November-Wetter hier im Kölner Südstadion, eine Kult-Location, die für die wenigen Regensburger unter den nur 1300 Zuschauern heimatliche Gefühle wecken könnte. Die Spielstandanzeige über dem Spielertunnel erinnert stark an den in den Ruhestand versetzten Turm an der Prüfeninger Straße.

Und da, das ist doch Klaus Ulonska, Vorstand der Fortuna, Europameister 1963 im 4×100-Meter-Lauf mit der Staffel, der läuft mit einem Sparschwein durch die Reihen und begrüßt die Besucher mit Handschlag und auf gut Kölsch mit „Tu die Flocken in“ für die Jugendabteilung – schön zu sehen, es gibt auch Vereinsvorstände, die selbst im Sport was geleistet haben und sich persönlich reinhängen.

Zwangsumstellungen und neue Impulse
Der Jahn heute in Dunkelblau und zu Trainer Christian Brands Leidwesen schon wieder gezwungen, umzustellen. Zwei wichtige Leistungsträger, Gregory Lorenzi und Fabian Trettenbach, müssen passen, Stani Herzel und Gino Windmüller rücken in die Startelf. Eigeninitiative des neues Coaches: Tatsächlich bekommt Bene Schmid Gelegenheit, seinen Blackout vorm Bielefelder Tor wiedergutzumachen. Zlatko Muhovic darf seine Qualitäten im offensiven Mittelfeld unter Beweis stellen. Dafür zunächst auf der Bank: Andi Geipl und Uwe Hesse.
Der SSV beginnt ordentlich und übernimmt die Initiative. Erste Kombination über die rechte Seite, Bene Schmid zielt auf Jonas Erwig-Drüppel, der aber am Strafraum gehalten wird – Gelb für Tobi Fink. Freistoß Muhovic, Lukas Sinkiewicz verfehlt knapp – ein schnelles Tor würde zur Abwechslung auch nicht schaden (9.). Markus Palionis schickt Aias Aosman über links, seine Hereingabe wird geblockt (11.). Die Fortunen lauern auch im eigenen Stadion auf Kontermöglichkeiten – in der ersten Viertelstunde Fehlanzeige.

Das nennt man dann effektiv
Diagonalball von Sinkiewicz, Jonas Erwig-Drüppel spielt, wie von Brand geheißen, seine Schnelligkeit aus, lässt Fink stehen, aber der Abschluss ist wie gehabt überhastet. Der Linksschuss geht deutlich am kurzen Eck vorbei (23.). Und da ist sie wieder, die Effektivität des Aufsteigers: Ecke für Fortuna, keiner hat den langen Pfosten im Blick, Marquet bekommt den Fuß hin, 1:0 (27.), und schon wieder ist der Jahn im Rückstand. Gegentore sind Gift für die Psyche der Allerletzten: Köln mit Auftrieb, Oli Hein grätscht in letzter Sekunde Cauly Oliviera Souza den Ball im Strafraum ab (31.).

Wenn‘s die Stürmer nicht bringen, muss eben wieder Aias Aosman ran: Schöner Schuss knapp vorm Strafraum, André Poggenborg dreht die Kugel um den Pfosten (34.). Ecke auf Gino Windmüller, der überköpft den Keeper, Bene Schmid vorm leeren Tor wählt die komplizierteste Variante und köpft diagonal zur Torlinie am langen Eck vorbei (36.). Und auch die zweite prophezeite Chance vergeigt der Bayerwaldler: Rechts im Strafrauf setzt er sich prima durch, bringt aber den Ball wieder nicht unter Kontrolle, so dass nur noch ein Roller in Poggenborgs Arme zustandekommt (38.). Pause.

Wenig Gift für ein Kellerduell
Christian Brand und Uwe Koschinat sehen noch keinen Änderungsbedarf. Beide Teams egalisieren sich im engagierten, aber auch Fehlpass reichem Mittelfeld. Aus einer überschaubar einfallsreichen Jahn-Elf ragen vor allem Oli Hein und Muhovic mit Einsatz, Palionis und Sinkiewicz mit Stellungsspiel und hin und wieder Aosman mit einer Idee heraus. Jetzt zieht Schiri Malte Dittrich (Bremen), der überhaupt keine Probleme mit dieser Partie hat – sollte man bei einem Abstiegsduell gar nicht glauben – Gelb für Marquet, der Hein auf Höhe der Mittellinie taktisch weggrätscht (56.)

Ein Extra-Lob für Stephan Loboué, der mit der nicht ganz einfachen Situation der zweiten Chance cool umgeht und einen sicheren Eindruck macht. Nachdem auf der rechten Seite die Jahn-Defensive schläfrig Kapitän Thomas Kraus durchbrechen lässt, macht er den Winkel ganz klein und wischt ihm dann noch den Ball vom Fuß – die dramatische Luftnummer kann sich der Golden-Goal-Schütze von Wiesbaden sparen, was ihm Loboué auch ins Ohr flüstert (59.). Jetzt darf Daniel Steininger für den wie immer kämpfenden, aber einmal mehr glücklosen Schmid sein Abschlussglück versuchen.

Traditionelle kleine Drangphase
Fortuna immer dann gefährlich, wenn die Jahn-Abwehr ein Nickerchen einlegt. Hereingabe von rechts, und erneut ist der aufmerksame Palionis zur Stelle und blockt den Abschluss (64.). Aias endlich mal wieder mit einer zündenden Idee und einem dynamischen Antritt, prima für Steninger aufgelegt, aber der verhaspelt das Spielgerät (64.).

Jahn verliert auch bei harmlosen Kölnern mit 0:1.

Und hier ist sie dann mal wieder, die traditionelle kleine Drangphase der Regensburger Mitte der zweiten Halbzeit: Palionis tut, was er am besten kann, nutzt seine Größe, gewinnt das Kopfballduell und legt für Gino Windmüller auf, der für sein Gardemaß erstaunlich elegant beim Fallrückzieher in der Luft liegt und den Ball nur um Zentimeter über den Kasten zirkelt (68.). Und dann markiert Steininger den Bene, als ob dieser ihm das in der Pause vorgemacht hätte: Aus kürzester Distanz köpft der junge Leihspieler das Ding nach einer ausnahmsweise gelungenen Hereingabe von Erwig-Drüppel knapp neben den Pfosten – zum wiederholten Mal hätte der SSV binnen weniger Minuten das Spiel drehen können (71.).

Keller hüpft von Bein zu Bein
Von wegen warmer Rheingraben: Christian Brand ist in seinem Kapuzenshirt so eingemummt, dass man ihn fast nicht mehr erkennt. Und Christian Keller, noch immer im sportlichen Sakko, hüpft in der Eistruhe von Köln entweder frierend oder nervös oder beides von Bein zu Bein. Wer glaubt jetzt noch an die Wende? Klar, der Jahn ist im Vorwärtsgang, aber wer hat hier die Nerven, die Kugel auch mal ins Netz zu befördern? Brand bringt Hesse als Rechtsverteidiger – zur Absicherung oder zum Ankurbeln (76.)?

Immerhin bringt das Spiel jetzt auch Fortuna-Trainer Koschinat auf die Palme: Muhovic quert den Kölner Strafraum, ohne das Leder in Schussposition zu bekommen, immerhin holt er eine von vielen harmlosen Ecken heraus (73.). Stani Herzel versucht von der Grundlinie den Ball nochmal zurückzulegen – das ist zu kompliziert, meine Herren, weswegen es Sinkiewicz dann mit Gewalt aus der zweiten Reihe versucht, Abpraller, Ecke, keine Ahnung, wo dieser Ball ansonsten gelandet wäre (74.).

Loboués einziger Patzer mit Wiedergutmachung
Schlussspurt: Erwig-Drüppel mit einem unterirdischem Pass im Strafraum vereitelt die nächste Chance und steht dabei auch noch im Abseits (77.). Jetzt muss Herzel knapp hinter der Mittellinie zur Notbremse greifen, gerechtfertigtes Gelb (78.). Zum ersten Mal fasst jetzt auch noch Loboué daneben, der sich allerdings behindert fühlt, was er einige Minuten später auch dem Schiri wortstark mitteilt. Vorher rettet er nach einem Freistoß von rechts gegen einen Fortuna-Kopfball mit starker Reaktion zur Ecke (87.).

Auch auf der anderen Seite noch einmal Eckball für die Gäste, nachdem Steininger seinen Sprint nicht mehr mit einer Hereingabe krönen kann. Aosman auf den langen Pfosten, Poggenborg einmal mehr der Sieger (87.). Nächste Chance über Hein und Palionis, der wunderbar Windmüller am Fünfer anspielt – die 4 haut über den Ball (89.). Und auch die letzten zwei hingehaspelten Halbchancen vergeigt das Schlusslicht: Sinkie holt einen Freistoß aus 20 Metern halblinks – Muhovic Flanke wieder auf den Torwart. Köln lässt jetzt die Idealbesetzung für den Oberammergauer Ersatzchristus auflaufen. Ercan Aydogmus, gerade eingewechselt, hat das leere Tor vor Augen, weil Loboué vorne mitmischt – aber das ist dann doch zu viel des Guten (90.).

Christian Brand: „Das ist nur schwer zu verkraften“ 
Auch neu im Spiel ein alter Bekannter, kaum wiederzuerkennen: Kialka, völlig haarlos, führt sich mit einer Gelben Karte ein und verursacht den letzten Freistoß für den Jahn. Doch auch dieses Gastgeschenk kann Regensburg nicht verwerten: Muhovic mit Gefühl, aber Poggenborg mit Lufthoheit fängt auch diesen Ball ab.

„Das ist nur schwer zu verkraften“, gibt Christian Brand nach dem Spiel kleinlaut zu. Und auch Lukas Sinkiewicz ringt vergeblich nach tröstenden Worten: „Es ist natürlich schwer, auch jetzt noch die richtigen Worte zu finden – auch im Umfeld wird’s nicht leichter.“

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"