Berlin/Frankfurt/Main (dpa/tmn) – Hat man an der Zigarette gezogen, muss man nicht einmal bis zehn zählen: Innerhalb von Sekunden kommt das Nikotin aus dem Tabakrauch im Gehirn an. Dort sorgt es für die Ausschüttung bestimmter Botenstoffe im Gehirn. Genau das ist der Grund, warum sich Raucherinnen und Raucher dann wohler, entspannter, fokussierter fühlen.
Mit einem großen Aber: «Nikotin ist ein Suchtstoff, der schnell zu einer körperlichen Abhängigkeit führen kann», sagt Michaela Goecke von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).
Das bekommen Raucherinnen und Raucher zu spüren, wenn sie auf die Zigarette verzichten. Nervosität, Müdigkeit, erhöhte Reizbarkeit, mehr Appetit: Entzugssymptome wie diese machen das Dranbleiben schwer. Zack, ist das Rauchstopp-Vorhaben im schlechtesten Fall wieder dahin.
Nikotinersatzprodukte versprechen, dass das nicht passieren soll. Der Klassiker ist das Pflaster, es gibt aber auch Kaugummis, Lutschpastillen, Inhalatoren, Nasen- oder Mundsprays. Was sie bringen und welches Produkt für wen passt – ein Überblick.
Wie funktionieren Nikotinersatzprodukte?
Die Produkte sollen das Nikotin der nicht gerauchten Zigaretten ersetzen und somit körperliche Entzugssymptome abfedern. «Dabei haben Nikotinersatzprodukte den Vorteil, dass sie eben nur Nikotin ersetzen, aber nicht die rund 4.000 Schadstoffe einer Zigarette enthalten», sagt Christine Throl, Redakteurin der Zeitschrift «Öko-Test».
Das Nikotin gelangt dabei über Haut oder Schleimhäute in den Körper. Mit der Zeit kann man die Dosierung der Produkte schrittweise herunterfahren. Nikotinersatzprodukte sollten maximal drei bis sechs Monate zum Einsatz kommen, erklärt Michaela Goecke, die bei der BZgA die Abteilung Themenspezifische gesundheitliche Aufklärung leitet. «Danach sollte das Nikotin sozusagen aus dem Körper ausgeschlichen sein und man sollte nicht mehr mit Entzugssymptomen rechnen müssen». Soweit die Theorie.
Und nun die Praxis: Funktioniert das wirklich?
Studien zeigen: Nikotinersatzprodukte können einen Teil der Raucherinnen und Raucher wirksam bei der Tabakentwöhnung unterstützen – und zwar diejenigen, die eine starke körperliche Abhängigkeit haben.
Ob die bei einem selbst vorliegt, das kann man mit dem Fagerström-Test herausfinden, der eine Handvoll Fragen zum Rauchverhalten stellt (https://dpaq.de/lvoHjE8). «Abgefragt wird darin unter anderem wann man morgens die erste Zigarette raucht, wie viel man überhaupt raucht, ob man das auch tut, wenn man krank im Bett liegt», sagt Michaela Goecke.
Ein Wundermittel sind Nikotinersatzprodukte aber nicht. «Allein mit den Nikotinersatzprodukten wird man den Rauchstopp als starke Raucherin oder starker Raucher nicht schaffen», sagt die BZgA-Expertin.
Schließlich haben viele von ihnen neben der körperlichen auch eine psychische Abhängigkeit entwickelt. Es ist also nicht nur der Körper, der nach Nikotin verlangt. Es ist auch die Psyche, die bestimmte Rituale einfordert – die Zigarette am frühen Morgen, das Rauchen beim Zusammensitzen mit Freunden, die Stress-Kippe, wenn im Job alles zu viel wird.
«Die Nikotinersatzprodukte funktionieren allerdings nur in Richtung der körperlichen Abhängigkeit», stellt Michaela Goecke klar. «Aber das entbindet einen nicht von der Notwendigkeit, das Verhalten umzustellen. Und das ist sehr, sehr schwierig.»
Pflaster, Kaugummi, Pastille: Welches Produkt ist denn das Richtige für mich?
Auf eigene Faust rezeptfreie Produkte ausprobieren, davon rät Michaela Goecke ab. Man sollte sich individuell beraten lassen, in der Arztpraxis oder der Apotheke. Welches Produkt in welcher Dosierung passt – das hängt unter anderem davon ab, wie viel man geraucht hat, welche Vorerkrankungen es gibt.
Eine Rolle bei der Auswahl spielt auch, ob man etwa zu allergischen Hautausschlägen neigt – dann ist ein Pflaster nicht die beste Wahl. Und wenn man eine Zahnprothese trägt, spricht das gegen das Kaugummi. Wirken rezeptfreie Mittel nicht, kann man sich von Arzt oder Ärztin auch rezeptpflichtige verschreiben lassen.
Der Klassiker ist das Pflaster: Was muss ich da beachten?
Nikotinpflaster sollen – je nach Stärke – 10, 20 oder 30 täglich gerauchte Zigaretten ersetzen.«Diese Pflaster klebt man sich auf die Haut, wo sie 16 bis 24 Stunden bleiben», sagt Christine Throl. «In dieser Zeit geben sie kontinuierlich Nikotin ab, sodass der Nikotinspiegel konstant bleibt und aufflackernde Entzugssymptome vermieden werden.»
Wer Nikotinpflaster nutzt, muss sich allerdings darauf einstellen, dass das Nikotin langsamer in den Körper gelangt als beim Rauchen einer Zigarette. Den Kick, der binnen Sekunden ins Gehirn schießt – den gibt es nicht.
BZgA-Expertin Goecke sieht in Pflastern einen Vorteil gegenüber Kaugummis. Sie klebt man einmal auf und kann dann sozusagen vergessen, dem Körper Nikotin zuzuführen. «Beim Kaugummi ist das anders. Das muss man immer wieder nehmen – ähnlich wie man immer wieder zu einer Zigarette greifen würde. Das kann damit eher das Rauchverhalten und vielleicht auch eine Suchtsymptomatik unterstützen.»
Und wenn sich zwischendurch – trotz Pflaster – die große Lust auf eine Kippe meldet? «Dann kann man sie mit Sprays, Kaugummis oder einem Inhaler kombinieren, um solche Nikotin-Hieper abzufedern», sagt Throl.
Können Nikotinersatzprodukte auch Nebenwirkungen haben?
Ja, es können etwa Schwindel, Kopfschmerzen oder Übelkeit auftreten. Bei Pflastern kann es zudem zu Hautreizungen kommen: «Öko-Test» rät dabei, die Pflaster immer an unterschiedlichen Körperstellen an Rumpf, Hüfte oder Oberarmen zu platzieren.
Immerhin: Sorge, dass neben dem Nikotin schädliche Stoffe in den Körper gelangen können, muss man nicht haben. «Öko-Test» hat Ende 2022 zehn Nikotinersatzprodukte untersucht – mit erfreulichen Ergebnissen: «Alle Produkte sehr gut und gut aus dem Test gegangen», fasst Christine Throl zusammen.
«Wir haben nur bei drei Produkten – das waren Kaugummis und Lutschtabletten – Titandioxid kritisiert, das mittlerweile in Lebensmitteln verboten ist, aber in Arzneimitteln eben noch erlaubt.» Dreimal fand «Öko-Test» außerdem das Antioxidans BHT, das unter dem Verdacht steht, wie an ein Umwelthormon zu wirken.
Zusätzlich zum Nikotinersatz: Wie stoße ich die Verhaltensänderung an?
Das Rauchen als Gewohnheit wieder verlernen – damit das klappt, muss man sich selbst gut beobachten. Eine hilfreiche Frage dabei: In welchen Situationen rauche ich? «In Vorbereitung auf den Rauchstopp muss man sich dann eine Strategie überlegen: Wie komme ich ohne Zigarette durch den Tag?», sagt Michaela Goecke.
Experten empfehlen übrigens, das Rauchen von einem auf den anderen Tag komplett einzustellen, also einen klaren Schlussstrich zu ziehen.
Vorab sollte man einen Plan für einen möglichen Rückfall entwickeln. Denn: «Viele Raucherinnen und Raucher schaffen es nicht beim ersten Versuch», sagt Goecke. «Das muss man wissen und sich sagen: Okay, ich gebe aber nicht auf. Ich mache weiter. Ich lasse mich noch mal beraten.»
Beratungs- und Hilfsangebote für den Rauchausstieg gibt es viele. Die BZgA bietet etwa eine Telefonberatung zur Rauchentwöhnung und auch ein Online-Entwöhnungsprogramm (https://dpaq.de/1XVYTPs) an.