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Brexit-Zündler schleichen sich

Es ist die zweite große Überraschung nach dem Brexit. Erst wirft Boris Johnson das Handtuch - jetzt tritt Ukip-Parteichef Nigel Farage zurück. Die britische Parteienlandschaft wird durcheinandergewirbelt.

London (dpa) – Der Chef der rechtspopulistischen britischen Ukip-Partei, Nigel Farage, tritt völlig überraschend zurück. «Ich will mein Leben zurückhaben», sagte der Wortführer für einen Austritt Großbritanniens aus der EU (Brexit) am Montag in London. Er habe politisch alles erreicht, was er sich vorgenommen habe, sagte er mit Blick auf den Brexit-Sieg beim EU-Referendum am 23. Juni. «Es ist richtig, wenn ich jetzt beiseite trete.»

Nigel Farage im Mai 2014.

Farage war neben dem Ex-Londoner Bürgermeister Boris Johnson der wichtigste Wortführer des Austritts-Lagers. Er werde aber der Partei weiter angehören und deren politischen Kampf unterstützen, betonte er. «Ich bin kein Karrierepolitiker», sagte der 52-Jährige weiter.

Ohne Ukip kein Referendum
«Ohne Ukip hätte es kein Referendum gegeben», meinte der Europaabgeordnete Farage, der seit Jahrzehnten für den EU-Austritt Großbritanniens kämpft. Farages Rückzug ist die zweite große Überraschung nach dem Referendum. Erst vor wenigen Tagen hatte Johnson seinen Verzicht auf eine Kandidatur für das Amt des Premierministers angekündigt. Premier David Cameron, der für den Verbleib in der EU gekämpft hatte, kündigte nach dem Votum seinen Rücktritt für die nächsten Monate an.

«Die Zündler schleichen sich davon. Das Nicht-Antreten Boris Johnsons und der Rücktritt Nigel Farages zeigen die Verantwortungslosigkeit und Planlosigkeit der Brexit-Befürworter», kritisierte der EU-Parlamentarier der konservativen ÖVP, Othmar Karas.

Nigel Farage, Anstifter zum Brexit, ist hier kurz davor seinen Rücktritt als UKIP-Chef anzukündigen. EU-Parlamentarier, mit allen Vergütungen, bleibt er. Noch.

Asselborn: Farage und Johnson «sehr feige»
Farage stand seit 2010 an der Spitze der Partei, bereits zuvor war er von 2006 bis 2009 Parteichef. Er gilt als Hardliner, der vor allem Migration zu einem Hauptthema des Brexit-Wahlkampfs gemacht hatte. Kritiker warfen ihm vor, er sei demagogisch und schüre in der Bevölkerung Ängste gegen Ausländer. Auf Ablehnung und Abscheu auch im Brexit-Lager stieß etwa ein Ukip-Wahlplakat, auf dem eine sehr lange Menschenschlange und das Wort Breaking Point (Bruchstelle) zu sehen war.

Als «sehr feige» hat Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn den Rückzug des britischen Politikers Nigel Farage von der Spitze der EU-feindlichen Partei Ukip bezeichnet. «Auf einmal ziehen sich Politiker wie Boris Johnson und Nigel Farage wieder in ihr Schneckenhaus zurück», sagte Asselborn dem «Tagesspiegel» (Dienstag) mit Blick auf das Abtauchen der führenden Befürworter eines Ausstiegs Großbritanniens aus der Europäischen Union (Brexit). «Ich hoffe, dies dürfte eine Lehre sein, dass man politischen Opportunisten wie der AfD in Deutschland oder Geert Wilders in den Niederlanden nicht auf den Leim gehen darf», warnte Asselborn. Vergangene Woche hatte der frühere Londoner Bürgermeister Johnson überraschend angekündigt, sich nicht um die Nachfolge des scheidenden Premiers und Brexit-Gegners David Cameron zu bewerben.

Im Profil: Nigel Farage

London (dpa) – Er wollte den Menschen «die Wahrheit über die Europäische Union» sagen. Jetzt ist Nigel Farage, Chef der britischen Rechtspopulisten, abgetreten. Sein Leben in Stichpunkten:

– Farage kommt am 3. April 1964 in der südenglischen Grafschaft Kent zur Welt.

– Sein Vater, ein alkoholkranker Börsenmakler, verlässt die Mutter, als der Sohn fünf ist.

– Mit 18 entscheidet sich Farage gegen ein Studium und für eine Karriere als Rohstoffhändler im Finanzzentrum von London.

– Zunächst steht er den Konservativen nahe – bis Großbritannien 1992 den EU-Vertrag von Maastricht unterschreibt.

– 1993 ist Farage einer der Mitbegründer der europakritischen UK Independence Party (Ukip).

– 1999 zieht er als Abgeordneter ins Europäische Parlament ein. Im selben Jahr wird die Deutsche Kirsten Mehr seine zweite Frau.

– 2006 übernimmt er den Parteivorsitz, 2010 wird er wiedergewählt.

– Bis zum Brexit-Referendum ist Farage einer der Wortführer der Anti-EU-Kampagne. Im Juli 2016 zieht er sich von der Ukip-Spitze zurück.

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