Berlin/ München (dpa/tmn) – Von A wie Avocado bis Z wie Zwiebeln: Die Liste der Lebensmittel, die für Hunde angeblich gefährlich sind, ist lang.
Tierärztin Julia Fritz fällt spontan ein Nahrungsmittel ein, das im Napf und Hundemagen nichts zu suchen hat: «Weintrauben – und alles, was daraus gemacht wird!» Sprich, Rosinen pur, im Müsli oder Stollen.
«Im Extremfall können sie tatsächlich schlimme Nierenschäden auslösen», sagt Julia Fritz, die sich in einer Fachtierarztpraxis bei München auf Ernährungsberatung spezialisiert hat. Wobei die Betonung auf «können» liegt. Denn weder Ursache noch Ausmaß für die Gesundheitsfolgen sind bekannt.
Zu wenig wissenschaftliche Daten
«Wir haben in den letzten Jahren vermehrt Hinweise, dass Weintrauben Probleme bereiten können. Aber wir wissen überhaupt nicht, warum», sagt Professor Jürgen Zentek, Direktor des Instituts für Tierernährung an der Freien Universität Berlin.
Weder sei bekannt, warum manche Hunde keinerlei Folgeerscheinungen zeigen, noch, welcher Stoff in welcher Menge dafür verantwortlich ist, dass anderen hundeelend wird.
Das ist das zweite Dilemma, wenn es um gefährliche Lebensmittel für Hunde geht: «Wir haben gar nicht so viele Daten, weil die Erkenntnisse immer auf einzelne Fälle zurückgehen, bei denen dokumentiert wurde, dass etwas passiert ist», sagt Zentek.
Auch Formeln, wie viel von einem Lebensmittel für welchen Hund schädlich sein könnte, gibt es nicht: «Das ist ein schwieriger Punkt, weil ja niemand Versuche macht, um in irgendeiner Weise die Dosis herauszufinden.»
Keine Schokohasen für den Hund
Ganz sicher ist aber: «Was für uns Menschen harmlos ist, kann für einen Hund schädlich, giftig und im schlimmsten Fall sogar lebensbedrohlich sein», warnt Julia Fritz. Weit oben auf der Liste der verbotenen Lebensmittel ordnen Experten Schokolade ein.
Je dunkler, umso gefährlicher, weil sie dann umso mehr Theobromin enthält. «Dieser Inhaltsstoff kann zu Herz-Rhythmus-Störungen führen», erklärt die Tierärztin. Also auf keinen Fall Schokohasen für den Hund zu Ostern verstecken. «Das wäre alles andere als eine gute Idee!»
Schädlich kann auch ein Zucker-Ersatzstoff sein, der sich zunehmend zum Trend entwickelt: Xylit, Xylitol oder Birkenzucker. Ein Austauschprodukt, das in Plätzchen und Kuchen, und sogar in Zahnpasta zu finden ist. Julia Fritz berichtet von einem Hund, der eine Packung Kaugummis mit Xylit gefressen hat. Danach musste er mehrere Tage an den Tropf, weil er eine lebensbedrohliche Unterzuckerung bekommen hatte.
Vorsicht bei bestimmten Gemüsen
Nicht nur Industrieprodukte, sondern auch Gemüse kann Hunden Probleme bereiten: «Der Klassiker sind rohe Zwiebeln und Knoblauch», sagt Jürgen Zentek. Auch rohe Kartoffeln können durch ihren Solanin-Anteil hochgradig toxisch sein.
Weniger kritisch sieht Zentek Paprika oder Tomaten. Vor den Nachtschattengewächsen wird in Hundeforen immer wieder gewarnt. «Natürlich gibt es immer Extremfälle, aber man sollte sich hüten, zu viel da hineinzuinterpretieren», sagt er.
«Alles, was der Mensch roh essen kann, kann der Hund grundsätzlich auch roh essen», sagt Julia Fritz. Paprika könne man durchaus als kalorienarmen Snack mit Vitaminen und ein paar Ballaststoffen geben. Und gekochte Kartoffeln seien ein hervorragender Energie-Lieferant.
Vorsicht Blausäure
Obst gilt – mit Ausnahme der Weintrauben – generell als unbedenklich. Größere Kerne sollten Hundehalter aber nicht verfüttern. Zum einen könnten diese im Darm hängen bleiben, zum anderen können sie Blausäure enthalten. Spätestens, wenn Hunde etwa Aprikosen- oder Mirabellen-Kerne zerkauen, und nicht im Ganzen verschlucken, kann dies zu ernsthaften Problemen führen.
Auch bestimmte Nüsse, die für Menschen gesund sind, können bei Hunden das Gegenteil bewirken. Vor allem bei Macadamia mehren sich die Hinweise. So können laut Fritz etwa vorübergehende Hinterhandlähmungen auftreten.
Robuster Magen
Auch rohe Eier sind nicht unbedingt gesundheitsförderlich. «Wenn man dem Hund ab und zu mal ein rohes Ei gibt, ist das kein Problem», sagt Jürgen Zentek. Bei täglicher Gabe könne aber ein Biotin-Mangel entstehen. Ganz grundsätzlich gilt – wie bei anderen Lebensmitteln auch: «Die Dosis macht das Gift.»
Generell haben Hunde keinen besonders empfindlichen Magen und Darm. «Wir können sogar davon ausgehen, dass sie eine relativ robuste Verdauung haben», sagt Zentek. Auch unterschiedliche Reaktionen auf kritische Lebensmittel je nach Hunderasse seien in der Wissenschaft nicht bekannt.
«Es gibt nur Hunderassen, die gefährdeter sind, weil sie alles Mögliche fressen», sagt Zentek. Als Beispiele nennt er: Labradore, Beagle und Cocker Spaniel.
Alarmzeichen erkennen
Nur, weil ein Hund ein paar «ungenießbare» Lebensmittel gefressen hat, sollte man nicht gleich in Panik verfallen. Auch eine vorübergehende Verstopfung, Durchfall oder Erbrechen seien noch kein Grund, von akuten Vergiftungserscheinungen auszugehen.
«Wenn der Hund plötzlich ungewöhnlich ruhig oder ungewöhnlich aufgeregt ist, wenn er sehr nervös oder lethargisch ist, wenn er mehrfach in kurzen Abständen erbricht, ohne dass es produktiv ist, dann sind das Alarmzeichen», sagt Tierärztin Fritz.
Rein prophylaktisch einen Arzt aufzusuchen, nur weil der Hund ein paar Weintrauben oder ein Stückchen Schokolade vertilgt hat, empfiehlt Jürgen Zentek nicht. Hundehalter sollten aber auf die Symptomatik achten: «Wenn ich sehe, dass sich das Allgemeinbefinden verschlechtert oder es gar zu Krampfanfällen kommt, macht es auf jeden Fall Sinn, Hilfe zu suchen und sich beraten zu lassen», so der Experte.
Und zwar von denen, die sich damit auskennen. Also nicht das Internet-Forum oder den Nachbarn fragen, rät Tierärztin Julia Fritz. Gibt es hingegen klare Alarmzeichen, sollten Hundehalter nicht zögern und das Tier in die Praxis bringen.