Berlin (dpa) – Der konservative Flügel der SPD fordert eine pragmatische Chinapolitik und warnt vor einer «Anti-China»-Strategie. In einem Positionspapier des Seeheimer Kreises wird zugleich Kritik an Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck (beide Grüne) geäußert. Das Papier lag der Deutschen Presse-Agentur am Freitag vor, zuerst hatte der «Spiegel» darüber berichtet.
Der Seeheimer Kreis spricht sich für eine «abgestimmte, einheitliche und langfristige Strategie» innerhalb der Bundesregierung im Umgang mit China aus. «Aktuell hangeln sich die Spitzen des Auswärtigen Amtes und des Bundeswirtschaftsministeriums von Einzelfall zu Einzelfall. Im Zentrum steht dort mehr die innenpolitische Symbolkraft getroffener Maßnahmen als eine weitsichtige Politik.» Es dürfe keine «eindimensionale deutsche Außen- und Wirtschaftspolitik» gegenüber China geben.
Die Bundesregierung erarbeitet derzeit eine neue China-Strategie. Baerbock ist aktuell auf einer China-Reise. Sie hatte gesagt, sie wolle in China auch über den Schutz der universellen Menschenrechte sprechen. Dieser müsse Bestandteil fairer Wettbewerbsbedingungen sein. Habeck hatte deutlich gemacht, einseitige Abhängigkeiten zum Beispiel bei wichtigen Rohstoffen sollten vermieden, Lieferwege breiter aufgestellt und neue Märkte abseits von China erschlossen werden.
In dem Seeheimer-Strategiepapier wird China aufgrund seiner wirtschaftlichen und politischen Macht als wichtiger Akteur und Partner bezeichnet, um globalen Herausforderungen wie dem Klimawandel, dem drohenden nuklearen Wettrüsten und den zahlreichen Konfliktherden weltweit zu begegnen. Zugleich habe sich China zunehmend zu einem Wettbewerber und systemischen Rivalen entwickelt.
Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine heißt es, Lieferketten müssten diversifiziert und neue Partnerschaften geschlossen werden. «Gleichzeitig ist der offene und ehrliche Austausch mit China umso wichtiger.» Ein abruptes Ende der Handelsbeziehungen mit China wäre ein ökonomisches Desaster, heißt es im Papier. Insofern dürfe eine kohärente China-Strategie keine «Anti-China»-Strategie sein, die die Entkopplung Deutschlands von China als Ziel verfolge. Die deutsche Wirtschaft sei von zahlreichen Importen aus China abhängig, ohne die die Produktion in Deutschland stillstehen würde.