Bremen (dpa/lni) – Explodierende Energiepreise, hohe Inflation – viele Tierhalter können die steigenden Kosten für Futter und Arztrechnungen ihrer Lieblinge nicht mehr bezahlen. In solchen Fällen helfen Tiertafeln, die meisten dieser Tafeln in Niedersachsen und Bremen registrieren bereits eine deutlich höhere Nachfrage. Die Spenden hingegen sinken vielerorts.
OLDENBURG: Definitiv mehr Bedarf registriert die Oldenburger Tiertafel. «Wir haben die Öffnungszeiten verlängert, weil neue Tierbesitzer unter anderem auch aus der Ukraine dazugekommen sind», sagt Kirsten Wiechmann. Viele, die ihre Tiere gut versorgen konnten, benötigten nun Unterstützung, weil die Preise stiegen. «Bislang haben wir genug Futter, müssen aber zu den Spenden noch dazukaufen», sagt sie. «Unterstützung erhalten nur Menschen, die schon ein Tier hatten und dann in die Bedürftigkeit rutschen. Wer bedürftig ist und sich dann Tiere anschafft, erhält keine Hilfe.» Tierarztrechnungen spielten bei der Tiertafel keine Rolle. Es gebe aber private Angebote, Rechnungen für Operationen zu übernehmen.
Die Kunden der Oldenburger Tiertafel erhalten Futter für 20 Tage. So könnten mehr Tiere unterstützt werden, sagt Wiechmann. Etwa 80 bedürftige Tierhalter kämen einmal im Monat zur Ausgabe, die Tiertafel versorge rund 60 Katzen und 60 Hunde.
BREMEN: Seit Februar registriert die Bremer Tiertafel rund 100 Menschen mehr, die Tiere besitzen – sie stammen aus der Ukraine. Aber auch viele Rentner brauchen Unterstützung. «Das ist für uns eine große Herausforderung», sagt der Vorsitzende der Tafel, Stefan Evers. 80 Kunden kämen alle zwei Wochen, andere Bedürftige jedoch nur einmal im Monat: «Rund 900 Kilogramm Nassfutter gehen dann über den Tresen, meist für Hunde und Katzen.» Die Bremer Tiertafel, die es seit 2014 gibt, unterstütze ihre Kunden mit rund 70 Prozent des Futterbedarfs.
«Bei den Futterspenden müssen wir einen Großteil zukaufen», sagt Evers. Das gehe nur mit Spendengeld. Aber: «Im Moment geben wir mehr Geld aus, als wir einnehmen», sagt er – das gehe dank eines finanziellen Puffers aus den vergangenen Jahren. Eine Herausforderung sei die Unterstützung bei Tierarztkosten: Wegen der Gebührenerhöhung der Tierärzte könnten Rechnungen nur zur Hälfte von der Tiertafel bezahlt werden. «Wir haben die große Sorge, dass Tiere nun leiden müssen», sagt Evers.
UELZEN: Rund 20 Tierbesitzer kommen jede Woche zur Uelzener Tiertafel. «Die Nachfrage ist in den vergangenen Jahren gleich geblieben», sagt der Vorsitzende der Tafel, Wolfgang Roboom. Die Helfer verteilten Futter oder auch Leinen, Halsbänder, Spielzeug, Katzentoiletten und Decken. Die meisten Kunden haben Katzen oder Hunde, aber auch Besitzer von Hühnern, Meerschweinchen, Hamstern oder Fischen kommen zur Uelzener Tiertafel, die es seit Oktober 2010 gibt.
«Wir unterstützen auch bei Tierarztrechnungen unter 100 Euro», sagt er. Bei höheren Beträgen werde ein Rückzahlungsvertrag abgeschlossen. Berechtigt seien Hartz-IV-Empfänger, Rentner und Menschen mit Grundsicherung. Probleme mit mangelnden Spenden gibt es nicht: «Wir haben gute Kontakte, und wir werden gut bedacht mit Spenden.»
NORDEN: Der Bedarf an Futter ist grundsätzlich gestiegen, wie die Norder Tiertafel urteilt: «Es kommen auch Tierbesitzer, die schon viele Jahre Tiere haben, aber erst jetzt die Tafel in Anspruch nehmen», sagt Sonja Lindemann, die Gründerin der Norder Tiertafel. Viele Menschen hätten sich in der Corona-Pandemie Tiere angeschafft, das werde ihnen zu viel. «Das Spendenaufkommen ist zurückgegangen, wir müssen Futter zukaufen», sagt sie. Rund 40 Tierhalter kämen einmal im Monat zur Ausgabe, damit würden mehr als 100 Tiere versorgt.
Nach der seit 22. November geltenden neuen Gebührenordnung der Tierärzte «sehen wird schwarz für viele Tiere», betont Lindemann. Denn etliche Tierhalter hätten die Rechnungen bisher schon nicht bezahlen können – was ihnen nun noch schwerer fallen dürfte. Dies habe zur Folge, dass sie teils mit ihren kranken Tieren nicht zum Tierarzt gehen, die Tiere könnten leiden oder gar sterben.
OSTERHOLZ: Auch bei der Osterholzer Tiertafel, die seit 2011 besteht, ist die Nachfrage gestiegen. «Es kommen bedeutend mehr Menschen, weil alles so teuer geworden ist», sagt Christa Hase. Rund 100 bis 140 bedürftige Tierhalter kämen jeden ersten Mittwoch im Monat zur Ausgabe. Die meisten hätten zwei oder drei Tiere, vor allem Hunde und Katzen, aber auch Kaninchen. «Bis jetzt haben wir es geschafft, aber die Futterspenden werden weniger, es ist sehr schwierig», sagt sie. Auch die Geldspenden seien gesunken. Allerdings seien diese für die Zahlung von Tierarztrechnungen nötig. «Früher haben wir Kastrationen zu 100 Prozent übernommen, heute zahlen wir 50 bis 70 Prozent», sagt Hase.
LAATZEN: Weil die ehrenamtlichen Helfer abgesprungen sind, kümmert sich Dietmar Plömer allein um die Tiertafel «Helfende Pfötchen» in Laatzen bei Hannover. «Die Leute rufen mich an, wenn sie Futter brauchen», sagt er. Sechs bis zwölf Bedürftige meldeten sich regelmäßig bei ihm, dabei gehe es ausschließlich um Hunde- und Katzenfutter. Spenden seien nicht das Problem, ihm fehlten Mitstreiter. «Früher haben wir dreimal pro Woche Futter ausgegeben, hatten ein eigenes Büro und einen Dienstwagen», sagt Plömer. Doch der 77-Jährige ist seit drei Jahren Einzelkämpfer.