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Mehrfache Staatsangehörigkeit: Was man darüber wissen sollte

Berlin (dpa/tmn) –

Doppelt hält besser – gilt das auch für Staatsbürgerschaften? Was es einem bringt, wenn man zwei oder sogar mehr davon hat, wie man sie bekommt und was für Rechte und Pflichten damit verbunden sind – Experten geben Auskunft.

Kann man in Deutschland mehrere Staatsbürgerschaften haben?

Seit dem vergangenen Jahr ist die Antwort immer: «Ja», sagt Martin Manzel, Fachanwalt für Migrationsrecht und Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Migrationsrecht im DAV. «Seit 2024 kann man so viele Staatsbürgerschaften haben, wie man möchte.»

Dem ging allerdings ein jahrzehntelanger Streit voraus. Vorher musste man sich grundsätzlich entscheiden und die «alte Staatsangehörigkeit» abgeben, wenn man Deutscher oder Deutsche werden wollte. Nur in wenigen Konstellationen konnte eine sogenannte Beibehaltungsgenehmigung erteilt werden – unter strengen Auflagen. Das wurde nach und nach gelockert und schließlich abgeschafft.

Für den Experten eine gute Entscheidung: «Die Globalisierung ist weit fortgeschritten», sagt Martin Manzel, «die Möglichkeit mehrerer Staatsbürgerschaften gehört heute dazu.»

Wie bekommt man eine andere Staatsbürgerschaft?

Generell bekommt man eine Staatsbürgerschaft durch Abstammung, Geburt oder Einbürgerung. Um eine Staatsbürgerschaft zu beantragen, sind allerdings häufig eine Menge Nachweise durch Behörden zu erbringen, deren Anschaffung mit Zeit und Kosten verbunden ist. Dazu kommen die Einwanderungsgebühren, die in jedem Land unterschiedlich hoch sind.

«In Deutschland sind das aktuell 255 Euro pro Person», sagt Susanne Worbs vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. «Für minderjährige Kinder ohne eigenes Einkommen, die mit ihren Eltern zusammen eingebürgert werden, kostet die Einbürgerung in der Regel 51 Euro.» Beispielsweise in Australien, Großbritannien und den USA liegen die Einbürgerungsgebühren aber weit höher.

Was ist nötig für eine Einbürgerung in Deutschland?

«Wer sich in Deutschland einbürgern lassen will, muss seinen Lebensunterhalt selbst sichern und darf keine Sozialleistungen beziehen», sagt Prof. Winfried Kluth, Vorsitzender des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR). «Zudem ist Straffreiheit erforderlich und Sprachkenntnisse sind nachzuweisen.» Außerdem muss man einen Einbürgerungstest ablegen und mindestens fünf Jahre in Deutschland gelebt haben.

Das gilt für den Fall der Einwanderung. Aber es ist nicht pauschal so, dass man in jedem Land, dessen Staatsbürgerschaft man hat, zwingend eine bestimmte Zeit gelebt haben muss. «Es gibt beispielsweise Auslandsdeutsche, die den deutschen Pass über ihre deutschen Eltern erworben haben, aber nie in Deutschland gelebt haben – und die zusätzlich auch die Staatsbürgerschaft ihres jeweiligen Wohnsitzlandes besitzen», sagt Susanne Worbs.

Welche Rechte hat man mit einer mehrfachen Staatsbürgerschaft?

Man ist Bürger oder Bürgerin von mehreren Staaten, entsprechend hat man grundsätzlich in all diesen Ländern auch ein Aufenthaltsrecht. Ebenso erhält man Zugang zu Bildung und Sozialleistungen aller Länder, wenn diese vorgesehen sind.

«Wenn Sie in die Rentensysteme beider Länder einzahlen, bekommen Sie grundsätzlich auch von beiden Staaten Rente», sagt Martin Manzel. Auch wählen kann man in jedem Land, dessen Staatsbürgerschaft man besitzt – vorausgesetzt, man erfüllt die jeweiligen Voraussetzungen. Nur eine doppelte Wahlteilnahme ist in der Regel nicht erlaubt. So darf man bei der Europawahl nur eine Stimme abgeben, auch wenn man Deutscher und Franzose ist.

Daneben sind mit Staatsangehörigkeiten noch weitere Rechte verbunden. Ein deutscher Pass etwa erlaubt es, innerhalb ganz Europas wohnen und arbeiten zu können. «Auch weltweit genießen deutsche Staatsangehörige vielfache Visumsfreiheit», sagt Prof. Kluth. «Darüber hinaus besteht konsularischer Schutz im Ausland und der volle Zugang zur Beamtenlaufbahn.»

Welche Pflichten kommen auf einen zu?

«Wer mehrere Staatsbürgerschaften besitzt, unterliegt grundsätzlich den jeweiligen nationalen Gesetzen, beispielsweise bei der Wehrpflicht oder der Steuerpflicht», sagt Winfried Kluth. Unter Umständen kann das heißen: Man muss in mehreren Ländern zum Militär oder mehr Steuern zahlen.

So gibt es Staaten, die USA beispielsweise, die ihre Staatsbürger aufgrund der Staatsbürgerschaft besteuern. Ein US-Amerikaner, der in Singapur arbeitet, zahlt zum Beispiel in beiden Ländern Steuern. Die meisten Staaten haben jedoch Abkommen und Verträge geschlossen, die das vermeiden.

Was sollte man bedenken?

«Im internationalen Privatrecht ergeben sich bei Mehrstaatern Rechtsfragen, etwa im Namens- oder Familien- oder Erbrecht», sagt der Sachverständigenratsvorsitzende. «So stellt sich bei der Namensgebung eines Kindes zum Beispiel die Frage, nach welchem Recht entschieden werden soll.»

Der deutsche Staat kann sich auch nicht in gleicher Weise für die Rechte seines Bürgers oder seiner Bürgerin einsetzen, wenn sie neben der deutschen auch noch eine weitere Staatsbürgerschaft besitzen. Beispiel: Jemand mit türkischer und deutscher Staatsangehörigkeit wird bei einem Aufenthalt in der Türkei inhaftiert. Dann gilt: «Deutschland kann gegenüber den Staaten der zweiten Staatsangehörigkeit keinen konsularischen Schutz ausüben», so Kluth.

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