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Katze an der Leine: Wann das Abenteuer draußen sinnvoll ist

Bonn/Hamburg (dpa/tmn) –

Freiheitsliebend, selbstbestimmt und eigensinnig: Kaum ein Tier verkörpert Unabhängigkeit so sehr wie die Katze. Solche Eigenschaften scheinen nicht zu Leine und Geschirr zu passen. Trotzdem wagen manche Halter den Versuch, ihr Tier mit nach draußen zu nehmen. Doch ist das artgerecht – oder purer Stress? Und wann kann so ein Ausflug einer Katze wirklich guttun?

Ausflug mit Leine? Es kommt auf die Katze an

«Anders als Hunde, die gern mit Herrchen oder Frauchen auf Erkundungstour gehen, sind Katzen sehr eigenständige Tiere, die es vorziehen, selbstbestimmt umherzustreifen», sagt Nadia Wattad vom Deutschen Tierschutzbund. Wer sie an Leine und Geschirr führen möchte, sollte das gut abwägen – und die Ausflüge nur unter bestimmten Bedingungen wagen. 

Vor allem Wohnungskatzen können von kontrollierten Streifzügen profitieren. «Wenn Freigang wegen des Verkehrs oder anderer Gefahren nicht möglich ist, kann der Ausflug an der Leine den natürlichen Erkundungsdrang unterstützen», sagt Wattad. 

Die Voraussetzung dafür ist, dass die Katze sich dabei wohlfühlt. «Ängstliche oder eher schreckhafte Tiere eignen sich nicht zum Freigang mit Leine.» Auch Freigänger, die sonst selbstbestimmt durch ihr Revier streifen, haben keinen Nutzen davon.

Zeichen von Überforderung seien deutlich: Bleibt die Katze stehen, bewegt sich kaum oder versucht, das Geschirr loszuwerden, sollte der Ausflug sofort beendet werden. «Das ist ein klares Stresssignal», sagt Wattad.

So gelingt der Spaziergang mit der Katze

Damit es gar nicht erst so weit kommt, braucht es Geduld und Vorbereitung. Das Geschirr muss gut sitzen und weder zu eng noch zu locker sein. Die Katze sollte es zunächst drinnen kennenlernen. «Die Leine sollte kurz sein, Flexileinen sind ungeeignet», sagt Nadia Wattad. Halsbänder sind tabu, da Katzen sich daran leicht verletzen oder gar strangulieren könnten.

Der erste Freigang sollte in einer sicheren, vertrauten Umgebung stattfinden, etwa im eingezäunten Garten. Abstand zu Bäumen ist wichtig, damit sich die Leine nicht in Ästen verfängt. «Katzen sollten außerdem nicht in Gegenden ausgeführt werden, in denen viele Hunde unterwegs sind», warnt Wattad. Begegnungen mit Hunden führten häufig zu Stress auf beiden Seiten.

Eine Transportbox kann zusätzlich Sicherheit geben. «In unübersichtlichen Situationen bietet sie Schutz und verhindert, dass die Katze entwischt.» Ganz ausschließen lasse sich ein Entkommen jedoch nie. Deshalb sollten Katzen immer geimpft, kastriert, gekennzeichnet und bei einem Haustierregister registriert sein.

Ausflug ersetzt Freigang nicht

So spannend ein Ausflug auch wirken mag: «Ein echter Freigang lässt sich dadurch nicht ersetzen», sagt Nadia Wattad. Katzen schätzten es, selbst zu entscheiden, wohin sie gehen. 

Spaziergänge an der Leine könnten den Alltag einer Wohnungskatze bereichern, «aber sie bleiben immer ein Kompromiss». Der Deutsche Tierschutzbund sieht das Konzept daher «eher kritisch», hält es aber in ruhiger Umgebung oder im eigenen Garten für vertretbar.

Auch Heimtier-Expertin Sabrina Karl von der Tierschutzorganisation Vier Pfoten in Hamburg rät, genau hinzusehen, ob das Tier Freude daran hat. Ob eine Katze Spaziergänge genießt, hängt ihrer Erfahrung nach von Persönlichkeit, Vorgeschichte, Gesundheitszustand und dem Bedürfnis nach Bewegung ab. «Anhand dieser Faktoren sollte man entscheiden, ob der Spaziergang eine willkommene und praktikable Aktivität für die Katze ist.»

Katze langsam an Geschirr gewöhnen

Wichtig sei, das Tier langsam und mit positiven Erfahrungen an Geschirr und Leine zu gewöhnen. Sabrina Karl rät, das Anlegen des Brustgeschirrs in viele kleine Schritte zu unterteilen. Je nach Motivation und Lerngeschwindigkeit könne das Training Tage oder Wochen dauern. Belohnungen wie Futter, Streicheleinheiten oder Spielpausen helfen, Vertrauen aufzubauen und die Motivation zu fördern.

Erst, wenn die Katze sich mit dem Geschirr sicher fühlt, sollte sie die ersten Schritte ins Freie wagen – am besten auf der Terrasse oder dem Balkon, bevor es in den Garten geht. «Dann kann man nach und nach die Intensität der Ablenkungen und Außenreize steigern.»

Auf Körpersprache der Katze achten

Ob der Katze das Abenteuer wirklich gefällt, zeigt ihre Körpersprache: Eine lockere Haltung, neugieriges Schnüffeln oder leises Maunzen sind gute Zeichen. Wirkt das Tier dagegen angespannt, panisch oder zieht sich zurück, sollten Halter sofort reagieren und den Ausflug abbrechen. «Dann lieber neu ansetzen und in kleineren Schritten weitermachen», rät Sabrina Karl.

Langfristig geht es immer auch um Vertrauen. «Verlässlichkeit und liebevolle Unterstützung sind die Grundlage jeder Mensch-Katzen-Beziehung», sagt Karl. Wer die Bedürfnisse seiner Katze erkennt und geduldig auf sie eingeht, stärkt die Bindung – auch draußen an der Leine.

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