Berlin/Frankfurt (dpa) – Die Luftverkehrsbranche fürchtet zum Frühsommer größere Beschränkungen im deutschen Luftraum, die zu Verspätungen führen könnten. Neben dem Ukraine-Krieg nannte der Branchenverband BDL am Mittwoch das geplante Manöver «Air Defender 2023», an dem im Juni bis zu 200 Kampfjets verschiedener Nato-Partner teilnehmen sollen. Der Verband sprach sich dafür aus, die Auswirkungen der Großübung auf den «ohnehin hochbelasteten deutschen Luftraum» auf ein Minimum zu reduzieren.
Der BDL erwartet für dieses Jahr weiter einen erneuten Wiederanstieg des zivilen Luftverkehrs nach der Pandemie. Auf den Europa- und Interkontinentalstrecken werde das Angebot rund 88 Prozent des Niveaus aus dem Vorkrisenjahr 2019 erreichen und damit deutlich hinter anderen europäischen Ländern zurückbleiben.
Das größte Wachstum werde an den Drehkreuzen Frankfurt und München stattfinden sowie an einigen Flughäfen wie Dortmund und Nürnberg, wo Direktfluggesellschaften ihr Angebot ausgebaut haben. Dagegen werde sich das Angebot an den mittelgroßen Standorten Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Hannover und Stuttgart unterdurchschnittlich erholen.
BDL-Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow machte die staatlich verursachte Kosten dafür verantwortlich, dass Billigflieger wie Ryanair ihr Angebot in Deutschland weniger ausbauen als anderswo. Bei ihren eigenen Kosten seien die deutschen Standorte auf relativ gleichem Niveau wie andere europäische Anbieter. Zu den europaweit höchsten Luftverkehrssteuern kämen zusätzliche Gebühren für Flugsicherheit und Passagierkontrollen, bei denen Deutschland ebenfalls an der Spitze stehe.
Ein erneutes Abfertigungschaos wollen Flughäfen und Fluggesellschaften möglichst vermeiden. Die Branche bereite sich seit Monaten intensiv auf die Reisesaison vor, versicherte BDL-Präsident Jost Lammers. «Wenn alle an einem Strang ziehen, wird es in diesem Sommer für uns machbar sein», sagte der Münchener Flughafenchef. Man habe die Optimierung der Prozesse beim Check-in, bei der Flugzeugabfertigung, Gepäcknachverfolgung sowie bei der «herausfordernden» Personalrekrutierung auf den Weg gebracht. Neuartige CT-Handgepäckscanner werde es außerhalb von München und Frankfurt in diesem Sommer aber nicht geben, ergänzte von Randow.
Es scheint weiter an Arbeitskräften zu mangeln. Der Verband sprach sich für eine erleichterte Anwerbung in Staaten außerhalb der EU aus. Das geplante Arbeitskräftezuwanderungsgesetz gehe zwar in die richtige Richtung, brauche aber Zeit. Bis dahin benötige man kurzfristig wirkende Genehmigungen mit geringeren bürokratischen Hürden, sagte Lammers. Im vergangenen Jahr war ein Versuch über eine Sondergenehmigung im Sande verlaufen, aus der Türkei kurzfristig Tausende Arbeitskräfte anzuwerben.