Templin/Oranienburg (dpa/bb) – Wer in der Uckermark ins Kino gehen will, der muss mitunter lange fahren. In größeren Städten wie Templin, Prenzlau oder Angermünde wird er noch fündig, ansonsten sieht es schlecht aus. Das «Multikulturelle Zentrum Templin» hatte vor sieben Jahren eine Idee: Das Kino kommt zu den Menschen. Seitdem fährt ein Team vom «Mobilen Kino Uckermark» während der Sommermonate quer durchs Land und baut eine mobile Leinwand in einem Park oder auf einem Dorfplatz auf.
Mittlerweile gibt es in Brandenburg viele solcher Open-Air-Kinos. In einer Zeit, in der Netflix & Co. zu Hause über den großen Flachbild-Fernseher mit entsprechendem Soundsystem laufen, sind Kinos unter Druck geraten. Auch während der Corona-Zeit haben es sich viele Menschen zu Hause gemütlich gemacht. Wird der Kinoabend aber mit einem besonderen Event verbunden, zum Beispiel in schöner Landschaft unter freiem Himmel, kann er die Zuschauer wieder vom heimischen Sofa weglocken.
Kathrin Bohm-Berg, Geschäftsführerin des Multikulturellen Zentrums Templin, ist mit der diesjährigen Saison des «Mobilen Kinos» zufrieden. «Wir gehen auf die 3000 Besucher zu», sagt sie im Gespräch. An diesem Wochenende laufen die letzten beiden Vorstellungen, dann ist die Saison für dieses Jahr beendet. «Ein Abend, ein Event – das macht den Charme des Konzepts aus», sagt Bohm-Berg. Hinzu komme die tolle Landschaft der Uckermark. Das mobile Kino locke Besucher in kleine Dörfer und Orte, in die sie sonst vermutlich gar nicht fahren würden.
Das Kulturzentrum arbeitet dabei mit Partnern vor Ort zusammen. Aus Templin wird die Technik angeliefert – ein sechs mal sieben Meter großer Bildschirm, der mit dem sogenannten DCT-Standard zur digitalen Wiedergabe arbeitet. Damit können die Templiner auch aktuelle Blockbuster in die Dörfer bringen.
Bei der Auswahl der Orte sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt: Neben der Freilichtbühne in Lychen und der Klosterruine in Boitzenburg ist auch die «Eisschmiede» in Pinnow mit dabei, wo nach alter Handwerkstradition produziert wird. So kann der Kinoabend gleich mit einem kulinarischen Erlebnis verbunden werden.
«Wir wollen die besten Filme an schönen Orten präsentieren», sagt Kathrin Bohm-Berg. Die Veranstalter setzten auf naturnahe Orte, die den Spirit der Region weitergeben. Von aktuellen Blockbustern bis Programmkino reicht das Angebot des mobilen Kinos. Dabei werde eine kleine Vorauswahl erstellt, wobei die Veranstalter vor Ort an der Auswahl des Films mitwirken könnten. An diesem Freitag läuft beispielsweise «Ticket to paradise» auf Gut Dauerthal nördlich von Prenzlau, am Sonnabend schließt dann die Saison mit «Glück auf einer Skala von 1 bis 10» in Götschendorf.
Durchschnittlich 100 bis 150 Zuschauer locke so ein Kinoevent unter freiem Himmel an, sagt Bohm-Berg. Vor der Corona-Krise seien es teilweise zwischen 200 und 300 Besucher gewesen – dennoch habe das mobile Kino auch während der Pandemie im Gegensatz zu den klassischen Kinos nie schließen müssen.
Während das «Mobile Kino Uckermark» die ganze Saison über auf Achse ist, setzen Städte und Gemeinden zunehmend auf einmalige oder zeitlich begrenzte Events, die Kinofreunde anlocken wollen. So gab es in dieser Saison erstmals an zwei Abenden im Schlosspark Oranienburg (Kreis Overhavel) ein Open-Air-Kino.
«Monsieur Claude und sein großes Fest» sowie «Das perfekte Geheimnis» liefen am letzten Augustwochenende. «Das war eine einmalige Sache», sagt Nadine Wolf von der Gesellschaft Tourismus und Kultur Oranienburg. Finanziert worden seien die kostenlosen Kinoabende aus dem Bürgerhaushalt. Die Stadt nördlich von Berlin war laut Wolf mit den Besucherzahlen zufrieden – und überlegt, das Event im kommenden Jahr zu wiederholen.
Auch Birgit Kunkel vom Tourismus-Marketing Brandenburg (TMB) zählt auf Nachfrage zahlreiche Open-Air-Kinos im Land auf, beispielweise auf Gut Hobrechtsfelde im Barnimer Land, ein Sommerkino im Strandbad Bötzsee (Kreis Märkisch-Oderland) oder im Freilandmuseum Lehde (Kreis Oberspreewald-Lausitz). Solche Angebote seien nicht nur für Einheimische interessant, sondern auch für Touristen: «Kino-Aufführungen an schönen und besonderen Orten sind auf jeden Fall attraktive Angebote und passen gut in das Programm eines Urlaubstags», sagt Kunkel.
Während die meisten Kinos ihre Saison in diesen Wochen beenden, gehen Matthias Jankowiak und sein Sohn Lino Haselhorst weiter auf Tour. Vor vier Jahren begannen sie zunächst sporadisch mit ihrem «Wanderkino Brandenburg» – mit Erfolg. Mittlerweile ist das Kino auf Rädern für beide zum Hauptberuf geworden.
Das Konzept funktioniert ähnlich wie beim «Mobilen Kino Uckermark»: Auf dem Land, wo Kinos kaum noch vorhanden sind, bringen die beiden Kino-Vagabunden die große Leinwand nebst Audio-Anlage zusammen mit lokalen Partnern zu den Menschen. «Wir waren den ganzen Sommer gut gebucht», sagt Jankowiak. In Gärten, auf Dorfplätzen oder in Parks spielen sie vorwiegend Programmkino oder Filmklassiker wie «Honig im Kopf». Auch hier dürfen die Partner vor Ort an der Auswahl mitwirken.
Mitte Oktober soll es nochmals eine Open-Air-Veranstaltung geben, dann geht es in geschlossenen Räumen wie Schulaulen oder Scheunen weiter. Doch unter freiem Himmel ist es für Jankowiak am schönsten: «Vor kurzem hatten wir eine Vorstellung, da hat es den ganzen Abend Sternschnuppen geregnet. Das war richtig schön.»