Frankfurt/Main (dpa) – Die Lufthansa hat nach einem lukrativen Sommergeschäft die Corona-Pandemie geschäftlich hinter sich gelassen. Das Management peilt bereits für das laufende Jahr einen Milliarden-Gewinn an und sieht mittelfristig glänzende Aussichten für den weiteren Geschäftsausbau und eine höhere Profitabilität. Bis zum Jahresende sollen daher auch die restlichen noch offenen Staatshilfen aus Österreich und Belgien in Höhe von rund 500 Millionen Euro zurückgezahlt werden.
Es werde weltweit so schnell kein Überangebot an Flugreisen mehr geben, sagte Konzernchef Carsten Spohr am Donnerstag bei Vorlage der Geschäftszahlen für das dritte Quartal 2022. Es fehle an Ersatzteilen, verfügbaren Flugzeugen und in den USA auch an Piloten. Gleichzeitig steige die Nachfrage auch aus Asien, so dass es eine «gute Balance» mit «guten Preisen» geben werde. «Wir haben den Krisen-Modus hinter uns gelassen», sagte Spohr.
Die Kunden spürten die starke Auslastung der Jets vor allem an hohen Ticketpreisen. Die Durchschnittserlöse seien 23 Prozent höher gewesen als im Vergleichszeitraum von 2019, berichtete Spohr. Die Branche benötige höhere Einnahmen, um die anstehenden Investitionen bewältigen zu können, sagte der Lufthansa-Chef. Er beruhigte aber: «Weitere Steigerungen sehe ich derzeit nicht.» Vor allem in den USA gebe es bereits eine hohe Nachfrage nach Europareisen im kommenden Jahr. Der starke Dollar macht Urlaub in der Eurozone für US-Amerikaner billiger.
In der vergangenen Woche hatte der MDax-Konzern seine Gewinnprognose bereits verdoppelt und für das Gesamtjahr 2022 ein operatives Ergebnis (bereinigtes Ebit) von über einer Milliarde Euro angepeilt. Auch für das sonst eher schwache vierte Quartal erwartet der Vorstand schwarze Zahlen.
Zudem will die Lufthansa die verbliebenen Staatshilfen von rund einer halben Milliarde Euro für ihre Auslandstöchter Austrian und Brussels bis Ende Dezember zurückzahlen. Die Hilfen aus Deutschland und der Schweiz hat das Unternehmen bereits abgelöst und sich stattdessen am privaten Kapitalmarkt mit Geld versorgt.
Im dritten Quartal schrieb der Konzern trotz des immer noch um ein Viertel gekürzten Angebots unter dem Strich wieder klar schwarze Zahlen. Der Überschuss lag in der stärksten Reisezeit des Jahres bei 809 Millionen Euro nach einem Verlust von 72 Millionen Euro ein Jahr zuvor. Den operativen Gewinn konnte der Konzern auf etwa 1,1 Milliarden Euro mehr als vervierfachen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Der Umsatz verdoppelte sich in der Jahresfrist nahezu auf nun 10,1 Milliarden Euro.
Für die Passagier-Sparte des Konzerns war es trotz zweier Streiks der erste operative Quartalsgewinn seit Beginn der Pandemie. Von Juli bis September waren mehr als 33 Millionen Passagiere an Bord nach nur rund 20 Millionen ein Jahr zuvor. Die Jets waren mit 86 Prozent so gut ausgelastet wie in den Rekordjahren vor der Pandemie, in den oberen und besonders teuren Klassen First und Business war die Auslastung sogar höher als 2019.
Die Kosten für die Streiks bei der Hauptmarke Lufthansa bezifferte der Konzern auf rund 70 Millionen Euro. Man brauche im Konzern ein «neues Verständnis» untereinander, meinte Spohr und verwies auf Tarifabschlüsse in Österreich und der Schweiz sowie bei der Fracht-Beteiligung Aerologic. Hart bleiben will die Lufthansa hingegen gegenüber den streikenden Piloten der Billigmarke Eurowings. Die Flotten-Kürzung um fünf Flugzeuge bei der Tochter werde nicht revidiert, sagte Spohr. «Streikkosten sind auch Personalkosten.»
Die Frachtsparte Lufthansa Cargo erzielte einen weiteren Spitzenwert und will im laufenden Jahr ihren operativen Rekordgewinn von rund 1,5 Milliarden Euro aus dem Jahr 2021 übertreffen. Auch die Wartungssparte Lufthansa Technik stehe 2022 vor einem Rekordergebnis, hieß es. Die Techniker werden weltweit gebraucht, um die in der Corona-Krise eingemotteten Flugzeuge wieder flottzumachen.