Berlin (dpa) – Der Machtkampf in der AfD spitzt sich zwei Wochen vor dem Bundesparteitag weiter zu. In ihrem Antrag zum Parteiausschluss Björn Höckes vergleicht die AfD-Spitze Thüringens Landeschef nach einem Bericht der «Bild am Sonntag» mit Adolf Hitler. Dem 45-Jährigen, der als Rechtsaußen-Mann der AfD gilt, würden in dem Antrag des Bundesvorstandes «Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus», Verfassungsfeindlichkeit sowie Kontakte zur Spitze der rechtsextremen NPD vorgeworfen. Höcke hatte für Deutschland eine «erinnerungspolitische Wende um 180 Grad» gefordert.
Thüringens AfD-Spitze reagierte scharf auf den Hitler-Vergleich. «Ein solcher Vergleich ist ein krasser Fehlgriff», sagte Stefan Möller, der sich mit Höcke den Landesvorsitz teilt. Dieser Vergleich sei ein Indiz für die inhaltliche Schwäche des Bundesvorstandes bei der Begründung des Ausschlussverfahrens gegen Höcke. «Es ist in Deutschland schlechter Brauch, bei fehlenden Argumenten Nazi-Vergleiche als politische Waffe einzusetzen», sagte Möller.
Unterdessen hielt Parteivize Alexander Gauland den Streit um die Spitzenkandidatur am Köcheln und betonte seine Bereitschaft zu einer Teamlösung mit Parteichefin Frauke Petry. «Ich werde meine ausgestreckte Hand in Richtung Frauke Petry nicht zurückziehen», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Eine Kampfkandidatur schloss er aber aus. Der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» sagte Gauland, Petry wolle alleinige Spitzenkandidatin werden. «Für mich hat sich das damit erledigt.»
Am 22. April entscheidet ein AfD-Bundesparteitag in Köln über das Wahlprogramm der Rechtspopulisten und darüber, ob sie mit Petry als alleiniger Spitzenkandidatin oder mit einem Team in den Wahlkampf ziehen. Für so ein Team hatten zuletzt mehrere Vorstandsmitglieder Gauland ins Spiel gebracht. Petry gilt als gesetzt.
Bei der AfD streiten seit längerer Zeit Realpolitiker und Fundamentalisten erbittert um die Ausrichtung der Partei. Die Debatte ist eng verknüpft mit dem Machtkampf zwischen Petry und ihren Kritikern, zu denen Gauland, der Co-Vorsitzende Jörg Meuthen und Höcke zählen.
Petry befeuert den Streit mit Anträgen für den Parteitag. Zur Ausgrenzung rechter nationalistischer Strömungen will sie das Grundsatzprogramm der AfD ergänzen lassen. Dort solle eine Passage aufgenommen werden, in der es heiße, dass in der AfD insbesondere für «rassistische, antisemitische, völkische und nationalistische Ideologien kein Platz» sei, berichtete die Chemnitzer «Freie Presse».
Zuvor hatte bereits ein «Sachantrag zur strategischen Ausrichtung der AfD» von Petry für den Parteitag zu Aufruhr gesorgt. Petry zeigt darin zwei Wege für die AfD auf. Eine von ihr favorisierte «realpolitische Strategie» mit dem Ziel, die AfD mittelfristig koalitionsfähig zu machen, und eine «fundamentaloppositionelle Strategie», die Raum lässt für «abseitige Meinungen und Standpunkte».
Der zweite AfD-Vorsitzende Meuthen zweifelte daraufhin in der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» die Führungsqualitäten Petrys an. Die Einteilung in Realpolitiker und Fundamentalisten sei «konstruiert und keineswegs stimmig», sagte er. Dem schloss sich am Samstag in Frankfurt (Oder) Parteivize Gauland an: Die Einteilung sei «nicht zielführend», sagte er beim Landesparteitag der Brandenburger AfD, wo der als rechtsnational geltende Landtagsabgeordnete Andreas Kalbitz zu seinem Nachfolger als Landeschef gewählt wurde. Gauland will in den Bundestag einziehen.
Petry läutete am Wochenende mit ihrem Ehemann, dem nordrhein-westfälischen AfD-Spitzenkandidaten Marcus Pretzell, die heiße Wahlkampfphase für NRW in Essen ein. Auch Meuthen war bei der Veranstaltung am Samstag dabei. Keiner der drei äußerte sich ausführlicher zum Richtungsstreit oder der Spitzenkandidatur.