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Filialsterben: Kunden und Banken müssen umdenken

Frankfurt/Düsseldorf (dpa/tmn) – Die Anzahl der Bankfilialen – egal, von welchem Institut – geht zurück. Ebenso die Zahl von Partnerfilialen, etwa in Schreibwarenläden. Das beobachtet David Riechmann von der Verbraucherzentrale NRW. «Eine Bank zu Fuß zu erreichen, ist Luxus. Selbst für Leute, die in größeren Städten wohnen», sagt der Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.

Dazu werden die noch vorhandenen Filialen vom Angebot her abgespeckt, sagt Christian Dierssen. Er ist Executive Director bei der auf Banken spezialisierten Unternehmensberatung Capco. «Es gibt viel weniger Schalter und persönliche Beraterinnen und Berater, stattdessen mehr Selfservice-Terminals.»

Dem gegenüber stehen aber etliche Kundinnen und Kunden, die es noch gewohnt sind, ihre Bankgeschäfte persönlich vor Ort zu regeln. «Ich gehe zum Arzt, ich gehe zum Anwalt und ich gehe zu meinem Bankberater», sagt der Unternehmensberater und fasst damit sensible Beratungsthemen aus dem Verbraucheralltag zusammen. Denn gerade für Menschen ab etwa 60 Jahren sei für Bankgeschäfte ein gewisses Vertrauensverhältnis wichtig.

Und auch wenn der Bank-Standardkunde heute anders als vor 30 Jahren aussieht – nicht nur Ältere können mit dem digitalisierten Bankgeschäft Probleme haben. «Es gibt auch Jüngere, die nicht so technikaffin sind», sagt David Riechmann.

Bankenwechsel kann eine Option sein

Was können Verbraucherinnen und Verbraucher also tun? Zum Beispiel schauen, welche Bank vielleicht doch noch eine Filiale in der Nähe hat – und dann wechseln, rät Riechmann. «Oft schrecken die Leute vor einem Wechsel zurück wegen des Aufwands oder neuer Pin-Nummern», sagt er. «Aber wenn die persönliche Erreichbarkeit vor Ort wichtig ist, lohnt der Aufwand gegebenenfalls.» Vielleicht hilft auch der Austausch im Bekanntenkreis: Wer hat mit welcher Bank gute Erfahrungen gemacht?

In manchen ländlichen Regionen gibt es laut Riechmann auch Bank-Busse, die sich zum Beispiel einmal pro Woche auf den Weg zu den Menschen machen und ihre Leistungen damit zu ihnen bringen. «Das ist besser als nichts, aber auch nicht das Gelbe vom Ei», sagt er. «Da stehen Sie womöglich im Regen in der Schlange und warten.» Diese mobilen Banken gibt es laut Unternehmensberater Dierssen zudem nur sehr vereinzelt und nicht verankert in der breiten Fläche.

Letztlich bleibt nichts anderes übrig, als sich mit den digitalen Angeboten vertraut zu machen. Manche Menschen allerdings, vor allem in einem höheren Alter, schaffen das nicht mehr. «In so einem Fall müssen die Kinder helfen und für ihre Eltern die Bankgeschäfte regeln», sagt Christian Dierssen aus eigener Erfahrung.

Bargeldauszahlung geht auch anderswo, aber Bargeldeinzahlung?

Doch so sehr sich viele Menschen – auch durch die Corona-Pandemie – bereits mit dem Onlinebanking vertraut gemacht haben – manche Situation lässt sich eben doch nicht vor dem PC oder am Smartphone lösen. Zum Beispiel, wenn man Bargeld braucht oder Geld einzahlen will, weil man gerade sein altes Auto verkauft hat.

Um an Bargeld zu kommen, hat sich in vielen Einzelhandelsketten inzwischen ein System etabliert. Wer zum Beispiel im Supermarkt für einen bestimmten Betrag einkauft, kann mit dem Einkauf Bargeld abheben. Das funktioniert so: Es wird bargeldlos bezahlt und der Händler bucht neben dem Einkaufswert auch den abgehobenen Betrag vom Konto ab.

Eine Win-win-Situation: «Die Einzelhändler managen so ihren eigenen Bargeldbestand», sagt Dierssen. «Und Kundin oder Kunde haben Bargeld im Portemonnaie.» Allerdings ist der Betrag zum Abheben natürlich gedeckelt, wendet David Riechmann ein. Meist seien es maximal 200 Euro und es werde nicht immer jede Karte akzeptiert. Manche Händler etwa nähmen nur die Girocard.

Am digitalen Bankgeschäft führt kein Weg vorbei

Und der Gegenpart, das Einzahlen, ist noch mal komplizierter. «Zwar bieten manche Banken in Kooperation mit verschiedenen Einzelhändlern auch das an, aber in der Regel gegen Gebühren», sagt der Verbraucherexperte. Also steht doch der Gang zu einer Bankfiliale an. Allerdings: Geld in einem Safebag oder am Schalter abzugeben, kostet in der Regel. «Es gibt auch Einzahlautomaten, aber nur sehr vereinzelt, und sie sind nicht in jeder Bank kostenlos», sagt Unternehmensberater Dierssen.

Weg vom Bargeld also und hin zum digitalen Bankgeschäft? Dass es in den nächsten 20 Jahren gar keine Bankfilialen mehr geben wird, hält Christian Dierssen für sehr unwahrscheinlich. Dennoch führe für Bankkunden und -kundinnen am Digitalen kein Weg vorbei. Der Berater ist jedoch der Ansicht, dass in diesem Punkt auch die Banken umdenken müssen.

«Sie können nicht eine der wichtigsten Kundengruppen ignorieren, nämlich die Menschen in ihrem letzten Lebensdrittel», sagt er. «Das sind nicht selten wohlhabende und treue Kundinnen und Kunden.» Er wünscht sich daher von Banken, dass sie diese Menschen ins digitale Zeitalter begleiten.

Das bedeute konkret, dass Kreditinstitute ganz gezielt Schulungen veranstalten – etwa für das Onlinebanking. Für die Banken lohne sich das letztlich, weil ihnen gute Kundschaft so nicht abwandere.

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