Halle (dpa/sa) – Mit Klingeln, Fahnen und unter Polizeibegleitung machen in Halle regelmäßig selbst die Jüngsten darauf aufmerksam, dass mehr Hallenserinnen und Hallenser aufs Fahrrad statt ins Auto steigen sollten. «Fahrradfahren ist nicht nur gesund, es ist auch gut für die Umwelt», sagt die zehnjährige Luise Künemund. Ihre drei Jahre jüngere Schwester Gerda ergänzt: «Ich habe aber auch gar keine Lust um Baustellen herumzufahren.»
Gemeinsam mit anderen Kindern sowie Eltern und Lehrkräften lassen sich die Schülerinnen der freien Schule «Riesenklein» sowie der Saaleschule deshalb von der Polizei zur Schule bringen. An ausgewählten Tagen startet der sogenannte Fahrradbus vom August-Bebel-Platz in der Innenstadt Halles über Umwege in Richtung Burg Giebichenstein. Um in den Bus einzusteigen, müssen Mitfahrende einfach nur entlang der Route warten: «Dann wird geklingelt und dann können sich die Kinder einreihen», erklärt Luise. Im Pulk geht es dann immer weiter durch die Stadt.
Die Hallenserinnen und Hallenser sind Teil einer größeren Fahrradbus-Bewegung. Am vergangenen Wochenende trafen sich Aktivistinnen und Aktivisten verschiedener Nationen – unter anderem aus Glasgow (Schottland), Portland (USA) und Frankfurt – in Barcelona, um Erfahrungen auszutauschen. Den Fahrradbus in der spanischen Stadt gibt es seit zwei Jahren. Er bringt mittlerweile wöchentlich Hunderte Kinder zu ihren Bildungseinrichtungen.
Gerda, Luise, ihr Vater Jürgen und auch ihre Mutter sowie ihr zwei Jahre alter Bruder sind viel mit dem Fahrrad unterwegs. «Wir versuchen, so viel wie es geht mit dem Rad zu machen – auch wenn das Wetter mal nicht so gut ist», sagt Jürgen Künemund. In den kalten Monaten sei es gelegentlich schwer, die Kinder davon zu überzeugen, für den ganz besonderen Bus früher aufzustehen und sich aufs Rad statt ins Auto zu schwingen. «Aber eigentlich macht es ja schon ziemlich Spaß, mit dem Fahrradbus zur Schule zu fahren. Da treffen wir auch immer unsere Freunde», sagt Gerda, die noch viel lieber alleine mit dem Fahrrad zur Schule fahren will. Denn: «Der Fahrradbus fährt halt nicht direkt.»
Obwohl immer mal wieder Reifen aneinander stießen, einzelne Mitfahrende die Lust am gemeinsamen Radeln verlässt oder es eng auf der Straße wird, sei es bislang noch zu keinem größeren Unfall gekommen, so Künemund. Mit der Aktion wollen die Kinder und Erwachsenen vor allem für mehr Akzeptanz für Radfahrerinnen und Radfahrer auf den Straßen sorgen. Während andere Radfahrer oder Fußgänger meist freudig dabei zusähen, wie sich der Fahrradbus seinen Weg durch die Stadt bahnt, säßen in den Autos regelmäßig auch Kritiker: «Es gibt leider immer noch Autofahrerinnen und Autofahrer, die uns für bekloppt halten, viel zu schnell und viel zu dicht an uns vorbeifahren, uns einen Vogel zeigen.» Luise, Gerda und den anderen Kindern sei das jedoch egal. Sie wollen weiterfahren – vor allem, wenn es jetzt wieder wärmer wird. «Weil das Gute am Fahrradbus ist nämlich: Er ist nie voll», sagt Gerda und grinst.