Berlin (dpa/tmn) – Wussten Sie, dass das Finanzamt ganz offiziell einen Steuerrabatt gewähren kann? Das geht tatsächlich – und zwar für Veräußerungsgewinne von höchstens fünf Millionen Euro, wenn der Steuerzahler oder die Steuerzahlerin mindestens 55 Jahre alt oder dauerhaft arbeitsunfähig ist und einen entsprechenden Antrag stellt. In diesem Fall kann das Finanzamt einmal im Leben einen ermäßigten Steuersatz aufrufen.
Häufig wird dieser Rabatt etwa eingesetzt, wenn Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ihren Geschäftsbetrieb aufgeben oder verkaufen. Weil der Gewinn in so einem Jahr besonders hoch ausfallen kann, ist der Rabatt dort in der Regel gut eingesetzt. Laut Daniela Karbe-Geßler vom Bund der Steuerzahler dient die Begünstigung dazu, dass Steuerzahlerinnen und Steuerzahler mehr vom Gewinn für die private Altersvorsorge einsetzen können.
Wichtig: Einmal genutzt, kann der Rabatt nicht erneut in Anspruch genommen werden. Verbraucherinnen und Verbraucher tun gut daran, besonders vorausschauend zu agieren.
Steuerberater muss auf Einmaligkeit hinweisen
Ärgerlich: In einem Fall, der vor dem Bundesfinanzhof (Az.: VIII R 2/19) verhandelt wurde, hatte ein Zahnarzt geklagt, weil das zuständige Finanzamt ihm diesen Rabatt bereits in einem Jahr gewährt hatte, in dem er und seine Ehefrau eine hohe Steuernachzahlung erwarteten – obwohl ihn das Ehepaar nicht beantragt hatte. Ihr Steuerberater riet ihnen in diesem Jahr aber davon ab, Einspruch gegen den Bescheid einzulegen, um die Nachforderung des Finanzamts nicht noch größer ausfallen zu lassen.
Die Ernüchterung trat zehn Jahre später ein, als der Zahnarzt seinen Anteil an der Gemeinschaftspraxis veräußerte und dafür den Rabatt in Anspruch nehmen wollte. Das Finanzamt lehnte das mit der Begründung der einmaligen Verwendung des Rabatts ab. Der Bundesfinanzhof bestätigte die Entscheidung. Selbst bei einer zu Unrecht und eigenmächtig gewährten Ermäßigung könne der Rabatt kein zweites Mal eingesetzt werden.
Das Landgericht Lübeck (Az.: 15 O 72/23) sah allerdings beim Steuerberater des Zahnarztes eine Verletzung der beruflichen Sorgfaltspflicht. Weil dieser seinen Mandanten nicht darauf hingewiesen hatte, dass der Rabatt nur einmalig gewährt werden kann, sprach er dem Zahnarzt einen Schadenersatz in Höhe von 220 000 Euro zu. Das Urteil ist bisher nicht rechtskräftig.